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24.04.2017 | Unternehmen + Institutionen | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie Tech-Konzerne den Autobauern bei Patenten davonfahren

verfasst von: Christiane Köllner

4 Min. Lesedauer

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Internet- und Digitalfirmen könnten die klassischen Autobauer bei Software und IT-Diensten hinter sich lassen. Eine Studie zu Patentanmeldungen im Mobilitätssektor bestätigt diese Vermutung.

Technologiekonzerne wie Google oder Apple haben seit 2012 die Zahl ihrer Mobilitätspatente um durchschnittlich 70 Prozent pro Jahr gesteigert – während bei den OEMs ein Rückgang um sieben Prozent zu verzeichnen ist. Das zeigt eine Analyse der Patentanmeldungen von je sechs Autoherstellern und Technologiekonzernen der Managementberatung Oliver Wyman. Gerade bei Software und Diensten seien Internet- und Digitalunternehmen dabei, den klassischen OEMs davonzufahren. Schon heute dominieren solche softwarebasierten Technologien und Services den Automobilsektor, wie die Springer-Autoren Volker Johanning und Roman Mildner anhand von Beispielen von Car-IT-Funktionen bei Premiumherstellern aufzeigen. 

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"Führende Tech-Firmen zielen darauf ab, die wichtige Schnittstelle zwischen dem Fahrzeug, den Diensten und ihren Kunden zu besetzen und zu kontrollieren", sagt Juergen Reiner, Partner bei Oliver Wyman. Die Autobauer sähen sich im Wettbewerb um diese Schnittstellen in dem gegnerischen Feld der Digitalspieler. Gleichzeitig dürften sie das profitable Kerngeschäft des Fahrzeugbaus nicht vernachlässigen. Das werfe große Fragen um Prioritäten auf, so Reiner: "In welche Felder gilt es zu investieren, um in der künftigen Mobilitätswelt erfolgreich zu sein?"

Software versus Mechanik: Autohersteller in der Klemme

Automobilhersteller stehen vor einem Dilemma: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie beträchtliche Ausgaben für die Weiterentwicklung ihrer Fahrzeugtechnik stemmen. Zugleich versuchen sie, aus eigener Kraft auch Innovationen bei Mobilitätsservices voranzutreiben. Die Technologiekonzerne zeigen sich der Analyse zufolge überlegen. Sie konzentrieren sich auf die Wertschöpfung der Dienste und setzen diese agil in Software um – die erforderlichen Fahrzeuge gibt es bereits am Markt. 

Technologieführerschaft in allen Bereichen der Mobilität durch eigene Forschungsaktivitäten anzustreben, im Fahrzeug wie in Diensten, wird die meisten Hersteller überfordern", sagt Reiner. "Daher werden Autohersteller verstärkt auf Partnerschaften und Zukäufe setzen müssen."

Im Detail zeige sich das hohe Tempo, mit dem Technologiekonzerne in Sachen Mobilität forschen. So komme allein Google in den vergangenen fünf Jahren auf 30 Patente im Segment Mobilitätsdienste – bei den betrachteten Autoherstellern seien es zusammen 44. Den größten Anteil dran trage BMW mit 20 Patenten. Bei Schutzrechten für vernetzte und autonome Fahrzeuge habe Audi als Nummer eins unter den Autobauern mit 223 Patenten nur einen knappen Vorsprung vor Google, das 221 Patente vorweisen könne. Auch Amazon mit 50 sowie Apple und Microsoft mit je 28 Patenten würden sich in Position bringen. 

OEMs liegen bei Green-Vehicle-Innovationen vorne

Einen deutlichen Vorsprung haben die OEMs dagegen bei Patenten im Zusammenhang mit Green Vehicles – etwa umweltfreundlicher Antriebstechnik. Daimler führt laut Studie mit 1630 Anmeldungen vor Audi (771) und BMW (702). Die Technologiekonzerne kämen zusammen auf sieben Patente. Allerdings sei hier auch die strategische Bedeutung für die direkte Kundenansprache geringer, da technologiegetriebene Hardware-Themen in der Regel den Kunden nicht direkt adressierten.

Doch auf direkte Kundenansprache kommt es an. Die Herausforderung ist dabei: Wie tritt man neuen digitalen Unternehmen entgegen, "deren Hauptziel es ist, den Kundenzugang über das Fahrzeug herzustellen und aus den Fahrerdaten die Kapitalisierung durch konnektivitätsbasierte Dienstleistungen voranzutreiben?", fragt sich auch die Beratungsfirma Strategy Engineers im Artikel Überlebensstrategien im Rennen um vernetzte, autonome Fahrzeuge aus der ATZ 11-2016. Dazu müssten OEMs bessere Bedienkonzepte und Kontaktpunkte entwickeln, raten die Analysten.

Beispiele Daimler/Uber und Tesla

Den direkten Kontakt zum Kunden könnten Fahrzeughersteller auch sichern, indem sie Allianzen über Branchengrenzen hinweg bildeten, kommt die Oliver-Wyman-Studie zu dem Schluss. Der Analyst Andreas Nienhaus verweist auf die jüngst vereinbarte Partnerschaft zwischen Daimler und Uber in Sachen autonomes Fahren. Während Uber in den letzten fünf Jahren lediglich 13 Mobilitätspatente angemeldet habe und sich stattdessen vor allem auf seinen Mobilitätsservice konzentrierte, habe Daimler mit 160 Patenten allein zum autonomen Fahren massiv investiert. "Solche Kooperationen können das Beste aus zwei Welten zusammenführen", sagt Nienhaus. 

Einen alternativen Weg schlägt Tesla ein. Das Unternehmen hat in den vergangenen fünf Jahren keine Patente für Mobilitätsdienste angemeldet und liegt auch bei den Patentanmeldungen für vernetzte und autonome Fahrzeuge weit hinter den klassischen Herstellern zurück. Patente seien Landminen, gibt Andreas Burkert Tesla-Chef Elon Musk im Report Gefährliches Spiel mit dem Patentwesen? aus der ATZ 10-2014 wieder. Stattdessen setze Tesla auf eine Open-Source-Strategie zur Fahrzeug- und Mobilitätstechnologieentwicklung. Oliver-Wyman-Analyst Nienhaus ergänzt: "Der Erfolg des Unternehmens zeigt, dass eine ausgeprägte Aktivität in der Forschung und Entwicklung auch mit einer überschaubaren Zahl an eigenen Patenten, dafür jedoch mit einem Schwerpunkt auf Partnerschaften und Kollaborationen funktionieren kann".

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