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24.08.2023 | Industrie 4.0 | Schwerpunkt | Online-Artikel

Industrie 4.0 auf dem Weg zu Manufacturing-X

verfasst von: Dieter Beste

4 Min. Lesedauer

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Vor mehr als zehn Jahren wurde der Begriff Industrie 4.0 geprägt. Höchste Zeit, den aktuellen Stand der digitalen Vernetzung in der Industrie zu überprüfen. Eine Fraunhofer-Studie im Auftrag von VDMA und ZVEI weist den Weg zum Manufacturing-X.

Im Auftrag von VDMA und ZVEI haben die Fraunhofer-Institute ISST, IOSB und IPA jetzt eine Vorstudie vorgelegt, in der ein Bauplan für das zukünftige Daten-Ökosystem Manufacturing-X entworfen und diskutiert wird. Besonderes Augenmerk legen die Autoren dabei auf die spezifischen Anforderungen produzierender Unternehmen aus dem Mittelstand und deren Erwartungen an eine sichere und zugleich gewinnbringende digitale Datenwirtschaft. 

In der zunehmend global vernetzten Industrieproduktion mit ihren immer weiter verzweigten und damit komplexer werdenden Lieferketten besteht die Gefahr, dass der produzierende Mittelstand – als Ausrüster traditionell eine tragende Säule des Wirtschaftsstandorts Deutschland – den direkten Zugang zum jeweiligen Endkundenmarkt verliert. Denn ein Effekt der Digitalisierung der letzten Jahre ist die zwischengeschaltete Plattformökonomie, die meist von Unternehmen aus der Computer- und Softwarebranche betrieben wird. Diesen fehlt jedoch häufig ein tieferes Verständnis für Produktionsprozesse, Produktionsketten und vorgelagerte Funktionen, wie zum Beispiel die Angebotserstellung auf Basis einer Teilegeometrie, die Kalkulation der Fertigungskosten auf Basis der eingesetzten Maschinen oder auch die Suche nach speziellen Maschinen für ein bestimmtes Produktionsprojekt.

Standort Deutschland im Abwind

Das ist Sand im Getriebe von Industrie 4.0. Produktionsprozesse orientieren sich im Rahmen einer von der Computerindustrie betriebenen Plattformökonomie in der Konsequenz nicht mehr an den Erfordernissen der industriellen Fertigung, sondern zunehmend an den Möglichkeiten und Bedingungen der jeweils eingesetzten Software – die letztlich die Regie übernimmt. Die Qualität der industriellen Produktion in Deutschland auf der Basis tausender mittelständischer Unternehmen mit ihrem jeweils spezifischen Know-how, die sie oft zu Weltmarktführern, den Hidden Champions, gemacht hat, verliert in diesem Prozess an Bedeutung.

Die Standortfaktoren in Deutschland scheinen sich im internationalen Vergleich zu verschlechtern, stellen die Autoren der Studie fest und zitieren eine Analyse der Stiftung Familienunternehmen, in der es heißt: "Deutschland kann mit Spitzenstandorten in Nordamerika, Westeuropa und Skandinavien kaum noch mithalten. Während andere Staaten in Infrastruktur investieren oder ihr Steuersystem reformieren, kommt Deutschland nicht voran." 

Raus aus der Plattform-Falle 

Die Studie "Datenraum Manufacturing-X" will nun Wege aufzeigen, wie dieser Falle entkommen werden kann. Mit Manufacturing-X soll es gelingen, die Besonderheiten der industriellen Produktion in Deutschland besser zur Geltung zu bringen und nicht mit einem Datenraum sprichwörtlich von der Stange über einen Leisten zu schlagen: "Angesichts der Tatsache, dass die wachsenden und renditeträchtigen Märkte der Zukunft ausnahmslos von der Digitalisierung geprägt sind, sehen wir in Manufacturing-X die Möglichkeit, die gesamte Ausrüsterindustrie in eine die Zukunft gestaltende Position zu bringen und auf die nächste Evolutionsstufe zu heben", charakterisieren die Studienautoren das Projekt.

Ihre Empfehlungen laufen darauf hinaus, einen föderierten und souveränen Datenraum zu schaffen, in dem die Akteure dezentral und damit lose gekoppelt Daten austauschen und gemeinsam nutzen können. Dazu analysieren sie das bestehende Regelwerk und entsprechende Vorarbeiten wie Catena-X oder Gaia-X sowie die Besonderheiten der Produktion im Maschinenbau und in der Elektroindustrie. Um eine Gesamtarchitektur für Manufacturing-X aus einem Guss zu erreichen, schlagen die Autoren der Studie unter anderem folgende Bausteine für das weitere Vorgehen vor:

  • Aufbau einer Steuerungs- und Projektleitungsstruktur als Vorläufer einer übergreifenden Governance-Organisation, in der alle relevanten Sektoren vertreten sind,
  • Aufbau einer Manufacturing-X Open Source Community,
  • Entwicklung einer Spezifikation und eines rechtlichen Rahmens für Manufacturing-X und seine Leuchtturmprojekte,
  • Entwicklung einer Vorgehensweise zur Spezifikation, Implementierung, Erprobung, Serienreifmachung und Zertifizierung von Basisdiensten,
  • Aufbau von offiziellen Manufacturing-X-Testbeds und nicht zuletzt 
  • Initiierung und Freigabe von "Transformationsprojekten", die den Manufacturing-X-"Hausanschluss" herstellen, das heißt die tatsächliche Realisierung der Anbindung von Unternehmen an den Datenraum unterstützen.

Maximale Interoperabilität für viele Akteure

"Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen werden künftig ihre Daten leichter austauschen und darüber hinaus gleichberechtigt mit Dritten teilen können", kommentiert Gunther Koschnick, ZVEI-Bereichsleiter Industrie, das Studienergebnis: "Mit Manufacturing-X setzen wir auf bestehende Standards auf, sei es die Asset Administration Shell, die OPC UA-Standards im Umfeld von umati oder die Nutzung sogenannter EDC-Konnektoren. Letztlich geht es um maximale Interoperabilität für die Einbindung möglichst vieler Akteure." Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA weist darauf hin, dass der mit der Studie vorgelegte Bauplan ein wichtiger Meilenstein in Richtung Manufacturing-X sei, "denn die Architektur von Manufacturing-X wird maßgeblich darüber entscheiden, welche Mehrwerte die Unternehmen aus dem Datenraum ziehen können, um Produktionsdaten optimal zu nutzen und dadurch Effizienz zu steigern."
 

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