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13.08.2019 | Führungsqualität | Schwerpunkt | Online-Artikel

Sieben Tipps in Zeiten von agilem Vertrieb 4.0 und VUKA

verfasst von: Peter Schreiber

7:30 Min. Lesedauer

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Die Schlagworte agiler Vertrieb und Vertrieb 4.0 suggerieren: Im Verkauf muss alles anders werden. Diese Tipps helfen in der VUKA-Welt, sich auch im digitalen Zeitalter auf die Fundamente erfolgreicher Vertriebsführung zu besinnen.

Die Tipps für die hinter den Konzepten stehenden Ideen der Vertriebsführung:  

1. Das Rollenverständnis einer modernen Vertriebs-Führungskraft
Wann hat eine Führungskraft im Vertrieb ihren Job richtig gut gemacht? Wenn Mitarbeiter ihren Chef im Arbeitsalltag nicht mehr brauchen. Das heißt, die Vertriebsmannschaft (Innen- und Außendienst) bildet ein Team, ist hoch motiviert und so organisiert, dass sie eigenständig das Richtige tut. "Meine Vertriebsmannschaft braucht mich nicht mehr!" – so lautet das Ziel einer echten Führungspersönlichkeit im Vertrieb. Eine antiquierte Einstellung ist: "Ohne mich geht gar nichts! Ich muss ständig erreichbar sein. Meine Vertriebsmannschaft braucht mich." Die Zauberformel heißt: Loslassen können!

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2. Zuerst sich selbst als Führungskraft und dann die Vertriebsmannschaft ausrichten 
Um im oft stressigen Vertriebsalltag der von den Mitarbeitern gewünschte "ruhende Fels in der Brandung" zu sein, braucht eine echte Führungskraft im Vertrieb dreierlei:

  • einen Plan mit Weitsicht, basierend auf einer persönlichen Zielsetzung (im Rahmen der Unternehmensvision und -strategie), wo das Unternehmen mit seiner Vertriebsorganisation mittel- und langfristig stehen möchte. Das heißt auch, für sich und die Vertriebsmannschaft nicht nur einen Sales- beziehungsweise Umsatz-Plan genannten Excel-Friedhof, sondern auch einen inspirierenden Selling- oder Umsetzungsplan mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen in der Struktur einer Balanced Scorecard für den Vertrieb zu haben;
  • eine hohe Eigenmotivation und Lust auf Menschenführung. Wer die Führungsverantwortung nur annimmt, um soziale Anerkennung einzuheimsen und mehr Geld sowie Statussymbole zu bekommen, scheitert über kurz oder lang – auch weil dies die Mitarbeiter spüren; 
  • eine hohe Selbstdisziplin, um als Führungskraft ein motivierendes Vorbild zu sein, das Werte vorlebt und authentisch ist.

3. Agile Führung leben und – wo möglich – agile Teams schaffen
Agil sein bedeutet beweglich im Denken und Handeln zu sein. Schon Eisenhower wusste: "Pläne sind nichts, Planung ist alles." Führungskräfte im Vertrieb sollten einen Plan B und einen gut bestückten Werkzeugkoffer mit verschiedenen Handlungsoptionen und einer ausgeprägten Methodenkompetenz haben. Echte Führungspersönlichkeiten verlassen sich nicht nur auf ihre vergangenheitsorientierte Erfahrung und ihr Fachwissen, das in der heutigen Zeit eine kurze Halbwertszeit hat. Sie verlassen sich vielmehr auf ihre (Methoden-)Kompetenz, wie man an bekannte und neue, oft unvorhergesehene Aufgabenstellungen herangeht.

Das Führen von Vertriebsmitarbeitern erfordert eine hohe "Beweglichkeit", weil das Spektrum der Charaktere im Innen- und Außendienst sowie der Vorgehensweisen in den Märkten und bei den Kunden sehr vielfältig und komplex ist. Die Notwendigkeit hierzu ist jedoch in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt gestiegen. Wer als Führungskraft im Vertrieb in seiner sozialen Kompetenz heute wenig agil ist, kann seine Mitarbeiter nur schwer abholen und mitnehmen. Nicht neu jedoch bewährt ist das situative Führen. Abhängig von der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter steht entweder die Zielorientierung oder die Mitarbeiterorientierung im Vordergrund. Das Prinzip veranschaulicht auch die nachfolgende Grafik: 

Grafik zur Mitarbieterführung © Peter Schreiber & Partner

Eigenständig handelnde Teams

Agil führen kann man letztlich jedoch nur Mitarbeiter, die eine hohe Leistungsfähigkeit und -bereitschaft haben. Sie kann man alleine laufen lassen. Entsprechendes gilt für Teams. Agile Vertriebsteams zu schaffen, die in ihrem Denken und Handeln beweglich sind und weitgehend eigenständig und -verantwortlich agieren, war im Vertrieb schon immer erstrebenswert. Doch dies setzt beim Team einen gewissen Reifegrad voraus. Wichtig hierfür ist bei allen Teammitgliedern Offenheit gegenüber "allem und jedem" bei gleichzeitiger Kreativität und Flexibilität. Hinzu kommt die Kompetenz als Team im PDCA-Prozess (Plan – Do – Check – Act) selbstständig Probleme zu erkennen und zu lösen. In den überschaubaren Strukturen von KMUs lassen sich solche Experten-Teams oft leichter etablieren als in den komplexeren und arbeitsteiligeren Konzernstrukturen. Zudem müssen die Mitarbeiter beziehungsweise Teams einen weitestgehenden Zugang zu relevanten firmeninternen, abteilungsübergreifenden Informationen sowie zu Markt- und Kundendaten oder geplanten Innovationen haben.

4. Bei sich selbst und allen anderen das Bewusstsein für VUKA schaffen
Schon Albert Einstein sagte: Alles ist relativ. Das gilt in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt mehr denn je. Es bezieht sich auch auf für die vier Eigenschaften, die in dem Akronym VUKA zusammengefasst sind: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität, also Mehrdeutigkeit. Die Kunst besteht darin, sich der vier VUKA-Eigenschaften bewusst zu sein und mit diesen Zuständen proaktiv umgehen zu können. Was gestern richtig war, kann morgen aufgrund veränderter Verhältnisse kontraproduktiv sein. Agilität, Methoden-Kompetenz und Kreativität sind gefragt, um die permanent neuen Herausforderungen zu meistern. Falsch oder blinder Aktionismus wäre es jedoch, Veränderungen nur anzustreben, um Beweglichkeit zu beweisen.

Unsicherheit wirkt weniger bedrohlich, wenn man mehrere Handlungsoptionen kennt. Also gilt es, eine höhere Lösungssicherheit zu bekommen, indem man alternative Vorgehensweisen entwickelt und für den Bedarfsfall parat hat. Dabei sind die zu berücksichtigenden Einflussfaktoren jedoch wie in einem Mobile miteinander verquickt. Deshalb ist es nötig, komplexe Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln – am besten im Team – zu analysieren, zu bewerten und daraus die Handlungsoptionen für das weitere Prozedere abzuleiten: Erkenntnisse – Schlussfolgerungen – (neue) Ziele und Maßnahmen.

5. Vertrieb 4.0: Kunden-, Gesprächspartner- und Markt-orientiert nutzen
Die 1.0- bis 4.0-Konzepte wurden zunächst für die Fertigung in der Industrie entwickelt. Dies kann zu dem Missverständnis führen: Im Vertrieb können wie in der industriellen Fertigung (fast) alle Prozesse standardisiert und zur Effizienzsteigerung programmiert und automatisiert werden. Im Vertrieb – speziell im B2B-Bereich – haben wir es jedoch nicht mit berechenbaren Maschinen und Werkstoffen zu tun. Hier gilt: "Menschen kaufen bei Menschen." Die Märkte und die Gesprächspartner aus den User-Abteilungen und dem Einkauf der Kunden richten sich nicht nach einem von den Herstellern oder Anbietern programmierten, automatisierten Vertriebsprozess. Hier ist ein umgekehrtes Vorgehen angesagt.

Die Besonderheiten des B2B-Vertriebs sowie die auch von den Kunden erwartete Agilität und Beweglichkeit erfordern ebenso wie die VUKA-Aspekte einen Vertrieb 4.0 mit Augenmaß. Differenziert eingesetzt unterstützen Vertrieb-4.0-Maßnahmen und -Tools an vielen Stellen sowohl die Kundenorientierung des Unternehmens als auch die Arbeit der Vertriebsmitarbeiter.

6. Mehr coachen beim Führen
Das Führen alter Schule baut oft noch auf Entscheiden und dann Anweisen. Heute wissen wir: Wo es das Umfeld, die Strukturen sowie der Reifegrad der Führungskräfte und Mitarbeiter ermöglichen, sind die Arbeitsergebnisse besser, wenn die Motivation durch eine Integration in den Entscheidungs- und Lösungsprozess gefördert werden.

Für moderne Führungskräfte im Vertrieb heißt dies: Coachen, also Hilfe zur Selbsthilfe geben, damit das Vertriebsteam zumindest im operativen Tagesgeschäft möglichst bald und oft ohne Führungskraft auskommt. Dabei an Sokrates denken: "Wer fragt, führt die Menschen zur Selbsterkenntnis"; also den Mitarbeitern strukturiert zielführende Fragen stellen und das Abwägen der Lösungsvorschläge moderieren. Weniger "alleine" (vor-)entscheiden, mehr Entscheidungen herbeiführen.

7. Die Praxis-Tools der Vertriebsführung überprüfen und modernisieren
Die bisherigen sechs Tipps erfordern ein Überprüfen und Modernisieren der Führungstools im B2B-Vertrieb. Hier eine erste Checkliste, die individuell zu ergänzen ist:

Checkliste

Ist der Sales-Plan (Umsatz-Plan) bereits zum Selling-Plan (Umsetzungs-Plan) weiterentwickelt?

Entsprechen Struktur, Inhalte, Prozedere des Selling-Plans unter den Aspekten moderner Vertriebsführung den künftigen Anforderungen?

Ist das Vertriebscontrolling kein ergebnis-orientiertes, retrospektives „Kontroll“-Instrument mehr, um Low-Performer und Schuldige zu identifizieren?

Ist es bereits ein prozess-orientiertes, prospektives Monitoring und Steuerungsinstrument, um die gemeinsame Zielerreichung sicherzustellen?

Sind die Vertriebsmeetings keine langweiligen Veranstaltungen mit der Führungskraft als Alleinunterhalter mehr?

Sind sie schon proaktive Vertriebsworkshops mit vorbereitender Agenda bzw. Kurz-Workshops zu aktuellen Verkaufs- und Fachthemen mit einer konstruktiven To-do-Liste, interaktiv gestaltet vom Team?

Dienen die gemeinsamen Kundenbesuche nicht mehr (primär) der Mitarbeiter-Kontrolle und dem Trouble-Shooting?

Werden sie bereits gezielt eingeplant, um die Marktanforderungen und das Kundenverhalten immer wieder zu analysieren, das Wissen und die Kompetenz im Team zu managen und die Mitarbeiter motivierend zu coachen?

Dienen die Verkaufsschulungen nicht nur dazu, Produkte zu schulen, Fachwissen zu vermitteln und die Standard-Bausteine der Verkaufstechnik in Erinnerung zu rufen?

Sind sie bereits von Profis gestaltete Vertriebsworkshops, in denen anhand aktueller Praxis-Fälle aus dem Kreis der Vertriebsmitarbeiter pragmatische Vorgehensweisen erarbeitet und trainiert werden? Zum Beispiel zur Neukundengewinnung, zur Wettbewerberverdrängung, zum Cross-Selling, für anstehende Preisverhandlungen?…

Und noch eine Frage...

Wann nahmen Sie oder Ihr Führungsteam sich zum letzten Mal eine Auszeit, um die Führungsprozesse, das Führungsverhalten und die Ausrichtung Ihrer Vertriebsorganisation zu reflektieren, sich im Kollegenkreis (moderiert von einem vertriebs- und führungserfahrenen Moderator) über Ihre (Führungs- und Vertriebs-)Erfahrungen und Ideen auszutauschen undalternative (Lösungs-)Wege zu beleuchten und neue Impulse aufzunehmen?

Die Praxis zeigt: Solche Auszeiten gönnen sich die Führungskräfte im Vertrieb fast nie, obwohl sie im Gespräch mit ihren Mitarbeitern stets ein selbstreflexives Verhalten und kontinuierliches Lernen propagieren.

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