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05.03.2024 | Ladeinfrastruktur | Im Fokus | Online-Artikel

Nacharbeit beim Laden in Mehrfamilienhäusern nötig

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Die Bundesregierung muss bei privater Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern nachbessern. Das fordern die Fraunhofer-Institute ISI und ISE – insbesondere mit Blick auf die Novelle des GEIG. 

Die Bundesregierung sollte sich bei der Novellierung des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes (GEIG) dringend mit dem Bestand an Mehrfamilienhäusern und Gewerbegebäuden befassen, rät eine Studie der Fraunhofer-Institute ISI und ISE im Auftrag von Transport & Environment (T&E). Nur so könne es ausreichend Zugang zu privater Ladeinfrastruktur für Elektroautos geben. Denn zwischen dem geplanten Ausbau und dem Bedarf an Ladepunkten drohe bis 2030 eine relevante Lücke. Die Studie hat analysiert, welche Bedarfe und Potenziale Mehrfamilien- und Nichtwohngebäude für die Ladeinfrastruktur bieten. In Deutschland gibt es circa 3,5 Mio. Mehrfamilienhäuser – darin befinden sich etwa die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland – sowie circa 2 Mio. relevante Nichtwohngebäude wie Bürogebäude, Supermärkte oder Parkhäuser.

Aktuell verpflichtet das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) lediglich bei größeren Renovierungen und Neubauten zur Errichtung einer Ladeinfrastruktur. Das stellt Menschen, die in Mehrfamilienhäusern im Bestand leben, vor Herausforderungen. "Wenn wir im Bestand nur auf Vorgaben bei Renovierungen setzen, dann wird private Ladeinfrastruktur zum Jahrhundertprojekt", sagt Friederike Piper, Referentin für E-Mobilität und Studienleiterin von T&E. Die Sanierungsrate in Deutschland liege gerade mal bei einem Prozent. "Die Hälfte aller deutschen Wohnungen befinden sich in Mehrfamilienhäusern. Dies muss mitgedacht werden, damit die Mobilitätswende gelingt, denn bei E-Mobilität für die breite Bevölkerung geht es nicht nur um günstige E-Autos, sondern auch um günstiges Laden."

GEIG ambitionierter ausgestalten

Dr. Annegret Stephan, Studienautorin vom Fraunhofer ISI, unterstreicht mit Blick auf das GEIG und der anstehenden Novellierung der Europäischen Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD): "Es bleibt festzuhalten, dass zwischen den aktuell geltenden gesetzlichen Anforderungen bzw. den zukünftig geltenden Mindestanforderungen auf Basis der Novellierung der EU-Richtlinie und dem Bedarf an Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern eine Lücke besteht. Eine ambitionierte Ausgestaltung des zukünftigen GEIG könnte diese Lücke verringern und somit die Nutzung und das Laden von E-Fahrzeugen für die Bewohner:innen deutlich erleichtern."

Lücke zwischen Infrastruktur-Ausbau und Bedarf

Die durchgeführten Simulationen würden zeigen, dass es bis 2030 theoretisch ausreichen würde, für 20 % der E-Fahrzeuge in Mehrfamilienhäusern Ladepunkte vorzusehen – sofern Stellplätze mit Ladeinfrastruktur zur Verfügung stünden, diese geteilt und nach vollendeter Ladung direkt vom nächsten Fahrzeug genutzt werden könnten beziehungsweise Gebühren für blockierte Stellplätze anfielen. Die Studienautoren schätzen dies jedoch als unrealistisch und nicht wünschenswert ein und betrachten diese 20 % als untere Grenze des Bedarfs. 

Für 2030 gehen sie von circa 1,6 Mio. privaten E-Fahrzeugen und E-Dienstwagen in Mehrfamilienhäusern mit privaten Stellplätzen aus. Das Problem: Da keine Verpflichtung zur Errichtung von Ladeinfrastruktur bei Bestandsgebäuden besteht, geht die Studie von weniger als einer Million Ladepunkten bis 2030 in Mehrfamilienhäusern aus. "Es wird also eine relevante Lücke zwischen Infrastrukturausbau und -bedarf entstehen, wenn der Ausbau nur nach den gesetzlichen Mindestvorgaben erfolgt. Aufgrund der geringen Sanierungsrate in Deutschland reichen auch ambitioniertere Vorgaben in einer möglichen GEIG-Novelle nicht aus, diese Lücke zu schließen", heißt es von den Fraunhofer-Instituten ISI und ISE.

Für Nichtwohngebäude falle der Ladeinfrastrukturbedarf bezogen auf die parkenden E-Fahrzeuge geringer aus als in Mehrfamilienhäusern, so die Studie. Dies liege daran, dass zahlreiche Privat- wie Dienstfahrzeuge künftig vorrangig zuhause geladen werden. Zumindest zum Teil sei anzunehmen, dass Ladepunkte nach erfolgtem Ladevorgang wieder freigegeben werden. Dann dürften Ladepunkte für 10 % der die Nichtwohngebäude ansteuernden Fahrzeuge ausreichen. "Die Berechnungen im Projekt zeigen, dass bei einem Fahrzeugbestand von 15 Mio. E-Pkw im Jahr 2030 und einem Ladevorgang pro Fahrzeug und Woche ca. 3 Mio. Fahrzeuge täglich in Nichtwohngebäuden geladen würden", heißt es von den Fraunhofer-Instituten ISI und ISE. Hier könnte eine ambitionierte Ausgestaltung der gesetzlichen Mindestmengen an Ladeinfrastruktur die Lücke bei Mehrfamilienhäusern schließen.

Planung und Organisation größte Herausforderungen

Dass das Laden im Mehrfamilienhaus an der eigenen Wallbox noch mehr Wunsch als Wirklichkeit ist, bestätigt auch eine Umfrage des Automobilclubs ADAC in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung UScale. Seit der Änderung des Wohnungseigentumgesetzes (WEG) im Dezember 2020 könnten Mieter und Eigentümer zwar leichter einen Anspruch auf eine Lademöglichkeit durchsetzen, doch die Herausforderungen seien noch immer groß. Hürden seien unter anderem der Ausbau von Photovoltaik, Erweiterungsmöglichkeiten für Ladestationen und der Mangel an Handwerkern.

Demnach berichte mehr als die Hälfte der Befragten (57 %) von Problemen bei der Planung und Organisation von Ladelösungen innerhalb der Hausgemeinschaft; die Abstimmung innerhalb der Eigentümergesellschaft (ETG) hätten rund ein Drittel (31 ") als besonders schwierig empfunden. Fast die Hälfte (45 %) wünsche sich sogar, auf einen ETG-Beschluss verzichten zu können. Die Suche nach einer geeigneten, technischen Ladelösung stelle für 56 % eine Herausforderung dar. Fast jeder zweite Befragte habe die hohen Kosten als problematisch genannt und nahezu ein Viertel (24 %) habe Mühe gehabt, überhaupt einen Elektriker zu finden.

Finanzierung ist oft eine Hürde

Der ADAC-Umfrage zufolge sei für die Wahl einer Ladelösung für 65 % der Preis entscheidend. Als Hürde werden von den meisten Befragten (59 %) Finanzierungsprobleme, einschließlich Fragen zu Fördermitteln, genannt. 22 % der Befragten würden sich eine Komplettlösung aus einer Hand wünschen: von der Information und Planung über die Montage bis zum Betrieb und der Abrechnung.

Der ADAC fordert, dass die Bundesregierung die rechtlichen und baulichen Hindernisse beseitigt, die den Ausbau von Ladeinfrastruktur behindern. Dazu müssten die im Masterplan Ladeinfrastruktur vorgesehenen Maßnahmen zur Ertüchtigung und Digitalisierung von Hausanschlüssen sowie die Evaluation und Überarbeitung des GEIG umgesetzt werden.

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