Skip to main content

Open Access 2024 | Open Access | Buch

Buchtitelbild

Die unsichtbaren Folgen des Extraktivismus

Ein Blick hinter die slow violence der chilenischen Bergbauindustrie

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Dieses Open-Access-Buch beschäftigt sich mit Umweltproblemen, die selbst im Kontext der heutigen globalen ökologischen Krise weitgehend gesellschaftlich unsichtbar bleiben, da sie ihre oftmals schwerwiegenden sozial-ökologischen Auswirkungen allmählich, schleichend und über längere Zeiträume hinweg in Form einer slow violence (Rob Nixon) entfalten. Am Beispiel der toxischen Industrieabfälle (Tailings) der chilenischen Bergbauindustrie werden in der Untersuchung anhand von drei Fallstudien die zentralen Gründe und Dimensionen dieser Unsichtbarkeit dargestellt und ihr Zusammenspiel analysiert.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Open Access

Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Am 31. Dezember 2003 strahlen alle nationalen chilenischen Nachrichtensender die gleichen Bilder aus: der damalige Präsident Ricardo Lagos läuft in Badehose über einen weißen Sandstrand in ein türkisfarbenes Meer und badet vor den Augen lokaler PolitikerInnen, AnwohnerInnen und gefolgt von mehreren Kameramännern ausgelassen in der Bucht von Chañaral. Nach einem erfolgreichen Dekontaminierungsplan sei einer der größten Umweltskandale des Landes nun behoben und der Sandstrand offiziell wieder zum Baden freigegeben, wodurch die Region eine neue Tourismusattraktion dazugewinnen würde, kommentieren die NachrichtensprecherInnen die Bilder. Sie berichten, es handle sich dabei um ein öffentliches Zeichen des Präsidenten, das sein Engagement für die Umwelt unterstreiche.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 2. Theoretischer Rahmen, zentrale Begriffe und Forschungsstand
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird zunächst slow violence als zentrales Konzept innerhalb dieser Arbeit dargestellt, um den Forschungsgegenstand einzugrenzen und seine zentralen Elemente herauszuarbeiten. Von ihm ausgehend wird die bestehende Literatur und Forschung zu verschiedenen Mechanismen und Strukturen, die zur gesellschaftlichen Unsichtbarkeit dieser Form sozial-ökologischer Probleme führen, herausgearbeitet und dargestellt. Auf diese Weise wird einerseits die bestehende Forschungslücke, die anschließend empirisch bearbeitet wird, dargestellt und gleichzeitig werden jene Erklärungsansätze aufgeführt, die für meine Forschung relevant sind und später erneut aufgegriffen werden.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 3. Fragestellung und Forschungsheuristik
Zusammenfassung
Die unterschiedlichen, oben dargestellten Forschungslücken und im Besonderen die Arbeiten von und mit Sebastián Ureta stellen den Ausgangpunkt des Forschungsinteresses dar, das dieser Arbeit zugrunde liegt. Die Fragestellung dieses Vorhabens entspringt zudem vorwiegend aus eigenen Erkenntnissen und selbst erhobenen Daten zweier vorangegangener Untersuchungen. Zwischen 2014 und 2015 habe ich im Rahmen des Fondecyt-Projekts El desecho de Chile: Un análisis sociotécnico de las prácticas y políticas respecto del manejo de relaves mineros en el país, das von Sebastián Ureta geleitet wurde, zwei Teilprojekte durchgeführt.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 4. Methodische Grundlagen und Forschungsdesign
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird das methodische Vorgehen meiner empirischen Forschung detailliert beschrieben, um sowohl die Erhebung als auch die Analyse der Daten sowie deren Aussagekraft und Reichweite für den/die LeserIn nachvollziehbar zu machen. Nach einer kurzen einleitenden Vorstellung der Forschung wird im Abschnitt 4.1 die qualitative Methode der Grounded Theory kurz dargestellt und die eigene Positionierung innerhalb der Methodologie beschrieben. Anschließend erfolgt im Abschnitt 4.2 die Darlegung der Datenerhebung, des Feldzugangs, der Fallauswahl sowie der Kriterien und Dimensionen der Fallauswahl.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 5. Forschungsgegenstand: Der chilenische Bergbau und die schleichende Gewalt seiner Hinterlassenschaften
Zusammenfassung
Im Folgenden werden zuerst das chilenische Wirtschaftsmodell, seine neoliberale und extraktivistische Ausrichtung sowie seine sozial-ökologischen Konsequenzen dargestellt. Anschließend wird ausführlich die Rolle des Bergbaus in diesem Kontext dargelegt und auf die, durch diesen bedingte, Produktion großer Mengen an Tailings eingegangen, die die in dieser Forschung untersuchten slow violence Phänomene verursachen, um mit einem ersten Zwischenfazit zu enden. Anschließend werden kurz die Region Atacama, sowie die drei dieser Arbeit zugrundeliegenden Fallstudien vorgestellt.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 6. Schleichende Gewalt – der Fall Pabellón
Zusammenfassung
Die kleine Ortschaft Pabellón liegt im Tal von Copiapó, im Herzen der nördlichen Region Atacama, nur 37 Kilometer von der gleichnamigen Regionalhauptstadt Copiapó entfernt und ist Teil der Gemeinde von Tierra Amarilla (zur Lage siehe Abbildung 4.1 in Kapitel 4). Auf den ersten Blick deutet nichts darauf hin, dass dieses Dorf eines der giftigsten historischen Tailingdeponien Chiles beherbergt (siehe auch Ureta 2016b). In Pabellón leben laut offiziellen Zahlen der Gemeinde von Tierra Amarilla 49 Personen (33 Männer und 16 Frauen).
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 7. Die Macht der Bergbauunternehmen – der Fall Tierra Amarilla
Zusammenfassung
Von Pabellón aus liegt Tierra Amarilla etwas über 20 Kilometer flussabwärts im selben Tal und befindet sich fast genau zwischen Pabellón und der Regionalhauptstadt Copiapó. Die Kleinstadt ist zudem die Hauptstadt der gleichnamigen Gemeinde zu der auch Pabellón gehört. Anders als Pabellón und Chañaral liegt Tierra Amarilla inmitten eines derzeit noch aktiven Abbaugebietes.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 8. Die Unsichtbarkeit des Offensichtlichen– der Fall Chañaral
Zusammenfassung
Chañaral ist eine Stadt im Nordwesten der Region Atacama, in der derzeit 13.543 Menschen leben. Die wichtigste Schnellstraße Chiles – die Ruta 5 –, welche das Land einmal von Norden bis Süden durchquert, führt mitten durch Chañaral. Von den durchreisenden Fahrzeugen hält allerdings, außer einigen LKW, kaum eines an.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 9. Zusammenfassung und Auswertung der Forschungsergebnisse
Zusammenfassung
Das zentrale Erkenntnissinteresse dieser Forschung besteht darin, die Gegebenheiten, Mechanismen und Strukturen sowie die Akteure und ihre (in)actions zu identifizieren, die dazu beitragen oder die verhindern, dass die Tailings des chilenischen Bergbaus in der öffentlichen Wahrnehmung und unter den beteiligten Akteuren als zu lösendes Umweltproblem anerkannt werden. Zu diesem Zweck wurde eine Forschungsheuristik erstellt, die die Kernkategorie der (Un-)Sichtbarkeit, mit denen der (in-)action und des (Nicht-)Wissens in Verbindung setzt. Die vorliegende Forschung wird zudem von folgenden Forschungsfragen geleitet: Warum bleiben Tailings trotz ihrer enormen Belastung für Mensch und Umwelt weitgehend „unsichtbar“? In welcher Beziehung stehen Wissen/Nichtwissen und action/inaction der Akteure zur Sichtbarkeit/Unsichtbarkeit des Phänomens? Wie, warum und durch wen wird das slow violence-Phänomen unsichtbar gehalten oder sichtbar gemacht? Welche sozialen Mechanismen, Interessen und Strukturen stecken hinter dem Phänomen der Unsichtbarkeit und führen zu ihrer konkreten aktuellen Ausprägung? Welche Strukturen, Mechanismen und Akteure verhindern die Sichtbarkeit? Wann kommt es zu latenten und wann zu manifesten Konflikten in Bezug auf Tailings? Unter welchen Umständen wird dieses slow violence-Phänomen sichtbar? Die zentrale These dieser Arbeit besteht darin, dass alle drei Kategorien – (Un-)Sichtbarkeit, (Nicht-)Wissen und (in-)action – in ihren jeweiligen positiven oder negativen Ausprägungsformen miteinander korrelieren und sich wechselseitig verstärken, wobei die Handlungsmöglichkeiten der jeweiligen Akteure gegenüber der Problematik direkt von den Wechselwirkungen abhängen.
Anna Landherr

Open Access

Kapitel 10. Fazit: Die Hürden auf dem Weg zur gesamtgesellschaftlichen Sichtbarkeit der Tailings
Zusammenfassung
Das zentrale Ergebnis dieser Forschung ist, dass die gesellschaftliche Unsichtbarkeit der Tailings in Chile Resultat eines multidimensionalen multiskalaren Prozesses ist, durch den die Unsichtbarkeit der Tailings nicht nur in ihrer derzeitigen Ausprägung besteht, sondern auch immer wieder durch verschiedene Gegebenheiten, soziale Mechanismen und (in)actions der jeweils beteiligten Akteure hergestellt oder zumindest begünstigt wird. Die Betrachtung einzelner Faktoren, Akteure oder Ebenen erklärt zwar zum Teil die Unsichtbarkeit eines bestimmten Tailings oder Untersuchungsfalls, allerdings nicht die derzeitige Ausprägung der gesamtgesellschaftlichen Unsichtbarkeit der Tailings, als zu lösendes Umweltproblem in Chile. Daraus ist die Notwendigkeit entstanden durch die Berücksichtigung der jeweils spezifischen Faktoren und Akteure auf den unterschiedlichen Ebenen, ein Gesamtbild zu erstellen, das es ermöglicht, die Faktoren und Akteure einzeln zu identifizieren und darauffolgend deren Zusammenspiel, Überlappungen und Wechselwirkungen zu untersuchen.
Anna Landherr
Backmatter
Metadaten
Titel
Die unsichtbaren Folgen des Extraktivismus
verfasst von
Anna Landherr
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-43288-1
Print ISBN
978-3-658-43287-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-43288-1