Skip to main content

09.04.2020 | Aktiengesetz | Schwerpunkt | Online-Artikel

Gesetz hebt Präsenzzwang für Hauptversammlungen auf

verfasst von: Dr. Mirko Sickinger, Lena Pfeufer

3 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Die Corona-Krise macht einen Strich durch die Hauptversammlungssaison im Frühjahr 2020. Ein neues Gesetz regelt die Möglichkeiten der Aktiengesellschaften, ihre Jahreshauptversammlung auf anderen Wegen auszurichten. Wie, das erläutern die Juristen Mirko Sickinger und Lena Pfeufer.

Telekom, Daimler, Axel Springer – drei Beispiele für Unternehmen, die ihre Jahreshauptversammlung im Jahr 2020 zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben haben. Der Grund: Aufgrund der Infektionswelle des Corona-Virus können bis auf weiteres keine Großveranstaltungen stattfinden, worunter auch Hauptversammlungen fallen. 

Empfehlung der Redaktion

2019 | Buch

Die aktienrechtliche Legalitätspflicht

Vorstandspflichten zwischen Unternehmens- und Drittinteressen

Rouven Kuschnereit beschäftigt sich mit der Herleitung der aktienrechtlichen Legalitätspflicht, also der von Nützlichkeitserwägungen unabhängigen Pflicht des Vorstands gegenüber der Gesellschaft, bei seiner Geschäftsführung die Einhaltung der relevanten Außenpflichten sicherzustellen.

Um den Herausforderungen zu begegnen, die Unternehmen dadurch entstehen, hat der Gesetzgeber am 25. März 2020 das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" verabschiedet, das Änderungen für die Hauptversammlungen im laufenden Jahr vorsieht. Geregelt werden darin veränderte Fristen, Vorgaben für Online-Hauptversammlungen sowie Satzungsregelungen zu Abschlagszahlungen und Kompetenzen des Aufsichtsrats.

Geänderte Fristen für Zeitpunkt, Einladung und Tagesordnung

Grundsätzlich wurde die Frist, wann Hauptversammlungen spätestens stattfinden müssen, von acht auf zwölf Monate nach Ende des Geschäftsjahres verlängert. Die Fristverlängerung muss der Aufsichtsrat bewilligen. Eine Ausnahme bilden die Societas Europaea, die europäische Aktiengesellschaften, für die eine europarechtliche sechsmonatige Frist gilt.  

Das neue Gesetz verkürzt aber auch die Fristen zur Einberufung der Hauptversammlung von faktisch meist 37 auf 21 Tage. Die Anmeldefrist wird dabei nicht mehr mitgerechnet. Verlangen, die Tagesordnung zu ergänzen, können nun bis zu 14 Tage vor der Hauptversammlung eingereicht werden. Auch hier wurde die Frist reduziert. Andere aktienrechtliche Fristen, etwa jene zur Frist, Gegenanträge zugänglich zu machen, ändern sich nicht.

Digitale Hauptversammlungen und Abstimmungen

Weiterhin regelt das Gesetz, dass Firmen ihre Hauptversammlungen mithilfe elektronischer Medien abhalten können, auch wenn es dazu in der Satzung oder der Geschäftsordnung keine Ermächtigung gibt. Konkret heißt das, das Unternehmen kann zum Beispiel einen Online-Stream der Hauptversammlung bereitstellen oder Aktionären kann ermöglicht werden, dass sie ihre verschiedenen Rechte, insbesondere ihr Stimmrecht, auch digital ausüben können.

Mit Zustimmung des Aufsichtsrates kann der Vorstand anordnen, dass die Versammlung vollständig virtuell stattfindet – also auch ohne die Anwesenheit von wenigen Personen, etwa der Vorstandsriege. In einem solchen Fall muss die Veranstaltung jedoch von Anfang bis Ende in Bild und Ton online übertragen und allen Aktionären zugänglich gemacht werden. Weiterhin muss der Vorstand gewährleisten, dass alle Aktionäre ihre Stimmrechte ausüben, Fragen stellen und Widersprüche gegen Beschlüsse der Versammlung einlegen können wie es bei einer Präsenz-Hauptversammlung der Fall wäre. Die Gesellschaft kann aber bestimmen, dass Fragen spätestens zwei Tage vor der Versammlung gestellt werden müssen und Stimmabgaben auch nur bis zum Beginn der Versammlung möglich sind.

Abschlagszahlungen ohne Satzungsregelung

Änderungen gibt es auch bei den Zahlungen an die Aktionäre. Der Vorstand darf jetzt ohne eine entsprechende Satzungsregelung entscheiden, dass Aktionäre eine Abschlagszahlung auf den Bilanzgewinn erhalten. Eine solche Entscheidung muss der Aufsichtsrat jedoch genehmigen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang gesetzliche und satzungsgemäße Beschränkungen bezüglich der Abschlagshöhe, zum Beispiel, dass der Abschlag die Hälfte des vorjährigen Bilanzgewinns nicht überschreiten darf.

Zustimmungen des Aufsichtsrats auch virtuell möglich

Abschließend regelt das Gesetz die Zustimmungsbeschlüsse des Aufsichtsrates in den aufgeführten Fällen. Diese Zustimmungen kann der Aufsichtsrat – auch wenn dies in der Satzung oder der Geschäftsordnung anders geregelt ist – ohne physische Anwesenheit der Mitglieder des Aufsichtsrates treffen. Sollten Teile des Aufsichtsrates dieser Form der schriftlichen oder fernmündlichen Beschlussfassung widersprechen, muss der Vorstand diese Widersprüche nicht beachten.

Alle tagesaktuellen Beiträge rund um die Corona-Krise finden Sie hier

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren