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21.09.2023 | Automobilwirtschaft | Schwerpunkt | Online-Artikel

Deutsche Autozulieferer verlieren globale Marktanteile

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Die deutschen Zulieferer geraten bei Umsatzwachstum und Profitabilität ins Hintertreffen – und verlieren fast drei Prozentpunkte Weltmarktanteile. Derweil verändern asiatische Zulieferer das Branchengefüge. 

Die deutschen Automobilzulieferer fallen im internationalen Wettbewerb zurück und verlieren Weltmarktanteile, wie die aktuelle "Automobilzulieferer-Studie" von Strategy& verdeutlicht. Demnach seien deutsche Lieferanten 2022 im Schnitt auf lediglich 13 % Umsatzwachstum gekommen. Damit bilden sie das globale Schlusslicht, abgeschlagen hinter dem Rest Europas (21 %), Asien (23 %) und Amerika (25 %).

Auch bei der Profitabilität landen deutschen Zulieferer den Analysten zufolge mit 3,9 % EBIT-Marge auf dem letzten Platz. Ihre bereits zuvor ungünstigen Kostenstrukturen hätten sie ebenfalls nur kaum verbessern können. Die Konsequenz: Seit 2019 haben die deutschen Zulieferer, so Strategy&, 2,7 Prozentpunkte Weltmarktanteil eingebüßt – so viel, wie sie zuvor in 20 Jahren haben hinzugewinnen können. Zugleich nehme der Kapitalstock deutscher Zulieferer seit Jahren ab, was ein Indikator für drohende weitere Marktverluste sein könnte.

Auf globaler Ebene findet die Branche jedoch zurück auf Kurs. Im Jahr 2022 hätten die weltweiten Top-Zulieferer ihren Umsatz um durchschnittlich 20 % steigern können. Da sie aber ihre inflationsbedingt gestiegenen Kosten kaum an die Autobauer weiterreichen konnten, blieben die Margen allerdings niedrig und nahmen im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozentpunkte ab. 

Zulieferer aus Asien stark positioniert

Im globalen Wettbewerb drängen verstärkt asiatische Anbieter auf den Markt und würden nachhaltig das Gesicht der Branche verändern, so die Analysten. Mit enormen Innovations- und Investitionsvorsprüngen im Bereich Elektromobilität setzen sie die bisherigen Top-Zulieferer unter Druck und erobern zunehmend Plätze im Ranking der umsatzstärksten Zulieferer. So müssen im Berylls-Top-100-Zulieferer-Ranking deutsche und japanische Unternehmen weiterhin Rückgänge verkraften, während die koreanischen und chinesischen Zulieferer wie CATL an Bedeutung gewinnen. In den USA sorgt der IRA (Inflation Reduction Act) für ein ganz eigenes Marktgeschehen.

"Um wirtschaftlich vorne mitspielen zu können, kommt es in der Zuliefererbranche seit jeher auf Größe und Skaleneffekte an. Beides beherrschen die asiatischen Zulieferer in der aktuellen Transformationsphase am besten. Die deutschen Zulieferer hinken dagegen hinterher, weil sie im Wachstumsfeld Elektromobilität oft erst zu spät und zu kleinteilig aktiv geworden sind", sagt Henning Rennert, Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland. Um aufzuholen, rät Rennert zu echten Innovationen, der Erzielung von Skaleneffekte, neuen Wachstumsstrategien sowie wettbewerbsfähigen, teilglobalisierten Lieferketten.

Deutsche Zulieferer investieren so viel wie nie in F&E

Im Ringen um wegbrechende Weltmarktanteile setzen die deutschen Automobilzulieferer vor allem auf Innovationskraft. Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegen sie laut Strategy& weiterhin sowohl gemessen in absoluten Werten als auch relativ zum Umsatz an der Spitze. Trotz niedriger Profitabilität und geringem Umsatzwachstum hätten sie im vergangenen Jahr 15,9 Mrd. Euro investiert – und liegen damit vor Asien mit 15,3 Mrd. Euro, dem Rest Europas mit 8,2 Mrd. Euro und Amerika mit 3,6 Mrd. Euro. 

Allerdings mahnen die Analysten, dass die Innovationen besser in Profitabilität übersetzt werden müssten. Die deutschen Zulieferer sollten ihre Technologieentwicklung "noch stärker auf den Marktbedarf sowie die Situation im Wettbewerb ausrichten, statt längst gesetzten Trends wie im Batteriegeschäft hinterherzulaufen", so Rennert.

E-Mobilität bietet langfristig Potenzial für Zulieferer

Grundsätzlich scheinen die Zulieferer aber optimistisch in die Zukunft zu blicken. Positiv nehmen die Zulieferer den Wandel zur E-Mobilität wahr – trotz der großen Herausforderungen, wie eine Berylls-Umfrage zur Stimmung in der Zulieferer-Branche ergeben hat. So würden fast 80 % der Befragten in der Elektrifizierung des Antriebsstrangs viel Potenzial für ihr Unternehmen erkennen. Eine Mehrheit von 95 % glaubt, dass sie strategisch gut oder ziemlich gut auf diese Herausforderung vorbereitet sei. 

Die vorherrschende Stimmung der Befragten ist daher optimistisch, was die langfristigen Auswirkungen der E-Mobilität angeht. Die Zulieferbranche erwartet einen positiven Einfluss auf die Umsatz- und auf die Profitabilitätsentwicklung. Kurzfristig hält die Transformation für die Branche jedoch viele Stolpersteine bereit, zu denen geringe Stückzahlen, kurze Innovationszyklen, hohe Ressourcenbedarfe, starker Preisdruck und niedrige Margen gehören.

Aufträge für Zulieferer immer häufiger von chinesischen Firmen

Um jetzt schon diesen Herausforderungen zu begegnen und der deutschen Krise zu entgehen, setzen einige Zulieferer wie Bosch, Continental oder ZF neue Komponenten vermehrt zuerst in China ein, wie das "Handelsblatt" berichtet. So beliefert Continental den chinesischen Automobilhersteller Changan. Das neue Bremssystem für elektronische Stabilitätskontrolle des Zulieferers debütiert in den aktuellen Modellen Oshan X5 Plus und Uni-T. Und ZF liefert seine Steer-by-Wire-Technologie an den chinesischen Elektroautohersteller Nio. Von Bosch bezieht Nio unter anderem Fahrerassistenzsysteme, Steuergeräte und Sensorik.

Da es noch Jahre dauern werde, bis die deutschen Autozulieferer Geld mit der Elektromobilität verdienen würden, handeln sie jetzt schon. Riskant ist allerdings, dass chinesische Anbieter damit technologisch gleichwertige Autos auf den Markt bringen können und preislich deutlich günstiger sein werden als die deutschen Konkurrenten. Zudem wächst in China selbst auch eine Zuliefererindustrie. Doch: Während die deutschen Autobauer durch das Erstarken chinesischer Hersteller Marktanteile verlieren, kann diese Entwicklung für die Zulieferer daher eine Chance sein, ihre Abhängigkeit von den heimischen Herstellern zu reduzieren.

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