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17.08.2018 | Zahlungsverkehr | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wirecard profitiert von Kauflust chinesischer Kunden

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4 Min. Lesedauer

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In Europa gehört das Familienunternehmen Gebr. Heinemann zu den ersten Adressen im Reisemarkt. Durch eine Kooperation mit dem Duty-Free- und Travel-Shop-Betreiber will der Finanzspezialist Wirecard chinesischen Touristen gewohnte Bezahldienste zur Verfügung stellen.

Zunächst in Deutschland, dann an zwölf weiteren europäischen Flughäfen wird das Hamburger Handelshaus Gebr. Heinemann an seinen Kassen die beliebtesten chinesischen Bezahlmethoden, darunter "Alipay", für seine Kunden anbieten. Möglich macht das eine Zusammenarbeit mit dem Finanztechnologieanbieter Wirecard. Das Unternehmen wird eine entsprechende digitale Zahlungsfunktion in das zentrale Kassensystem der Reise-Shops von Heinemann integrieren. 

In Europa gilt das Familienunternehmen als Marktführer unter den Reise-Distributoren. Es betreibt insgesamt mehr als 330 eigene Duty-Free- und Travel-Value-Geschäfte, in Lizenz geführte Markenboutiquen sowie so genannte Concept Stores an 79 Flughäfen in 29 Ländern weltweit. Außerdem gehören noch Shops an Grenzübergängen und an Bord von Kreuzfahrtschiffen zum Portfolio des Händlers. Ist die Technologie in Europa integriert, soll sie anschließend global ausgerollt werden, heißt es in einer Mitteilung von Wirecard.

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Das Bezahlen soll für chinesische Touristen attraktiver werden

Mit diesem Schritt fokussieren sich Heinemann und Wirecard auf chinesische Touristen als wichtige neue Zielgruppe. Dabei sollen diese Kunden nicht nur über die in China üblichen Verfahren an den Kassen in den Airports bezahlen können. "Über die Marketing-Plattformen, die zum Beispiel Alipay zur Verfügung stellen, können wir ihnen künftig bereits vor ihrer Reise personalisierte Angebote für unser Sortiment zukommen lassen", erklärt Heinemann-Retail-Chef Raoul Spanger.  

Erfolge mit der Digitalisierung von Zahlungsprozessen zugeschnitten auf chinesische Kunden habe Wirecard nach eigenen Angaben bereits in anderen Kooperationen erzielt. Die Einführung der neuen Bezahlmethoden bei anderen Kunden habe demnach innerhalb eines Jahres fast zu einer Vervierfachung des Umsatzes mit Reisenden aus China geführt. "Chinesische Konsumenten erwarten mittlerweile von Händlern weltweit, dass sie ihnen ihr gewohntes Zahlungserlebnis anbieten", erklärt Christian Reindl, Executive Vice President Sales Consumer Goods bei Wirecard. 

Chinesen lieben exklusive Markenprodukte

Und sich auf die Shopping- und Bezahlgewohnheiten dieser Klientel einzustellen, sollte sich für den Handel auch künftig lohnen. Denn der Kauf von Luxusartikeln internationaler Marken gehört für die meisten Chinesen zum festen Reiseprogramm. "Chinesische Verbraucher kaufen ständig bessere und teurere Produkte, die mit ihrem wachsenden Reichtum einhergehen. Neben dem Fokus auf Qualität spielt auch der Status eine große Rolle", erklären die Springer-Autoren Sven Agten und Thomas König im Buchkapitel "Die Welt braucht den chinesischen Verbraucher – Das explosive Wachstum der Mittelschicht" (Seite 151). Hintergrund: In China messen noch immer viele Verbraucher sich selbst und auch andere an ihrem Besitz. "In extrem wettbewerbsorientierten Gesellschaften werden Luxusprodukte schnell mit Wohlstand und natürlich auch mit Macht gleichgesetzt", meinen die Autoren. Und dabei stehen laut Agten und König vor allem Produkte europäischer Edelmmarken auf ihren Einkaufslisten:

Die bekanntesten Beispiele für Marken, die Rekordgewinne in China erzeugen, heißen Rolex, Cartier, Gucci, Louis Vuitton, Chanel, Lancome, Dior und Prada – alles Marken, die eine große Anziehungskraft auf den Verbraucher üben."

Wie das Statistische Bundesamt Destatis für das Jahr 2016 ermittelte, haben rund 1,4 Millionen Menschen aus China Deutschland besucht. Dabei werden die kauffreudigen Reisenden aus der chinesischen Mittelschicht immer jünger und ihr Reiseverhalten individueller. Die Summen, die sie vor allem in Metropolen wie Hamburg, Frankfurt, Dresden oder München ausgeben, macht chinesische Touristen zur besonders interessanten Zielgruppe für den Handel mit hohen Profitmargen. Ein aktueller Video-Bericht des EHI Retail Instituts verweist zum Beispiel auf die Kaufhauskette Breuninger, bei der solche Bezahlservices sehr gut von den chinesischen Kunden angenommen werden. Dort wird der Kanal zudem genutzt, um über neue Marken und Events in den Läden zu berichten. 

Wirecard steigt zur wertvollsten Bank auf

Und dieses Potenzial erschließt sich Wirecard mit strategischen Kooperationen wie der aktuellen mit Heinemann. Mit seinen Zahlungsdiensten ist das Unternehmen mittlerweile zum wertvollsten Finanzunternehmen der Republik avanciert. Die Aktien des im Branchenvergleich jungen Tec-Dax-Konzern, der 2006 seine Banklizenz erhielt, waren am vergangenen Dienstag mehr als 21 Milliarden Euro wert. Damit überholten sie die Papiere des Jahrzehnte langen Branchenprimus Deutsche Bank, der seit Jahren mit einer strukturellen Krise kämpft. 

Zwar gelten die Margen im Bezahlgeschäft nicht als üppig und Serviceanbieter wie Wirecard tragen zudem das Risiko, wenn Zahlungen etwa beim Online-Shopping schief gehen. Doch allein die Masse der Transaktionen, die über die Schnittstellen laufen, machen das Geschäftsmodell extrem lukrativ. So erwirtschaftete das Fintech 2017 ein Vorsteuerergebnis von rund 297 Millionen Euro mit weniger als 4.500 Mitarbeitern. Die Deutsche Bank schrieb dagegen ein Minus von 500 Millionen Euro mit rund 95.000 Beschäftigten weltweit. Dieser Vergleich mit dem traditionellen Bankgeschäft zeigt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Bezahlservices im Online- wie im stationären Handel, die noch lange nicht ausgereizt scheinen. 

Lesen Sie dazu auch unser Interview mit Markus Eichinger von Wirecard.

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