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04.05.2022 | Aufladung | Kompakt erklärt | Online-Artikel

Wird der Comprex-Lader doch noch erfolgreich?

verfasst von: Christiane Köllner

3:30 Min. Lesedauer

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Vor rund 40 Jahren wäre dem Druckwellenlader Comprex fast der Durchbruch gelungen. Als "Comprex 2.0" könnte die Ladeeinrichtung kombiniert mit einem Erdgasmotor nun doch noch Erfolg haben. 

Als Ersatz für den Turbolader hätte der Druckwellenlader Comprex ab den 1990er Jahren fast den Durchbruch feiern können. Die fast vergessene Aufladung per Druckwellen macht es möglich, die Vorteile von Turbolader und Kompressor zu vereinen und dabei deren Nachteile zu vermeiden. Allerdings konnte sich die Ladeieinrichtung bis heute nicht durchsetzen. Doch mit einem neuen Design zeigt der "Comprex 2.0" nun viele Vorteile in Kombination mit einem Erdgasmotor. Kommt der Druckwellenlader bald wieder zurück?

Die vom Schweizer Elektrotechnikkonzern Brown, Boveri & Cie. (BBC) in Baden/AG (heute ABB) betriebene Entwicklung der als Comprex bezeichneten Druckwellenmaschine begann in den 1960er Jahren, wie die Springer-Autoren Helmut Pucher und Karl Zinner im Kapitel Besondere Aufladeverfahren unter Nutzung der Abgasenergie (Seite 243ff) des Buchs Aufladung von Verbrennungsmotoren erklären. Sie sollte eine bessere Alternative zur Aufladung von Fahrzeugdieselmotoren sein. 

Empfehlung der Redaktion

01.04.2017 | Gastkommentar

Comprex – Verpasste Chancen

Entwicklung ist ein digitaler Prozess, vergleichbar einer Serie situativ bedingter Weichenstellungen. Die führen nicht zwangsläufig zum bestmöglichen Ergebnis; häufig bleiben gute, zumal ungewöhnliche Ideen am Wegesrand zurück. Hätte man sie aufgegriffen, wäre alles anders geworden.

Schneller Ladedruckaufbau

"Bei der Druckwellenaufladung (Comprex‐Lader, Hyprex‐Lader) wird Frischluft ohne direkte Trennung durch das Abgas verdichtet", erklärt Springer-Autor Roland Baar im Kapitel Aufladeverfahren (Seite 772) des Buchs Grundlagen Verbrennungsmotoren. Dafür werde Abgas aus dem Motor durch einen Rotor aus langen Zellen ausgeschoben, der Frischluft vor sich hertreibe. Die Steuerung geschieht durch Drehung des Rotors. "Der Antrieb des Rotors erfolgt mechanisch über die Kurbelwelle (Comprex) oder elektrisch über einen Elektromotor (Hyprex). Die Antriebsleistung dient dabei nicht unmittelbar zur Verdichtung, stattdessen steuert sie nur die Gasdynamik des Ladungswechsels. Die Durchströmung der Zellen wird durch Kantensteuerung am Ein‑ und Auslass geöffnet und geschlossen", erläutert Baar weiter.

Der Vorteil dieses Systems sei prinzipbedingt der schnelle Ladedruckaufbau, wie die Springer-Autoren um Henning Baumgarten im Kapitel Antriebe (Seite 616) aus dem Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik feststellen. "Damit stand – und steht – ein Aufladesystem zur Verfügung, das bei hochelastischem Fahrleistungsangebot den Kraftstoffverbrauch erheblich verbessert, die Partikelemission eliminiert, NOx durch AGR auch bei Teillast abbaut und Oxidationskatalyse integriert – ganz ohne Abgasnachbehandlung", fasst es Andreas C.R. Mayer, Geschäftsführer von TTM Technik Thermische Maschinen im Gastkommentar Comprex – Verpasste Chancen aus der MTZ 4-2017 zusammen.

Keine breite Serienanwendung

Doch was sind die Gründe, dass sich der Comprex nicht in einer breiten Serienanwendung neben dem Abgasturbolader behaupten konnte? "Der fast unüberwindbare Nachteil ist […] die Niederdruckempfindlichkeit des Systems. Diese Niederdruckempfindlichkeit verlangt, dass alle Abgasnachbehandlungssysteme auf die Hochdruckseite des Laders verlagert werden müssen", erklären die Autoren um Baumgarten. Zusätzlich stelle die Schalldämpfung eine extreme Hürde dar. Dazu kommt: Der Comprex ist relativ schwierig auf einen Motor abzustimmen, was die Entwicklung sehr teuer und aufwendig macht, er hat ein größeres Bauvolumen und ist schwerer als ein Turbolader für gleiche Motorleistung und hat höhere Herstellkosten als für einen vergleichbaren Turbolader, wie die Autoren Pucher und Zinner erklären.

Zum Einsatz kam der Comprex bei Dieselmotoren zum Beispiel von Opel und Mazda, wie Pucher und Zinner erläutern. Ab 1985 wurde der Comprex für kurze Zeit im 2,3 l-Dieselmotor des Opel Senator serienmäßig eingesetzt, auch in einem Traktor der finnischen Firma Valmet Oy. Die Firma ABB, in welcher BBC mit ASEA 1988 aufgegangen war, verkaufte die Rechte am Comprex an die Firma Mazda, die von 1988 bis 1996 einen 2,0 l-Dieselmotor mit Comprex-Aufladung in ihrem Diesel-Pkw Mazda 626 einbaute. Untersuchungen an direkteinspritzenden Ottomotoren seien laut der Autoren um Baumgarten mittlerweile wieder eingestellt worden. 

Kombination mit einem Erdgasmotor

Jetzt könnte in Verbindung mit einem Erdgasmotor die von der Schweizer Antrova AG weiterentwickelte Ladeeinrichtung vielleicht doch noch erfolgreich werden. Der "Comprex 2.0" verfügt nun über ein neues Design des Zellenrotors, zudem wird er von einem Elektromotor unterstützt. Das soll die früheren Schwierigkeiten bei Temperaturänderungen – temperaturbedingte Effekte führten bei Lastwechseln zu Emissions- und Effizienzproblemen – vollständig lösen. Auch sollen so Nachteile beim Motorkaltstart verhindert werden. 

In Zusammenarbeit mit einem Nutzfahrzeughersteller und dem Produzenten des Laders haben Empa-Forscher nun einen Erdgasmotor mit einem Comprex 2.0-Lader aufgebaut. Sowohl im Kaltstart, wie auch im gesamten warmen sowie auch im dynamischen Betrieb hätten die Forschenden das sehr gute Funktionieren des neuen Comprex-Designs aufzeigen können.

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