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21.10.2020 | Fahrerassistenz | Interview | Online-Artikel

"Das System ersetzt nicht einfach nur ausgezeichnete Spiegel"

verfasst von: Frank Jung

4:30 Min. Lesedauer

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In Deutschland bietet Lexus jetzt beim ES 300h die digitalen Außenspiegel als Sonderausstattung an. Darüber spricht der stellvertretende Chefingenieur Kazuhito Imaizumi im Interview.

Springer Professional/ATZ: Geben Sie uns doch bitte einen Überblick über die technischen Funktionen des digitalen Außenspiegels, wie zum Beispiel die dynamische Vergrößerung beim Abbiegen und im Rückwärtsgang, den Monitor, die Symbole in der Anzeige, die manuell auslösbare Weitwinkelansicht oder Hilfslinien bei langsamer und schneller Fahrt.

Imaizumi: Bei der Entwicklung des Systems setzten wir uns zum Ziel, dass die Fahrer bei normaler Nutzung möglichst wenig Unterschied zu einem System mit optischem Spiegel wahrnehmen sollten. Zudem haben wir Wert darauf gelegt, dass das System nicht einfach nur ausgezeichnete Spiegel ersetzt. Vielmehr wollten wir Funktionen hinzufügen, die digitalen Außenspiegeln vorbehalten sind und unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten.

Im ersten Schritt haben wir uns überlegt, was unsere Kunden hinsichtlich Sehgewohnheiten und Bedienung erwarten, und die herkömmliche Anordnung mit optischen Spiegeln nur minimal verändert. Das System lässt sich auch leicht bedienen. Der Schalter zur Auswahl der unterschiedlichen Systemfunktionen und zur Einstellung des Bildschirmausschnitts befindet sich dort, wo man üblicherweise den Schalter zur Neigungswinkeleinstellung eines optischen Spiegels erwartet. Selbsterklärende Symbole in der Anzeige erleichtern die Auswahl und Einstellung der verschiedenen Systemfunktionen. Um eine Verwechslung der Weitwinkelansicht mit der Normalansicht zu verhindern, haben wir entsprechende Maßnahmen ergriffen. Der aktuell aktiven Ansicht – beispielsweise der Weitwinkelmodus – ist etwa ein bestimmtes Symbol zugeordnet. 

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01.03.2020 | Forschung

Nutzererfahrung mit kamerabasierten Rückspiegeln

Kamerabasierte Rückspiegel bieten das Potenzial, ein größeres Sichtfeld zu schaffen und rückwärtige Verkehrsinformationen besser anzuzeigen. Das Adrive Living Lab, eine Forschungseinrichtung der Hochschule Kempten, hat in Kooperation mit MdynamiX, einem An-Institut der Hochschule München, und Gentex eine Kundenakzeptanzuntersuchung sowie eine Feldstudie zu einem kamerabasierten Hybridspiegel durchgeführt. Dabei wurden die Nutzererfahrungen, die Nutzerakzeptanz und die Kundenwünsche im Bezug auf einen digitalen Rückspiegel im realen Straßenverkehr analysiert und ausgewertet.

Digitale Außenspiegel decken in der Normalansicht etwa den gleichen visuellen Erfassungsbereich ab wie optische Spiegel. Stößt das Fahrzeug jedoch zurück, wird der Blinker betätigt oder die Weitwinkelfunktion manuell ausgelöst, verdoppelt sich der Sichtwinkel gegenüber einem optischen Spiegel nahezu. Digitale Außenspiegel überstreichen somit einen größeren Bereich. Optische Spiegel sind hierzu nicht in der Lage.

Um dem Fahrer ein besseres Abstandsgefühl zu vermitteln, wird eine Linie eingeblendet, die sich vom Fahrzeug nach hinten erstreckt und zwei Maßstäbe bietet, die sich je nach Fahrgeschwindigkeit abwechseln. Das Gefühl für den Abstand wird auch beim Rückwärtsfahren durch Linien zur Erfassung des Abstands nach hinten und zu den Seiten hin verbessert. Zudem wird im Weitwinkelmodus angezeigt, welchem Bereich in der Anzeige die Normalansicht entspricht.

Digitale Außenspiegel zeichnen sich darüber hinaus noch durch eine Reihe weiterer Eigenschaften aus. Plötzliche Helligkeitsänderungen – etwa bei Nachtfahrten oder im Tunnel – werden von Kamera und Anzeige bestens ausgeregelt, auch bei Regenwetter bietet das System ausgezeichnete Sicht.

Hinzu kommt noch, dass der an der Außenseite des Fahrzeugs angebrachte Außenspiegel durch ein winziges Kameragehäuse ersetzt wurde. Das trägt zu einem erheblich verbesserten Sichtfeld schräg nach vorne bei. Es wurde aerodynamisch optimiert, was den Luftwiderstandsbeiwert im Vergleich zu einem Fahrzeug mit optischen Spiegeln um 0,01 reduziert. Durch die digitalen Außenspiegel haben zudem die Fahrtwindgeräusche stark abgenommen.

Können Sie uns sagen, wie die Systemelektronik im Einzelnen aufgebaut ist?

Das System verfügt über Kameras, die sich dort befinden, wo normalerweise die Außenspiegel angebracht sind, und über ein Zentralsteuergerät unterhalb der Konsole. Es zeigt nach hinten zum Fahrzeugheck gerichtete Bilder auf Fünf-Zoll-Anzeigen an, die im Innenraum links und rechts unterhalb der A-Säule verbaut sind.

Die Kameras brauchen keine Scharfeinstellung und nehmen im festen Zeitraster Weitwinkelbilder auf, aus denen das System die Bilder in Größe und Ansicht so berechnet, dass sie der Normalansicht entsprechen und bei normaler Fahrt auch so angezeigt werden.

In dunkler Umgebung, etwa bei Nacht oder im Tunnel, nutzt das System die Daten der Helligkeitssensoren – auf die beispielsweise auch die Scheinwerferautomatik zurückgreift –, um die Kameras in den Nachtmodus zu schalten und Empfindlichkeit und Gammakorrektur zu optimieren. In abendlicher Dämmerung ist eine andere Regelstrategie gefragt, als wenn plötzliche Helligkeitswechsel auftreten, beispielsweise bei der Einfahrt tagsüber in einen Tunnel.

Wenn das System von der Weitwinkel- zur Normalansicht zurückkehrt oder in der Anzeige eine Linie einblendet, die den ungefähren Abstand anzeigt, greift es zur Erfüllung dieser Aufgaben auf die Fahrzeuggeschwindigkeit zurück.

Gibt es bei der Ausführung Unterschiede, die den unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern Rechnung tragen?

Nach der 2018 erfolgten Einführung in Japan wurden die Systemspezifikationen zudem angepasst, um die Verwendungsumgebungen und fahrspezifischen Besonderheiten der europäischen Länder zu berücksichtigen, in denen im Jahr darauf die Markteinführung erfolgen sollte. So hängt jetzt zum Beispiel bei der Weitwinkelfunktion, die ja mit dem Setzen des Blinkers aktiviert wird, die durch das Ausschalten des Blinkers ausgelöste Zeitverzögerung für die Rückkehr zur Normalansicht von der Fahrzeuggeschwindigkeit ab. In Europa tendieren die Autofahrer anders als in Japan dazu, den Blinker beim Spurwechsel nur kurz zu benutzen. Daher sehen wir hier eine längere Verweildauer für die Weitwinkelansicht als in Japan vor. Die Ansicht wird somit beibehalten, bis der Spurwechsel abgeschlossen ist.

In Europa gibt es noch manch andere Unterschiede. Zum Beispiel gibt es hier noch viele unbeleuchtete Parkplätze in Wohngebieten. In so einem Fall kann die Fahrzeugumgebung im Rückwärtsgang heller dargestellt werden. Also haben wir das System dahingehend abgeglichen und weitere Maßnahmen umgesetzt. Was neue Steuerfunktionen und dergleichen angeht, glauben wir, dass es – unter der Voraussetzung eines deutlichen Zugewinns an Komfort – möglich ist, das System nach Bedarf länderspezifisch weiterzuentwickeln, selbst wenn in solchen Ländern bereits anders spezifizierte Systeme verkauft worden sind.

Den anderen Teil des Interviews können Sie in der Ausgabe 11 der ATZ lesen.

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