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15.06.2020 | Elektrofahrzeuge | Interview | Online-Artikel

"Der Audi E-Tron S ist ein vollwertiges S-Modell"

verfasst von: Richard Backhaus

3:30 Min. Lesedauer

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Der Audi E-Tron S ist ein erster Schritt in Richtung E-Mobilität. Über das E-Motoren-Layout spricht ATZextra mit Dr. Joachim Doerr, Leiter Konstruktion E-Maschinen und E-Achsantriebe bei der Audi AG.

ATZextra / springerprofessional.de: Das elektrische Torque Vectoring mit zwei E-Motoren ist eine Neuheit. Wie haben Sie diese Funktion realisiert? Welche Philosophie wurde dabei verfolgt?

Dr. Joachim Doerr: Wir stellen das elektrische Torque Vectoring über vernetzte Steuergeräte dar. Dabei greifen die Funktionen von elektronischer Stabilisierungskontrolle, Antriebssteuergerät, elektronischer Fahrwerkplattform und der Leistungselektroniken eng ineinander. Mastermind in diesem Verbund ist die sogenannte elektronische Fahrwerkplattform mit ihrer integrierten Längs- und Quermomentenregelung. Sie trägt entscheidend zum Management von Allradantrieb und Torque Vectoring bei. Über Sensorsignale ist sie permanent über den Zustand des Fahrzeugs informiert. Aus diesen Daten und dem Fahrerwunsch errechnet sie die ideale Verteilung der Längs- und Quermomente. Fast alle Softwarefunktionen sind Eigenentwicklungen. Das Ergebnis ist eine gesteigerte Fahrperformance bei der Längs- und vor allem auch bei der Querdynamik. Durch die zwei E-Motoren an der Hinterachse können wir Antriebsmomente binnen Sekundenbruchteilen nach links und rechts verteilen. Damit lassen sich nicht nur hohe Giermomente um die Fahrzeughochachse erzeugen, sondern auch die Eigenschaften eines Sportdifferenzials hinsichtlich Agilisierung und die Vorteile einer geregelten Quersperre hinsichtlich Traktion in einem System vereinen. Unterm Strich erlebt der Kunde ein sehr sportliches Fahrverhalten.

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Welche Vorteile bietet das elektronische Torque Vectoring an der Hinterachse gegenüber der mechanischen Verteilung?

Der E-Tron S ist ein vollwertiges S-Modell. Auch kontrollierte Drifts auf trockener Strecke sind für den geübten Fahrer möglich. Ein Vergleich mit Verbrennungsmotoren und mechatronischen Antriebssystemen macht nur bedingt Sinn. Prinzipiell ist unser rein elektrisches Antriebssystem in der Regelung deutlich schneller, präziser und bietet neue Freiheitsgrade. Bei konventionellen Fahrzeugen gibt es semiaktive Sperrdifferenziale, mittlerweile von manchen Wettbewerbern auch als Sportdifferenzial beworben. Diese können den Drehzahlausgleich zwischen beiden Rädern sperren und damit bei Schlupf an einem Rad Antriebsmoment an das andere Rad umverteilen. Das Quattro-Sportdifferenzial in Audi-Modellen mit Benzin-, Diesel- oder Hybridantrieb ist hingegen ein aktives Differenzial, das auch ohne Radschlupf Moment aktiv zwischen den Rädern verteilen kann. Damit ist es den semiaktiven Systemen deutlich überlegen. Zwei unabhängige E-Motoren an der Hinterachse bieten funktional nochmals einen deutlichen Vorsprung, denn sie vereinen die Funktionen eines semiaktiven und aktiven Differenzials. Zudem sind sie deutlich schneller und präziser regelbar als die beschriebenen Systeme, die nur Momente mit Kupplungen verteilen. Die Frage ist also eher, ob konventionelle Systeme noch mit dem Fahrerlebnis eines E-Tron S mithalten können.

Das Thermomanagement von Antriebssystem, Batterie und Klimatisierung im Audi E-Tron ist sehr komplex. Welche Hebel zur Reduzierung des Aufwands sehen Sie künftig?

Die Aufgaben des Thermomanagements sind im Wesentlichen das Steuern von Wärmeströmen und die energetische Optimierung des Wärmehaushalts im Fahrzeug. Das Ziel ist die Reduzierung des Energieverbrauchs und damit die Erhöhung der Reichweite. Zudem ist es im Audi E-Tron Garant für das schnelle Gleichstromladen mit bis zu 150 kW, für eine lange Lebensdauer der Batterie und für reproduzierbare Fahrleistungen auch bei starker Beanspruchung. Es gibt mehrere Aspekte, die die Komplexität des Thermomanagementsystems beeinflussen. So benötigt die Hochvolt-Batterie ab einer gewissen Leistungsdichte zwingend eine Kühlung der Zellen. Die Temperierung mit Kühlmittel bietet dabei den Vorteil, eine passive und zugleich auch eine aktive Kühlung über den Kältemittelkreislauf darstellen zu können. Lassen Sie mich ein Beispiel geben, das das Spannungsfeld zwischen Aufwand und Komplexität gut darstellt. Der Einsatz einer Multiwärmequellen-Wärmepumpe erhöht auf der einen Seite die Komplexität des Thermomanagementsystems. Auf der anderen Seite erschließt sie große Effizienzvorteile im Gesamtsystem. Im städtischen Betrieb und auf Überlandfahrten bringt die Wärmepumpe im Audi E-tron eine Reichweiten-Verbesserung von etwa 10 Prozent. Hier gilt es also, alle Aspekte genau abzuwägen. Natürlich setzen wir komplexitätsreduzierende Maßnahmen um. Zum Beispiel die Integration mehrerer Funktionen in ein Bauteil, wie es bei den kombinierten Mehrwege-Kältemittelventilen der Fall ist. Oder auch der Verzicht auf einen kühlmittelseitig durchströmten Heizkörper im Klimagerät, den wir durch einen elektrischen Luftheizer und eine Wärmepumpe kompensieren.

Herr Dr. Doerr, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das komplette Interview können Sie im ATZextra Elektromobilität lesen.

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