Skip to main content

31.10.2023 | Firmenkunden | Schwerpunkt | Online-Artikel

Firmenkundengeschäft birgt viel grünes Ertragspotenzial

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Mit Blick auf das Corporate Banking hat die aktuelle Zeb-Firmenkundenstudie drei zentrale Handlungsfelder ermittelt: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Personal. Einer der wichtigsten Wachstumstreiber wird künftig die Finanzierung der grünen Transformation sein.

Laut der aktuellen Firmenkundenstudie der Beratungsgesellschaft Zeb ist seit Ausbruch des Ukraine-Krieges die wirtschaftspolitische Unsicherheit so hoch wie schon lange nicht mehr. Im Jahr 2022 profitierte die Finanzbranche noch von einem sprunghaften Kreditanstieg sowie der Rückkehr signifikanter Einlagenmargen. Doch die Betriebe investieren derzeit deutlich weniger. Schuld tragen eine ganze Reihe von Risiken: Dazu gehören Fachkräftemangel, Bürokratie, instabile Lieferketten, mögliche Cyberangriffe, Kosten der Finanzierung, Konjunkturabschwung, Effekte der Corona-Pandemie und die CO2-Steuer.

Mehr Investitionen dank grünem Wandel

Doch auch wenn sich die Geschäftserwartungen für 2023 deutlich eingetrübt haben, gehen die Experten in ihrer Marktanalyse, dem "Zeb-Wallet-Modell", davon aus, dass mittelfristig im Firmenkundengeschäft die Ertragspotenziale wieder wachsen. Und das liegt vor allem an der grünen Transformation, für die Deutschland pro Jahr rund 322 Milliarden Euro benötigt, um die anvisierten Klimaziele zu erreichen. 

Für ihren Report untersuchen die Analysten sowohl Kredite, Einlagen und Provisionen. Das gesamte Wallet wird ihrer Prognose zufolge um jährlich acht Prozent auf 47,6 Milliarden Euro im Jahr 2027 zulegen. Laut der Schätzung machen bis dahin grüne Kredite bereits 15 Prozent der Erträge im Kreditgeschäft aus. Dabei sei das Wettbewerbsumfeld aber deutlich vielschichtiger, differenzierter und digitaler geworden. 

Wettbewerbssituation vielschichtig  

Neben den Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die einen Kundenmarktanteil von rund 65 Prozent auf sich vereinen, sind es vor allem die großen Privatbanken (Deutsche Bank, Postbank, Commerzbank, Uni Credit), die mit einem Kundenmarktanteil von rund 30 Prozent im Firmenkundengeschäft mitmischen", berichten die Studienautoren.

Digitale Wettbewerber weiten zwar ihr Leistungsangebot aus, kommen dem Report zufolge aber bislang über einen Kundenmarktanteil von fünf Prozent nicht hinaus. Einen Überblick über die Anbieter-Situation zeigt folgende Grafik: 

Regulierung nicht auf KMU zugeschnitten

Sowohl die Regulierungen als auch die Finanzierungsangebote für erforderliche Investitionen in einen nachhaltigen Wandel sind aber auf große Unternehmen ausgerichtet, betont Hans-Martin Zademach, Professor für Wirtschaftsgeographie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). Gemeinsam mit drei weiteren Forschern hat er in der Fachzeitschrift "ZFW - Advances in Economic Geography" die Herausforderungen einer Klimafolgenabschätzung bei der Kreditvergabe für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter die Lupe genommen. 

Unberücksichtigt in der Gesetzgebung von EU und Bund bleiben dem Experten zufolge Firmen mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro. "Dieser blinde Fleck ist für die grüne Transformation in Deutschland höchst problematisch, da KMU mit einem Anteil von 42,3 Prozent an der Bruttowertschöpfung im Jahr 2020 eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft darstellen", so Zademach. 

Risiken und Chancen für regionale Institute

Da privates Beteiligungskapital, Anleihen oder Aktien bei deutschen Mittelständlern nur eine geringe Bedeutung in der Finanzierung spielen, tragen vor allem die Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit über 54 Prozent den Löwenanteil des Kreditvolumens. Zwar tun sich regionale Institute laut Zademach und seinen Co-Autoren im Gegensatz zu großen Finanzunternehmen in Bezug auf Kapazitäten und Ressourcen schwerer bei der Risikoeinschätzung von grünen Finanzierungen. Auch deshalb, weil kleine und mittelständische Unternehmen im Gegensatz zu großen Industrieunternehmen meist nicht über ein Rating im Hinblick auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung verfügen. 

Doch Dank ihrer besonderen Stellung und Verantwortung in der Region, haben Sparkassen und Genossenschaftsbanken ein großes Wissen über die Geschäfte ihrer lokalen Kundschaft und seien oft der einzige verfügbare Kreditgeber. Sie seien deshalb besonders wichtig für die realen Auswirkungen von Green Banking. Der kategorische Ausschluss umweltbelastender Industrien, wie ihn die sogenannte EU-Taxonomie vorsieht, führe zu "Rosinenpickerei" und sei bei grünen Investitionen keine Option für die Kreditvergabepolitik von Regionalbanken. 

Stattdessen sollten Regionalbanken ihren Einfluss nutzen, um KMU bei ihrer grünen Transformation zu unterstützen, zum Beispiel durch die Bereitstellung von Krediten für die Entwicklung neuer und nachhaltiger Produkte. Bessere Kreditkonditionen für grüne Unternehmen und Investitionen fördern die grüne Transformation im Sinne des Einflusskanals Finanzierung weiter", fordert Zademach.

Ökosysteme mit großem Angebot

Die Zeb-Studienautoren raten allen Banken, die von dem enormen ESG-Investitionsbedarf (Environment, Social, Governance) in Zukunft profitieren wollen, bei der Digitalisierung und der Personalentwicklung neue Wege zu beschreiten. Hierbei geht es unter anderem um den Ausbau von Plattformen, über die Kunden auf alle relevanten Bankleistungen zugreifen können. Diese sind in vielen Bereichen bereits Standard. "Hier geht es für Banken nun vor allem darum, auch komplexere Segmente wie das Liquiditätsmanagement oder das Auslandsgeschäft nach und nach zu integrieren", raten die Studienautoren.

Zudem seien umfassende Ökosysteme ausbaufähig, die banknahe und bankferne Leistungen miteinander an einem Ort verknüpfen. Im Firmenkundengeschäft würden diese bereits vereinzelt erprobt - etwa im Bereich der Unternehmensgründung. Verschiedene Anbieter stellen dort ihre Produkte und Leistungen zur Verfügung. Diese reichen vom Kapitaleinzahlungskonto bis hin zur Anmeldung im Handelsregister und bei den Steuerbehörden. Auch Zusatzprodukte wie etwa der Zugang zu Co-Working-Spaces oder Versicherungslösungen seien denkbar. 

Solche Ökosysteme sind bisher auf dem Markt aber kaum etabliert, vermutlich auch weil viele Institute noch keine klare Idee für mögliche Handlungsoptionen und konkrete Vorgehensweisen haben", heißt es in dem Report. 

Digital-Only-Lösungen für KMU

Gerade bei kleineren Firmenkunden halten die Zeb-Analysten Digital-Only-Lösungen für besonders vielversprechend: "Ein echter Platzhirsch hat sich bisher am Markt digitaler Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen aber nicht etabliert. Es könnte sich lohnen, sich hier mit einer ambitionierten Strategie im Wettbewerb zu positionieren." 

Um die Anforderungen an das sich verändernde Corporatae Banking zu erfüllen, enthält die Studie einen Zehn-Punkte-Aktionsplan: 

  1. Potenziale in unterschiedlichen Regionen und Branchen identifizieren;
  2. Nachhaltigkeitsstrategie für das Firmenkundengeschäft entwickeln;
  3. Ausgehend von den Bedürfnissen der Kunden den gesamten Beratungsprozess anpassen und um ESG-Aspekte ergänzen;
  4. Rollen im Vertrieb neu definieren;
  5. Nachhaltige Produkte insbesondere in der Unternehmensfinanzierung entwickeln;
  6. Risiken aufgrund des Klimawandels in die Stresstests zum Eigenkapital einbeziehen;
  7. Beim Pricing ESG-spezifische Zuschläge oder Abschläge einkalkulieren.
  8. Risiken anders bewerten;
  9. Daten mit Data Analytics gezielt für vertriebliche Zwecke auswerten;
  10. Nachhaltige Ökosysteme in der Region etablieren.

Obstkorb und Kicker reichen nicht 

Auch wenn dank Künstlicher Intelligenz und Automatisierung in Zukunft für bestimmte Tätigkeiten keine Fachkräfte mehr benötigt werden, brauchen Banken für die Bewältigung der genannten Aufgaben Personal mit zum Teil speziellen Fähigkeiten. 

Recruiting alleine reicht nicht mehr. Vielmehr braucht es einen ganzheitlichen Ansatz aus gezielter Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterqualifizierung und vor allem: Mitarbeiterbindung. Gerade hier werden noch viele Potenziale verschenkt, obwohl die Kosten einer fehlenden Mitarbeiterbindung enorm sind", betonen die Studienautoren.

Ähnlich wie bei der Kundenbindung sollten Banken auch analysieren, warum Mitarbeitende kündigen und Gegenmaßnahmen entwickeln. "Der Obstkorb und ein Kicker reichen nicht aus", lautet das Studienfazit. Mitarbeiterbindung sei deutlich vielschichtiger. Die Institute müssen dabei das Arbeitsumfeld und die Organisation, gesundheitliche und Freizeitaspekte, ihre Unternehmenskultur und Kommunikation, die Personalentwicklung und Aufstiegschancen, das Employer Branding sowie Vergütung und Benefits im Blick behalten.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

Unternehmensbewertung für Mittelstand, Klein- und Kleinstunternehmen

Eine ökonomische Analyse der Grundsätze zur Ermittlung von Unternehmenswerten für das deutsche Handwerk (AWH-Standard)
Quelle:
Unternehmensbewertung und ökonomische Analyse

01.06.2023 | Strategie

Aus Kundendaten Nutzen ziehen

01.05.2023 | SPECIAL

Die Konkurrenz schläft nicht

Das könnte Sie auch interessieren

28.08.2023 | Firmenkunden | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wachstum bei Firmenkrediten stottert

03.07.2023 | Firmenkunden | Schwerpunkt | Online-Artikel

Zins-Booster im Firmenkundengeschäft ebbt ab