Frühe Arbeiten zur Funktionsweise von Kapitalmärkten sind durch eine stark mechanistische Marktsicht geprägt. Märkte galten als „Black Box“ und wurden als „effizient“ und inhärent funktional interpretiert. Weder die Organisationsform noch die Institutionen oder die Struktur des Marktes waren dabei von Relevanz. Auch eine Analyse der Marktteilnehmer, etwa nach deren individueller Informationsausstattung, kognitiven Fähigkeiten oder subjektiven Perzeptionen fand nicht statt. Diese eingeschränkte Sicht erweist sich aus heutiger Sicht als ungenügend und fehlerhaft. Für ein realistischeres Bild der Kapitalmärkte müssen insbesondere die Verhaltensweisen der Marktteilnehmer sowie deren Interaktionen näher untersucht werden. Neuere Ansätze der sogenannten Markt-Mikrostruktur-Theorie, der Informations-Ökonomie, der Institutionen-Ökonomie sowie der Systemtheorie und der Komplexitätsforschung bieten hierzu interessante und vielversprechende Möglichkeiten.
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Arthur (1994), Certainty, S. 1; und weiter S. 6: „… the economy itself emerges from our subjective beliefs. These subjective beliefs, taken in aggregate, structure the micro-economy.“
Vgl. dazu eingehend, auch mit Blick auf die Entstehung divergenter Informationsstrukturen und heterogener Marktteilnehmer, Rapp (1995), Marktverhalten, S. 322–356.
Dazu zählen Phänomene wie „Noise Trading“, „Soziale Imitation“, „Soziale Infektion“, „Blasenbildung“ etc.; vgl. dazu unten, Abschn. 6.3. und 6.4. Vgl. in diesem Sinne bereits grundlegend: Rapp (1995), Marktverhalten, S. 322–356. Analog die sehr ähnlichen Überlegungen aus dem Bereich der Komplexitätsforschung; vgl. exemplarisch: Arthur (1994), Certainty.
Zum Begriff und zur Definition von „komplexen adaptiven Systemen“ vgl. grundlegend: Holland (2014), Complexity, S. 6–9 und S. 24–36. Vgl. analog auch: Hagstrom (2013), Investing, Kap. 3 (Biology).
Arthur et al. (1997) sprechen in ihrer Darstellung wirtschaftlicher Prozesse („The economy as an evolving complex system“) vom „Santa Fe Approach“: „We will call this the complexity perspective, or Santa Fe perspective….“ (Arthur et al. 1997, Emergence, S. 3); vgl. dazu auch unten, Abschn. 6.3–6.4.
Interessanterweise gab es auch dazu bereits in den 1950er Jahren wegweisende Ansätze, die jedoch vom „orthodoxen Paradigma“ später verworfen und ausgeschlossen wurden; vgl. dazu exemplarisch: Alchian (1950), Uncertainty; dieser unterstellt in seiner Analyse ökonomischer Prozesse „…adaptive, imitative and trial-and-error behavior…“ und „…principles of biological evolution…“ (Alchian 1950, Uncertainty, S. 211).
Arthur (1994), Certainty, S. 6; vgl. analog auch Arthur (2013), Complexity; sowie Hagstrom (2013), Investing, Kap. 3 (Biology). Im weiteren Verlauf wird noch mehrfach auf diesen wegweisenden Ansatz zum Verständnis realer Kapitalmärkte rekurriert; vgl. dazu insbesondere unten, Abschn. 6.4.