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28.06.2018 | Anlageberatung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Geldanlage für Frauen steckt in den Startschuhen

verfasst von: Anja Kühner

4 Min. Lesedauer

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Finmarie – eine Finanzberatung nur für Frauen – bereitet derzeit ihren Marktstart vor.  Die beiden Gründerinnen sehen enormen Bedarf, denn nur eine persönliche Beratung könne Frauen dabei unterstützen, ihre vielen unterschiedlichen Anlageziele zu erreichen.

Wenn alles gut läuft, dann geht die Finanzberatung für Frauen "FinMarie" Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres an den Start. Die beiden Gründerinnen haben ihr Finanz-Start-up bei etlichen Pitches präsentiert. "Derzeit sprechen wir mit vielen potenziellen Kooperationspartnern", bestätigt Karolina Decker. Darunter sind sowohl Banken als auch Vermögensverwalter. Eine Vermittlerlizenz nach §34 f KWG hat das junge Unternehmen im Juni bereits erhalten.

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Finanzpsychologie

Im Umgang mit Finanzen spielen psychologische Phänomene eine wichtige Rolle. Experimente zeigen, dass rationales Verhalten im Sinn der ökonomischen Theorie eher die Ausnahme als die Regel ist. Aber menschliches Verhalten weicht nicht einfach zufällig von den Vorhersagen der ökonomischen Theorie ab.


Wie sie auf die Idee einer ausschließlich auf Frauen ausgerichteten Finanzberatung kam? "Frauen fühlen sich derzeit von Banken weder von der Sprache her noch von deren Produkten angesprochen", sagt Finanzexpertin Decker. Mit ihrer Ansicht nach gravierenden Folgen: "Deshalb beschäftigen sich Frauen in Deutschland viel zu wenig mit dem Thema Geld und Finanzen." Dabei müsste das Thema gerade in Zeiten der Erkenntnis von noch immer bestehenden Gender Pay Gaps an Wichtigkeit zulegen. Dazu wollen Finmarie beitragen.

Persönliche Beratung steht im Fokus

Eine persönliche Beratung hält sie dabei für unumgänglich. "Kein Robo-Advisor kann mit mehr als einem Anlageziel umgehen. Dabei haben vor allem Frauen in der Regel verschiedene Ziele, die langfristig auch alle ähnlich wichtig sind", weiß Deckers Co-Gründerin Kamila Danilowicz-Gösele. Sie nennt als Beispiel die Absolventin, die zunächst beruflich durchstarten möchte, aber vielleicht in zwei Jahren den MBA machen, in den nächsten fünf Jahren heiraten und das erste Kind bekommen wolle – und dafür eventuell auch die erste Wohnung kaufen. "Frauen-Lebensläufe sind weniger geradlinig als die von Männern, haben häufiger Familienpausen für Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen – aber trotzdem müssen Frauen fürs Alter vorsorgen und daher investieren.“ Finmarie wolle genau dies für Frauen attraktiv machen.

Damit auch Frauen mit geringen Summen eine Investmentkarriere beginnen können, will die junge Finanzberatung Sparpläne ab 100 Euro monatlicher Einzahlung ermöglichen. Und weil Frauen viel Wert darauf legen, dass ihr Geld nachhaltig und sinnvoll investiert sei, hat das Finmarie-Team auf ETFs basierende Fonds auf Herz und Nieren getestet. Mit denen, die für okay befunden wurden, wird künftig jedes Portfolio maßgeschneidert, täglich einem Monitoring unterzogen, bei Bedarf neu justiert oder auch komplett neu ausrichtet. Danilowicz-Gösele weiß: "Frauen kommt es nicht auf das letzte Zehntelprozent Gewinnmarge an, sondern sie wollen bewusst anlegen."

Behavioral Finance ist kein Modethema mehr

Um Behavioral Finance mit Blick auf Geschlechterunterschiede ist es allerdings in den vergangenen Jahren eher ruhig geworden. Beschäftigten sich in den Jahren 2010 bis 2014 etliche Studien mit dem Thema, wie und warum sich Frauen und Männer im Anlageverhalten und in der Wahrnehmung von Bankberatung unterscheiden, scheint das Thema heute aus der Mode gekommen.

 In einer Reportage über ein Frauen-Finanzseminar berichtet das Bankmagazin: "Während Männer eher linear denken und selten die einmal getroffenen Entscheidungen revidieren, verlaufen weibliche Auswahlverfahren schleifenartig. Frauen bauten neue Erfahrungen in ihre Überlegungen ein und stellten daher eine bereits getroffene Entscheidung später wieder infrage. Hierin liegt eine Herausforderung für Bankberater, denn wer hier Unsicherheit wittert und mit auswendig gelernten Abschlussphrasen kommt, hat verloren: Was Frauen bei ihrer Entscheidungsfindung am wenigsten mögen, ist Druck." 

Studien belegen grundsätzliche Unterschiede der Geschlechter im Hinblick auf Finanzentscheidungen. Die viel beschworene geringere Risikobereitschaft von Frauen stellte sich beispielsweise zum Großteil als anerzogen heraus. "Mädchen in gemischtgeschlechtlichen Schulen entwickeln eine geringere Risikobereitschaft als Mädchen, die reine Mädchenschulen besuchten", zitiert Monika Müller eine englische Studie im Buchkapitel "Unternehmen und Finanzentscheidungen" (Seite 46). "Frauen legen das Geld, das sie verdienen, weniger risikobereit an. Wenn sie aber doch einmal ein Risiko eingehen, haben sie einen Vorteil: Sie begrenzen das Risiko und schützen das Vermögen oft besser als männliche Entscheider.“

Frauen suchen das Gespräch auf Augenhöhe

Laut Müller freuen sich die meisten Frauen in Beratungssituationen darüber, "auf eine Ebene gehoben zu werden, auf der sie bei Finanzthemen überhaupt mitreden können". Daher halten Frauen eine Finanzberatung dann für gut, wenn die emotionale Seite stimmt. Dass sich Frauen mit weniger Beratungsqualität zufriedengeben, bestätigt eine Untersuchung von Professor Thomas Burkhardt von der Universität Koblenz-Landau, die im Bankmagazin 2014 vorgestellt wurde: "Zweifelsfrei gibt es Unterschiede beim Net Promoter Score." Dieser Wert zeigt die Zufriedenheit mit der Beratung anhand der Wahrscheinlichkeit, mit der Kunden einem Freund oder Kollegen die Bank oder den Berater weiterempfehlen. Während nur 52 Prozent der Männer dies tun würden, liegt der Anteil der Frauen bei 87 Prozent.

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