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29.06.2021 | Fahrwerk | Nachricht | Online-Artikel

One-Pedal Braking für besseres Rekuperieren im Porsche Taycan

verfasst von: Michael Reichenbach

5 Min. Lesedauer

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Auf der Suche nach dem Fahrwerk der Zukunft: Das Fahrwerk-Symposium chassis.tech plus beschäftigte sich am ersten Tag mit Fahrsimulatoren, Chassis-Lösungen der Zukunft oder dem One-Pedal Braking im Porsche Taycan.

Mit den Worten "Wir müssen heutzutage Fahrwerke für Fahrzeuge entwickeln, die sowohl selber fahren als auch von uns gefahren werden können", eröffnete der Tagungsleiter Prof. Peter E. Pfeffer, Hochschule München, die chassis.tech plus am 29. Juni 2021. Dieses 12. Internationale Münchner Fahrwerk-Symposium muss zum zweiten Mal wegen der Corona-Pandemie in virtueller Form ausgetragen werden. Dennoch konnte Dr. Alexander Heintzel, Chefredakteur der ATZ/MTZ-Familie, über 250 Teilnehmer aus 18 Ländern begrüßen, wobei 30 % aus nicht deutschsprachigen Nationen kommen, ein Rekord.

Fahrsimulatoren auf dem Vormarsch

In der ersten Keynote des Tages zeigte Peter Langen, BMW, die großen Schritte in der Fahrwerksentwicklung der letzten Jahre auf, die durch die Trends Antriebselektrifizierung, Digitalisierung und automatisiertes Fahren stark geprägt sind. Dazu zählt der baldige Pensionär auch die Elektro-Pkw BMW iX und i4, deren gesamte Entwicklung anders verlaufen sei als bei Vorgänger- und herkömmlichen Fahrzeugen. Nun könne man bei diesen Autos alle Chassis-Einstellungen in einem sogenannten Safety Share Key ablegen, beim Einsteigen abrufen und als Fahrer sein eigenes Profil vorfinden. Dies kann nützlich werden, etwa bei Fahranfängern.

Besonderes Augenmerk legte Langen auf die Reifen- und Räderentwicklung von BEVs, die wegen der begrenzten Reichweite noch effizienter abrollen und windschlüpfriger sein sollen. Bei diesen Air-Performance-Rädern dienen Methoden des digitalen Zwillings und Aerodynamikuntersuchungen im Computer für Verbesserungen. Ein Felgengrundkörper kann mit Einlegern individualisiert werden, sodass weniger Luftverwirbelungen entstehen. "Wir sind die ersten, die diese Konstruktion einsetzen", betonte Langen, hinzukomme, dass 15 % Gewicht eingespart werden könnten, was wiederum der Reichweite zugutekomme.

Zum Schluss seines Vortrags kam Langen auf die Hochschulen zu sprechen, wünscht sich, dass mehr in die Ausbildung und in Fahrsimulatoren investiert wird, dieser Trend sei nicht aufzuhalten, auch wenn das Fahrwerk aus Stahl und Eisen die klassische Basis bleibe. Und heute sitzen in den Unternehmen immer mehr Fakultäten zusammen an einem Entwicklungsprojekt. Hier empfahl er den Studenten und angehenden Ingenieuren, sich in Aktivitäten wie der FSG Formula Student Germany zu engagieren, denn sie sei als Lernplattform geeignet, Zusammenarbeit und vernetztes Denken zu fördern.

Vielfältige Fahrdienste ermöglichen

In der zweiten von vier Plenarreden des Vormittags erklärte Dr. Moo Sang Kim, Hyundai Motor Company, die Unternehmensstrategie und Herausforderungen für einen Anbieter smarter Mobilitätslösungen als Vortrag in Deutsch. Ziel sei es immer mehr, Services in Produkte einzubinden, die stärker mit einander verbunden und vernetzt agieren. Hyundai sei zwar ein Automobilhersteller und werde es auch bleiben, aber der digitale Anteil an der Wertschöpfung beim Auto steige. Dem müsse man sich stellen. Dabei bestünden die größten Herausforderungen für das Chassis in den sich ändernden Feldern Elektrifizierung, autonomes Fahren, Mobilität und intelligente Fabrik. Mit der neuen Fahrzeugplattform namens E-GMP, die speziell für vollelektrische Pkw konzipiert wurde, wie für den Ioniq 5 wäre der Konzern gut aufgestellt. Bei AD-Systemen und ADAS käme es auf die Produktzuverlässigkeit und Systemredundanz an, die durch vorbeugende Instandhaltung (Monitoring) und Ferndiagnose flankiert werden müssen. Für die neue Mobilität entwickelt Hyundai People Mover wie den S-Link (ein sogenanntes Purpose-built Vehicle), der völlig neue und vielfältige sowie umweltfreundliche Fahrdienste ermögliche und auf einem Unterflur- und Skatebord-Konzept beruht: vom Kleinbus über den mobilen Pizzabäcker bis hin zum Krankenwagen, alle sind autonom und elektrisch unterwegs.

One-Pedal Braking im Taycan

Mit der Frage "Es ändert sich doch bloß der Antrieb, warum muss dann auch etwas am Fahrwerk geändert werden?" stieg Ingo Albers in seine Keynote über BEVs ein, die sich auf die Chassisentwicklung des Elektro-Sportwagens Taycan fokussierte. Gründe für eine genauere Betrachtung und spezielle Optimierung der Fahrwerkkomponenten lägen nämlich auf der Hand. Ein BEV wiegt gern mal 2,4 t. Der Schwerpunkt liegt tiefer. Daher musste eine neue Balance zwischen allen Fahrzeugmodulen gefunden werden. Speziell lege Albers und sein Team, wie er schon im Interview in der ATZ 5-6/2021 näher ausführte, dabei auf die Verbesserung des Spannungsdreiecks aus Performance, Fahrkomfort und Effizienz sowie die Rekuperation. Gerade beim Verzögern sei es wichtig, die richtige Mischung von elektrischem Bremsen (Rekuperieren in die Batterie) und mechanischer Bremse hinzubekommen. Auf das gute Blending komme es an. Porsche gehe hier den Weg des One-Pedal Braking, nicht wie viele andere OEMs die Strategie des One-Pedal Driving. Etwas ketzerisch fragte er dazu das Auditorium, weil Porsche eben anders sei: "Warum sind zwei Pedale im Fußraum, wenn doch One-Pedal Driving das Beste ist?". Zudem war Albers wichtig zu betonen, dass die nicht mehr so oft in Aktion befindliche mechanische Bremse doch immer einsatzbereit sei. Dafür setze Porsche ab und zu das Rekuperieren aus, lege die Beläge an, um die Reibpartner wieder frisch zu schleifen. Auch wenn der Taycan aus der Werkstatt mit frischen Belägen käme, werden sie erst einmal "eingefahren", auf das Rückspeisen wird dafür verzichtet. Denn Sicherheit gehe vor.

Vernetzte Lösungen sicher erarbeiten

In der letzten Keynote des ersten Tages beschäftigten sich Jennifer Endres und Dr. Gero Nenninger, beide Bosch, mit dem Thema "Über Grenzen hinweg – vernetzte und vorintegrierte Lösungen für ein neues Mobilitätszeitalter". In einem unterhaltsamen Frage-Antwort-Spiel gingen beide Experten auf neue Entwicklungsmethoden und -prozesse wie agile Entwicklung und Systems Engineering ein. Nur damit könne die Vielzahl an zu vernetzenden Systemen und Lösungen sicher erarbeitet und ausführlich getestet werden. Die Teams müssten noch viel häufiger und intensiver interdisziplinär zusammenarbeiten, damit Mobilitätslösungen schnell Realität werden. Die Grenzen in den Abteilungen und Disziplinen sind zu überwinden, damit über vorentwickelte Module die Produkte schneller zum OEM und zum Endkunden kommen können.

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