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02.03.2016 | Leadership | Interview | Online-Artikel

"Der Tyrann hat ausgedient"

verfasst von: Andrea Amerland

4 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Ralf Gasche

Springer-Autor Ralf Gasche berät Unternehmen rund um das Thema Führung.

Wie können Manager Menschen erfolgreich lenken und begeistern? Indem sie menschenorientiert, aber nicht im Kuschelmodus agieren, so Managementberater und Ex-Terrorismusfahnder Ralf Gasche.

Sie schreiben es in Ihrem Buch selbst: Es gibt einen Dschungel an Führungstheorien. Und viel alten Wein in neuen Schläuchen. Was ist Ihre Führungstheorie?

Ralf Gasche: Wenn ich 'Führungstheorie' höre, zucke ich innerlich zusammen, denn mir ist erfolgreiche und wirksame Führung wichtig, und diese entfaltet sich kaum in der Theorie. Echte Menschenführung spielt sich ausschließlich in der Praxis ab. Hier trennen sich Spreu und Weizen; Ideen werden erst im gelebten Leben messbar. Die schönsten Gedankenwelten brechen in sich zusammen, wenn es der Führungskraft im Alltag nicht gelingt, die Menschen zu begeistern und auf gemeinsame Ziele einzuschwören. So geht gute Führung. Erfolg im Umgang mit Menschen hängt natürlich von vielen Faktoren ab, und auch sehr viel von den Fähigkeiten der Führungskraft selbst. Ich erlebe tagtäglich, wie im Kern gesunde Unternehmen mit erstklassigen Produkten an der menschlichen Inkompetenz in der Führung scheitern und krank werden; sprich: drastisch an Produktivität einbüßen oder vom Markt verschwinden. Es gilt der Grundsatz: Wer Menschen beschäftigt, muss sich mit Menschen beschäftigen – oder er geht mittel- bis langfristig unter.

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7 Gesetze, die Sie im Führungsalltag wirklich weiterbringen

Die in diesem Buch vorgestellten Führungsgesetze zeigen, wie es gelingt, als Führungskraft Menschen für sich zu begeistern, kompetent und mutig zu entscheiden, klar zu kommunizieren und konsequent zu handeln.



Sie definieren sieben Gesetze für gute Führung. Was ist das wichtigste Gebot, ohne das es einfach nicht geht?

Das erste Gesetz im meinem Buch lautet "Souveränität statt herumeiern – die Basis jeder Führung".   Es beinhaltet die Grundvoraussetzungen für alles Weitere. Menschen folgen einer Führungskraft nur, wenn sie eine wirkliche Führungspersönlichkeit vor sich sehen; eine Person, die nicht laut sein muss, aber eine, die Souveränität ausstrahlt. Jemand mit Standing, der weiß, wohin die Reise geht und gehen soll. Der entscheidende Machtfaktor hierbei ist entschlossene Zielgerichtetheit. Und erst auf dieser Basis gedeiht Vertrauen, der Chefin/dem Chef überhaupt zu folgen. Daran kann man arbeiten. Eine Führungskraft muss drei Fähigkeiten mitbringen. Erstens: Sie muss Menschen mögen. Zweitens: Sie muss sich selbst kennen und führen können (ohne sich für den Nabel der Welt zu halten). Drittens: Sie muss bereit sein, genau hinzuschauen und zu beobachten, bevor sie urteilt und handelt. So einfach, und offenbar für viele doch so schwer. Ich sehe tagtäglich Führungskräfte, die noch große Herausforderungen vor sich haben und viele, die schlicht für eine Führungsaufgabe nicht geeignet sind, und doch Verantwortung für Menschen tragen. Das führt zu großen Problemen.

Was macht exzellente Führung aus? Fremd- und Selbstwahrnehmung klaffen hier häufig auseinander … 

Sie sagen es. Das Geheimnis gelingender Führung liegt in der Kongruenz von Selbst- und Fremdbild. Nur Menschen, die bereit sind, entschlossen voran zu gehen und eine hohe Selbstreflexionsfähigkeit besitzen, sind langfristig den Führungsanforderungen in einem Unternehmensalltag gewachsen. Es liegt auf der Hand: Wenn ich nicht in der Lage bin, die Auswirkungen meiner Präsenz, meiner Handlungen und meiner Kommunikation zu hinterfragen, auf Wirksamkeit und Angemessenheit zu überprüfen, meine Schlüsse daraus zu ziehen und Vorgehensweisen zu verändern und anzupassen, werde ich niemals mit der Komplexität einer Führungsverantwortung zurechtkommen. Exzellente Führung wird begleitet von "plan, do, check, act". Wenn ich darüber hinaus einen wachen Geist und ein gesundes Wertesystem als Basis in mir trage und tiefe Lust empfinde, zielorientiert mit Menschen zu arbeiten, kommen wir einer Leadership Excellence schon sehr nahe.

Also Kuschelkurs statt böser Machiavelli? Der Tyrann, der Menschen brechen will, hat ausgedient?

Hier höre ich Diametrale. Aber die Welt ist nicht schwarz-weiß, sondern bunt. Wer kuschelt, will Harmonie und Schutz, und ich glaube nicht, dass dies in der Führung zweckdienlich ist. Meine Empfehlung für Führungskräfte und Unternehmen lautet, mitarbeiter- und menschenorientiert zu führen ohne das Geschäftsziel aus den Augen zu verlieren. Das verlangt eine klare Zielausrichtung sowie stringentes unternehmerisches Denken und Handeln. Der erforderlichen harten Hand kann auch mal die eine oder andere Personalie zum Opfer fallen. Einfach, weil die marktstrategische Ausrichtung des Unternehmens es überlebenstechnisch erfordert. Es wird oft der Fehler begangen, Unternehmen nach den Eigenheiten von Mitarbeitern auszurichten. Das ist nett, aber konfliktscheu, und es ist sehr gefährlich für das Unternehmen. Es wird langfristig seine Identität verlieren und von einzelnen Launen und Befindlichkeiten dominiert werden. Das sehe ich leider jeden Tag. Eine erfolgreiche Firma nimmt marktwirtschaftliche Notwendigkeiten und strategische Überlegungen in den Fokus – und zwar unter dichter integrativer Einbindung aller Mitarbeiter – nicht anders herum. Ja, der Tyrann hat ausgedient: Menschen brechen ist keine Option; Kuscheln aber auch nicht. 

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