Der Umstieg auf die Elektromobilität verändert auch die Nachfrage nach Werkzeugmaschinen. Hersteller investieren bereits heute in universell einsetzbare Maschinen und in die additive Fertigung.
Es dauert ungefähr 18 Minuten, um aus einem Stück Metall eine Kurbelwelle zu fertigen. Die Welle wird geschmiedet, fast neun Minuten lang im Drehverfahren bearbeitet, geschliffen und gehont, gefräst und gebohrt. Die Kurbelwelle ist eine von 39 Schlüsselkomponenten eines Verbrennungsmotors, der Werkzeugmaschinenbauern in den letzten Jahrzehnten gute Geschäfte bereitet hat. Doch die Bedeutung von Kurbelwelle, Zylinderkopf und Kurbelgehäuse im Fahrzeug schwindet, und damit auch einige der damit verbundenen Fertigungsverfahren.
Einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey zufolge wurden im Jahr 2019 weltweit Werkzeugmaschinen im Wert von 77 Milliarden nachgefragt, wovon mehr als ein Fünftel auf die Automobilindustrie entfällt. Mit 8 Milliarden Dollar machten Werkzeugmaschinen für die Fertigung von Antriebssträngen circa 40 % des Automobilgeschäfts aus. OEMs dürften im Jahr 2030 nach Einschätzung von McKinsey – bei Annahme eines Marktanteils von 39 % für Elektroautos – um ein Viertel weniger Werkzeugmaschinen nachfragen als heute. Neben dem schrumpfenden Markt für Verbrenner dürfte das auch mit der Strategie der Hersteller zusammenhängen, zum einen die Zahl unterschiedlicher Antriebsvarianten im Pkw-Portfolio zu reduzieren und zum anderen auch die Entwicklung neuer verbrennungsmotorischer Antriebsstränge zu drosseln.
Weniger Bohren und Fräsen, mehr Stapeln und Wickeln
Parallel dazu sorgt der wachsende Absatz von Elektroautos für eine neue Nachfrage nach Werkzeugmaschinen, wenngleich die Zahl von neun Schlüsselkomponenten im E-Antrieb deutlich kleiner ist als beim Verbrennungsmotor. Allerdings erfordert die Fertigung von Rotor, Stator, Inverter oder Batteriezellen und -gehäusen zum Teil andere Verfahren als die Herstellung eines verbrennungsmotorischen Antriebsstrangs. Nach Analyse von McKinsey dürfte der Bedarf an den Verfahren Bohren und Fräsen, Stanzen, Schleifen und Honen sowie Drehen deutlich zurückgehen, teilweise um über 50 % innerhalb der nächsten zehn Jahre. Im gleichen Zeitraum lässt vor allem die Batteriefertigung die Nachfrage nach Stapel- und Wickelverfahren um circa 200 % wachsen.
Doch es gibt auch Komponenten, die sowohl in verbrennungsmotorischen als auch in elektrischen Antriebssträngen gebraucht werden. Dazu zählen beispielsweise Elemente der Getriebetechnik wie Zahnräder, Planetenträger oder Getriebepumpen. Hier dürfte sich der Bedarf laut McKinsey mit jährlichen Zuwachsraten von 25 % bis 2030 verachtfachen.
Werkzeugmaschinenbauer reagieren auf den Wandel
Viele Werkzeugmaschinenbauer reagieren bereits auf den Wandel. Fast jedes fünfte Unternehmen fokussiert den Bau von universell einsetzbaren Werkzeugmaschinen, die nicht mehr nur auf spezifische Schritte in der Verbrennerfertigung zugeschnitten sind, wie die Studie mit Verweis auf eine Umfrage in der Branche darlegt. Vielversprechende Technologien sehen die Befragten zudem in der additiven Fertigung, in rekonfigurierbaren Fertigungssystemen oder in der Mikrobearbeitung.