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21.10.2015 | Wertpapiergeschäft | Interview | Online-Artikel

"Jüngere Nachfolger haben bei Krediten bessere Karten"

3:30 Min. Lesedauer

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Trotz Konjunktur und Niedrigzinsen investieren Unternehmen in Deutschland kaum. Als Ursache wird gerne der demografische Wandel genannt. Insolvenzexperte Lucas F. Flöther erläutert im Interview mit Springer für Professionals, warum auch ältere Unternehmer investieren und wann sie den Schulterschluss zu Banken suchen sollten.

Herr Professor Flöther, investieren ältere Unternehmer wirklich zu wenig?

Flöther: Ja und nein. Es gibt viele ältere Unternehmer, die gerne investieren würden. Sie erhalten von den Banken aber häufig keine entsprechenden Kredite mehr. Das Geld, das die Europäische Zentralbank (EZB) zur Förderung von Investitionen in die Kreditinstitute pumpt, kommt nicht in den Unternehmen an. Diese können damit oft nicht von den Niedrigzinsen profitieren. Anders gesagt: Es herrscht derzeit zwar eine Liquiditätsschwemme im Finanzmarkt, aber ein Liquiditätsengpass bei vielen Unternehmen. Diese Situation kann Unternehmer schnell in eine existenzbedrohende Krise führen – gleichgültig, wie alt sie sind.

Wie sollen Unternehmen – gerade solche mit älteren Inhabern oder Geschäftsführern – bei Investitionsentscheidungen vorgehen?

Das Alter des Unternehmers darf keine Rolle spielen. Entscheidend ist einzig und allein die Wettbewerbsfähigkeit der Produkte und das Wohl des Unternehmens. Wichtig ist, dass Investitionen grundsätzlich einer klaren Strategie folgen sollten. Nur weil gerade Geld da ist, heißt das nicht, dass es auch Sinn macht, dieses zu investieren. Auf der anderen Seite darf sich ein Unternehmer aber auch nicht generell vor Investitionen verschließen, nur weil es dem Unternehmen gerade gut geht. Daher rate ich, in wirtschaftlich guten Zeiten kontinuierlich Rücklagen zu bilden und diese dann gezielt für Investitionen in Zukunftsprojekte einzusetzen. So ist das Unternehmen weniger auf Kredite angewiesen.

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Wann aber ist der richtige Zeitpunkt für Investitionen?

Investitionen sind in allen Unternehmen notwendig – früher oder später. Produkte und Märkte wandeln sich genauso wie die beteiligten Personen. Diesem Wandel kann oftmals nur durch Investitionen oder Innovationen begegnet werden. Das bedeutet, ein Unternehmer muss den Blick immer in die Zukunft zu richten. Dabei darf auch nicht vor möglichen Investitionen zurückgeschreckt werden. Grundsätzlich gilt: Produkte und Leistungen regelmäßig hinterfragen, bei Bedarf investieren und neu ausrichten. Die Vorsicht, die ältere Unternehmer häufig zeigen, darf nicht zu Stagnation und Verweigerung führen.

Es heißt, ältere Unternehmer tun sich manchmal schwer loszulassen oder gar Tipps von außen anzunehmen. Ist das nicht sehr gefährlich?

Absolut. Dies kann schnell dazu führen, dass die eingefahrenen Denkweisen gar nicht mehr in Frage gestellt werden. Unterschiedliche Denkweisen innerhalb der Organisation sind für den Unternehmenserfolg aber unverzichtbar. Gerade Außenstehende haben oft einen ganz anderen Blick auf die Dinge und bringen neue Ideen ein, wie das Unternehmen erfolgreich weiterentwickelt werden kann. Diese neuen Ansätze führen immer wieder zu hilfreichen Investitionen für die Zukunft.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der Unternehmensnachfolge. Ein Thema, das von älteren Firmenchefs oft verdrängt wird und häufig auch die Planung von Finanzierungen in Unternehmen behindert. Wie können Unternehmenslenker hier das richtige Timing für den Schulterschluss zu Banken finden?

Oftmals schadet der Firmenchef seinem Unternehmen mehr als es nutzt, wenn er so lang wie möglich am Ruder bleibt und später nur wenig Zeit für eine geordnete Übergabe bleibt. Ein guter Nachfolger, der eine Zeit gemeinsam mit dem bisherigen Chef die Geschäfte lenkt, ist die beste Variante. In der Regel brennt der Neue darauf, das Unternehmen weiterzuentwickeln und ist eher bereit, Investitionen zu tätigen. Hier zahlt sich auch der Schulterschluss mit den Banken aus. Denn der meist jüngere Nachfolger hat bei der Aufnahme eines erforderlichen Kredits bei den Banken sicher bessere Karten. Darüber hinaus drängen Kreditinstitute im Rahmen ihrer Risikobeurteilung in der Regel auf Klarheit bei der Unternehmensnachfolge.

Zur Person
Professor Lucas F. Flöther ist Insolvenzverwalter und Namenspartner der bundesweit tätigen Kanzlei Flöther & Wissing mit Hauptsitz in Halle an der Saale. Er gilt als einer der führenden deutschen Sanierungsexperten und ist Sprecher des Gravenbrucher Kreises, einem Zusammenschluss von Insolvenzverwaltern mit überregionaler Ausrichtung.
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