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28.09.2023 | Verwaltungsprozesse | Interview | Online-Artikel

"Der Föderalismus führt zu einer Vielzahl von regulativen Inseln"

verfasst von: Stefanie Hüthig

3 Min. Lesedauer

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Helmut Schgeiner, Vorstandssprecher des Bundesverbands Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK), über die Probleme bei Infrastrukturprojekten, den Genehmigungsstau bei Großraum- und Schwertransporten und seine Forderungen an Politik und Verwaltung.

springerprofessional.de: Infrastrukturprojekte sind oft Megaprojekte, um die mitunter jahrzehntelang gestritten wird, etwa um die Aufteilung der Finanzierung, Aspekte des Umweltschutzes und Interessen von Bürgerinnen und Bürgern. Was wünschen Sie sich vor diesem Hintergrund von den beteiligten Parteien?

Helmut Schgeiner: Die Schwergutlogistik ist an den Infrastrukturprojekten gemeinhin erst in der Schlussphase eingebunden, wenn es an die Umsetzung der Projekte geht, um die meist lange gerungen wurde. Aktuell wird die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren intensiv diskutiert. Hier möchten wir den Blick dafür schärfen, dass auch die wichtige Projektlogistik unter überaus zergliederten Genehmigungsmechanismen leidet. Eine deutliche Vereinfachung tut not, denn aktuell stockt immer mehr die praktische Umsetzung der Infrastrukturprojekte, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Projektkosten.

Im Finanzbericht 2024 des Bundesfinanzministeriums heißt es: „Die Gesamtausgaben für die Bundesfernstraßen werden im Finanzplanzeitraum leicht gesteigert. Sie bewegen sich zwischen 12,8 Mrd. Euro und 13,2 Mrd. Euro p.a.“ Reicht das in Ihren Augen aus? 

Angesichts des aktuellen Zustands der deutschen Brückeninfrastruktur ist es offenkundig, dass über viele Jahre zu wenig Mittel in diesen Bereich geflossen sind. Aus Sicht der Logistik muss zum Erhalt der Nutzbarkeit der Straßeninfrastruktur das Budget dauerhaft deutlich gesteigert werden.

Blicken wir auf den Genehmigungsprozess für Straßenbau- und Infrastrukturprojekte der öffentlichen Verwaltung. Wo genau im Prozess hakt es am schlimmsten?

Aus Sicht der Schwergutlogistik ist uns nur der Blick auf die Umsetzungsphase der Infrastrukturprojekte möglich. Auch hier haben wir mit Genehmigungsprozessen für die Durchführung von Transporten auf der Straße umzugehen. Leider werden die Genehmigungsverfahren immer aufwändiger, so dass sie zwischenzeitlich für die Unternehmen nicht mehr seriös kalkulierbar sind.

In einem Forderungspapier Ihres Verbands ist zu lesen, dass die Bearbeitung der Anträge für Genehmigungen von Großraum- und Schwertransporten, kurz GST, sich bereits in Monaten misst und GST-Fahrverbote für Brücken täglich zunehmen. Was müsste passieren, um den Genehmigungsstau aufzulösen?

Die bundesweite Vereinheitlichung der Genehmigungsverfahren ist seit langem eine zentrale Forderung der Branche. Leider gilt: Der Föderalismus führt zu einer Vielzahl von regulativen Inseln in den Ländern und Kommunen, die eine Durchführung der Transporte immer schwieriger machen. Der Weg hin zur Digitalisierung der Genehmigungsprozesse muss entschieden gegangen werden. Momentan ist dieser Bereich auf Behördenseite geprägt durch analoge Zergliederung und Trägheit im System. Der auch auf Behördenseite spürbare Fachkräftemangel ließe sich durch konsequente Digitalisierung der Bearbeitungsverfahren deutlich entschärfen.

Was sind die wichtigsten Forderungen, die Sie darüber hinaus an die Verwaltung stellen?

Eines unserer zentralen Anliegen ist die offene Kommunikation von Politik und Verwaltung mit der Wirtschaft zu den drängenden Themen der Transportlogistik. Leider fehlt im Bereich Verkehr völlig ein institutionalisierter Austausch zwischen Verwaltung und der Transportlogistik. Dies führt zu sehr praxisfernen Vorschriften, die von der Wirtschaft immer weniger umgesetzt werden können. VEMAGS, die Plattform zur Bearbeitung der Anträge für GST, leidet seit ihrer Einrichtung vor 15 Jahren darunter, dass sie den Anforderungen aus der Digitalisierung weit hinterher läuft. Hier bedarf es offenkundig einer kompletten Neuaufstellung, damit umfassender und agiler Datenaustausch mit den Transportunternehmen möglich wird und die Verfahren deutlich beschleunigt.

Die Fragen stellte Stefanie Hüthig schriftlich.

Warum insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau unter den Einschränkungen des Großraum- und Schwerlasttransports leidet, lesen Sie in einem weiteren Interviewteil mit Helmut Schgeiner. 

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