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08.03.2017 | Werbewirkungsforschung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Die Renaissance des Media-Mix-Modeling

verfasst von: Prof. Dr. Jörg Gutsche, Dr. Christoph Nagel

3 Min. Lesedauer

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Unternehmen investieren hohe Summen in Werbung, ohne ihre Effizienz zu kennen. Diese Wissenslücke kann durch "Smart Data" geschlossen werden. Ein Gastbeitrag von Jörg Gutsche und Christoph Nagel.

"Die Hälfte meiner Werbeausgaben ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche." Dieses bekannte, Henry Ford zugeschriebene Zitat beschreibt die Situation vieler Marketingverantwortlicher nach wie vor recht genau. Zwar haben diese häufig ein auf Umsetzungserfahrung fußendes Grundempfinden für die Wirksamkeit ihrer Werbung und können auch den ein oder anderen entsprechenden Beleg vorlegen. Sie verfügen aber nur selten über eine quantitativ fundierte, in sich stimmige Gesamtsicht auf die Effektivität und Effizienz aller Werbemaßnahmen. In den letzten Jahren hat dieser Befund durch die zunehmende Vielfalt an Mediengattungen und Absatzkanälen sowie immer komplexeren Customer Journeys klar an Bedeutung gewonnen.

Media-Mix-Modeling zu Unrecht diskreditiert

Dennoch verzichten selbst Werbetreibende mit großen Budgets regelmäßig darauf, durch den Einsatz geeigneter statistischer Verfahren Licht ins Dunkel zu bringen. Eine Ursache dafür mögen schlechte Erfahrungen mit dem hier klassisch eingesetzten Instrument des Media-Mix-Modeling sein. Allzu oft hat sich dieses als kaum hilfreich erwiesen, weil die Ergebnisse geschäftlich nicht plausibel waren oder im Zeitablauf hochgradig instabil und ohne jede prognostische Kraft. Da sind Praktiker leicht versucht, dieses Instrument als unzureichend zu verwerfen.

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2017 | Buch

Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft

Eine kommunikationswissenschaftliche Einführung

Als grundlegende Einführung zeigt dieses Buch Werbung aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht. Es thematisiert die „Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft“. Fokussiert auf die Akteursperspektive trägt die dritte, völlig überarbeitete Auflage aktuellen Veränderungen und Entwicklungen der Werbung Rechnung.

Die vorgenannten Schwächen vieler Media-Mix-Modelle haben dabei drei wesentliche Ursachen:

  • Erstens wird die Modellierung in der Praxis häufig von Mediaagenturen durchgeführt, die aufgrund ihres Geschäftsmodells ein genuines Interesse an einer Ausweitung von Werbeausgaben haben. Sie neigen daher zu einer wohlwollenden Darstellung der Werbewirkung.
  • Zweitens erfolgt die Modellierung regelmäßig unter Einsatz vorgefertigter Tools. Diese liefern zwar auch ohne besondere Methodenkenntnisse schnelle Ergebnisse, bilden relevante Spezifika verschiedener Branchen und Unternehmen aber unzureichend ab.
  • Dies führt auch zum dritten, ganz zentralen Problem, das bereits in der Bezeichnung "Media-Mix-Modeling" anklingt: Die Güte eines Modells, welches vornehmlich auf Werbung abstellt, dabei aber andere offensichtlich relevante Einflussfaktoren wie die Produkt- und Preisgestaltung, die Vertriebspolitik, die Aktivitäten der Wettbewerber und weitere Umweltveränderungen ausblendet, ist von vorneherein sehr begrenzt. Ergo: Von einem reinen Media-Mix-Modell sollte man als Praktiker niemals zu viel erwarten.

Kreative Modellierung ist der Schlüssel

Die obige Ursachenanalyse zeigt auf, dass der Weg zu einem besseren Verständnis der Werbewirkung nicht vorrangig über neuartige Methoden führt. Dies gilt, auch wenn die Sirenengesänge einiger Anbieter suggerieren, ein Unternehmen müsse seine Daten lediglich mittels eines Machine-Learning-Verfahrens auswerten, welches die Dinge dann schon richten werde. Dieser leichte Ausweg ist in Wahrheit aber keiner: Gerade bei der unbekümmerten Nutzung großer Datenbestände sitzen Machine-Learning-Verfahren schnell Scheinkorrelationen ohne jede Handlungsrelevanz auf. Und ganz grundsätzlich erkennt kein noch so intelligentes Verfahren, wenn ihm Daten zu hochrelevanten Einflussfaktoren vorenthalten werden.

Ein besserer Ausgangspunkt entsteht durch ein genaues Verständnis des Marktes und des Geschäftsmodells. Anschließend müssen zu allen relevanten Einflussfaktoren Daten aus unterschiedlichsten Quellen erschlossen und klug verknüpft werden. Auf dieser Basis können dann durch eine passgenaue Modellierung alle entscheidenden Mechanismen des Geschäftsmodells auch quantitativ erfasst werden. "Big Data" steht in diesem Zusammenhang für die breite Verfügbarkeit von Rohdaten. Aber nur der Mensch kann "Big Data" in handlungsrelevante "Smart Data" verwandeln.

Es gilt also, kompetent und kreativ Hand anzulegen, anstatt das Denken einer Maschine zu überlassen. Eine lohnende Arbeit: Denn so entwickelte Media-Mix-Modelle helfen nicht nur bei der Aussteuerung der Werbung, sondern ermöglichen regelmäßig die Optimierung weiterer Marketing-Stellhebel. Die Analyse der Werbewirkung bildet dann lediglich den fruchtbaren Einstieg in eine bessere quantitative Fundierung des gesamten operativen Marketing-Managements.

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