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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

Kapitel 15: Das abgeleitete Recht als Kontrollgegenstand

verfasst von : Andrej Lang

Erschienen in: Die Verfassungsgerichtsbarkeit in der vernetzten Weltordnung

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Zwischen der Kontrolle des Vertragsrechts und der Kontrolle des abgeleiteten Rechts bestehen signifikante, strukturelle Unterschiede, die sich maßgeblich auf die Art und Weise der verfassungsgerichtlichen Kontrolle auswirken und die Verfassungsgerichte bei ihren Entscheidungen daher berücksichtigen sollten. Im Rahmen der Kontrolle des Vertragsrechts steht, wie wir gesehen haben, politisch viel auf dem Spiel, weil es um die Teilnahme eines Nationalstaats an einer inter- oder supranationalen Organisation geht und es wird für ein Verfassungsgericht auch kaum abschätzbar sein, ob etwa aus den im Gründungsvertrag übertragenen Entscheidungskompetenzen Grundrechtsbeeinträchtigungen der eigenen Bürger resultieren werden. Das ist bei der Kontrolle des abgeleiteten Rechts anders: Hier liegt der Grundrechtseingriff bereits vor, das Verfassungsgericht kann einen individualisierten, abgeschlossenen Sachverhalt retrospektiv prüfen. Andererseits wird durch die Konkretisierungswirkung dieser Konstellation die Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer rechtsordnungsübergreifenden Normenkollision erhöht.

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Fußnoten
1
Oben Dritter Teil, Kap. 14, B., I.
 
2
Eingehend: Oben Erster Teil, Kap. 4, A., I., 1.
 
3
Vgl. die folgenden Ausführungen: Unten Dritter Teil, Kap. 15, A., I.
 
4
Dagegen lehnt das BVerfG eine unmittelbare Kontrolle des Handelns deutscher Ratsvertreter ab. Verfassungsbeschwerden bzw. einstweilige Anordnungen gegen geltend gemachte Grundrechtseingriffe, die durch die Zustimmung der deutschen Regierung zu europäischen Sekundärrechtsakten hervorgerufen wurden, hat das Gericht wegen Fehlens eines selbstständig, angreifbaren Rechtsetzungsakts als unzulässig abgewiesen. Siehe BVerfGE 80, 74 –Tabaketikettierungs-Richtlinie (1989). Für eine solche Bindung des deutschen Vertreters im Rat: Annette Kersting, Der Umfang des Schutzes der deutschen Grundrechte und ihrer Funktionen durch die Grundrechtsbindung des deutschen Vertreters im Rat der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 1 Abs. 3 GG und die Möglichkeit der verfassungsgerichtlichen Überprüfung von sekundärem Gemeinschaftsrecht, 2002.
 
5
Das Bundesverfassungsgericht kontrolliert in seinem Solange I-Beschluss nicht unmittelbar die europäische Verordnung, sondern die Bescheide deutscher Zollbehörden, die die unionsrechtliche Verordnung anwenden. BVerfGE 37, 271 (283) – Solange I (1974). In der Saga um das UN-Sanktionsregime gegen Unterstützer von Al-Qaida ist Kontrollgegenstand der nationalen und europäischen Gerichte nicht unmittelbar die UN-Sicherheitsratsresolution 1267, die gezielte Sanktionen gegen solche Personen vorsieht, sondern die rechtsordnungseigene Verordnung, die die Antiterrormaßnahmen in die eigene Rechtsordnung inkorporiert. Vgl. nur EuGH, Urt. v. 03.09.2008, Rs. C-402/05 P, C-415/05 P – Kadi v. Rat und Kommission („Kadi I“), ECLI:EU:C:2008:461, Rn. 157. In vergleichbarer Weise zieht der EGMR bei seiner menschenrechtlichen Kontrolle der EU-Institutionen den konventionsstaatlichen Inkorporations- oder Vollzugsakt, und nicht den Unionsrechtsakt, als Anknüpfungspunkt heran. Ein Unterschied im Zusammenhang mit dem EGMR liegt jedoch darin, dass dieser an den Inkorporations- oder Vollzugsakt des Konventionsstaats anknüpft, weil ein Inkorporationsakt der Konventionsinstitutionen in der rechtlichen Struktur der EMRK grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Dementsprechend hob der Gerichtshof auch im Zusammenhang mit den gezielten Al Qaida-Sanktionen des UN-Sicherheitsrats in der zuvor vom schweizerischen Bundesgericht entschiedenen Rechtssache Nada v. Schweiz hervor, dass Kontrollgegenstand nicht die Sicherheitsratsresolution selbst sei, sondern die Implementierung durch die staatlichen Stellen der Schweiz. Daher sei die Schweiz im konventionsrechtlichen Sinne für diese Maßnahmen verantwortlich. Siehe EGMR, Urt. v. 12.09.2012, Nr. 10593/08 – Nada v. Schweiz, Rn. 102, 104.
 
6
BVerfGE 22, 293 – EWG-Verordnungen (1967).
 
7
BVerfGE 37, 271 – Solange I (1974).
 
8
Vgl. US Supreme Court, Urt. v. 24.02.1803 – Marbury v. Madison, 5 U.S. 137, 177 (1803).
 
9
Unmittelbar erstreckt sich der Kontrollanspruch des BVerfG in Solange I nur auf deutsche Rechtsakte, mittelbar wird dadurch aber auch die unionsrechtliche Verordnung geprüft. Dazu im Einzelnen oben Dritter Teil, Kap. 14.
 
10
BVerfGE 118, 79 (95 ff.) – Emissionshandel (2007). Wo die Trennlinie zwischen dem unionsrechtlich determinierten und dem auf nationalen Erwägungen beruhenden Teil genau verlaufen soll, erörtert das BVerfG in BVerfGE 129, 186 – Investitionszulagengesetz (2011). Dazu Mattias Wendel, Neue Akzente im europäischen Grundrechtsverbund. Die fachgerichtliche Vorlage an den EuGH als Prozessvoraussetzung der konkreten Normenkontrolle, EuZW 2012, 213 ff. Grundlegend zur Frage des Grundrechtsschutzes gegen EU-Richtlinien: Benjamin Maier, Grundrechtsschutz bei der Durchführung von Richtlinien, 2014.
 
11
BVerfGE 37, 271 (282) – Solange I (1974).
 
12
Ebd.
 
13
Siehe Corte Costituzionale, Entsch. v. 13.04.1989, Nr. 232/1989 – Spa Fragd v. Ministro delle Finanze. Dazu Thomas Kröll, Der letzte (?) Schritt auf dem cammino comunitario der Consulta: Die Corte costituzionale im direkten Dialog mit Luxemburg, ZfV 2011, 162 (165 f.). Näher zum Fragd-Urteil: Unten Dritter Teil, Kap. 18, A., I., 2., a.
 
14
Zu diesen Urteilen, siehe unten Dritter Teil, Kap. 18, B., I., 2., b.
 
15
Dazu: Unten Dritter Teil, Kap. 18, A., I., 2., c. und B., I., 2., c.
 
16
Catherine Haguenau-Moizard, Offene Staatlichkeit: Frankreich, in: Armin von Bogdandy/Pedro Cruz Villalón/Peter Huber (Hrsg.), Handbuch Ius Publicum Europaeum, Bd II, 2008, § 15, 37 (50 f.). Die Kontrolle des abgeleiteten Unionsrechts durch den Conseil constitutionnel scheint die These zu bestätigen, dass nationale Verfassungsgerichte dazu neigen, ihre Kompetenzen auszubauen, um das Recht inter- oder supranationaler Organisationen umfangreicher kontrollieren zu können. Zum Hintergrund: Aufgrund der begrenzten prozessualen Befugnisse des Conseil constitutionnel war die verfassungsgerichtliche Kontrolle des Unionsrechts in Frankreich lange auf das nationale Zustimmungsgesetz zum europäischen Vertrag ausgerichtet. Die Möglichkeit der verfassungsgerichtlichen Kontrolle von Sekundärrecht hingegen ist begrenzt. Bis zur Verfassungsreform vom 23.07.2008 waren die Prüfungsbefugnisse des Conseil constitutionnel auf die Ex-ante-Kontrolle von Gesetzen beschränkt. Dadurch ist der Verfassungsrat prozessual nur für die Prüfung nationaler Übertragungsgesetze berufen. Die Kontrolle des abgeleiteten Rechts einer supranationalen Organisation ist ihm dagegen grundsätzlich verwehrt, soweit dieses nicht durch ein formelles Gesetz in die nationale Rechtsordnung inkorporiert werden muss. Entgegen seiner zurückhaltenden Haltung in den ersten Jahrzehnten der Fünften Republik nutzt der Verfassungsrat aber die Möglichkeit der Kontrolle europäischer Richtlinien, weil diese zur Umsetzung eines nationalen Umsetzungsgesetzes bedürfen. Man muss abwarten, wie sich die Einführung der konkreten Normenkontrolle, der Möglichkeit der Vorlage durch unterinstanzliche Gerichte an den Conseil constitutionnel, die allerdings durch den Conseil d’État und die Cour de Cassation überwacht wird, auf die institutionellen Praxis niederschlägt.
 
17
Conseil constitutionnel, Entsch. v. 19.11.2004, Nr. 2004-505 DC – Verfassungsvertrag, Rec. 173, EuGRZ 2005, 45 ff.
 
18
Zu dieser Entscheidung: Unten Dritter Teil, Kap. 18, A., I., 2., b.
 
19
Bereits oben Erster Teil, Kap. 6, A., II.
 
20
In Reaktion auf die Al-Qaida zugerechneten Terroranschläge auf die US-amerikanischen Botschaften in Kenia und in Tansania vom 07.08.1998 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die gegen das Taliban-Regime gerichtete Resolution 1267 (1999), um dieses zur Aufgabe seiner Unterstützung von Al-Qaida zu bewegen.
 
21
Durch die Resolution 1333 (2000) wurde der Anwendungsbereich der Resolution 1267 (1999) auf Mitglieder und Unterstützer von Al-Qaida ausgeweitet.
 
22
Zum Überblick Clemens Feinäugle, Hoheitsgewalt im Völkerrecht. Das 1267-Sanktionsregime der UN und seine rechtliche Fassung, 2011, 141 ff.; John Beuren, Das Al Qaida-Sanktionsregime als Ausübung supranationaler Kompetenzen durch den Sicherheitsrat, 2016, 30 ff.
 
23
Das 1267-Komitee, hier als UN-Sanktionskomitee bezeichnet, wurde bereits durch die Resolution 1267 (1999) eingerichtet. Seine Rechtsgrundlage ist Art. 29 der UN-Charta.
 
24
Der EuGH stellte dazu fest, dass „sowohl das Berufs- als auch das Familienleben der betroffenen Person aufgrund der Einschränkungen des Gebrauchs ihres Eigentumsrechts, die sich aus der umfassenden Geltung und, wie hier, der tatsächlichen Dauer der Anwendung dieser Maßnahmen ergeben, beträchtlich erschüttert wird, und zum anderen dadurch, dass sie die betroffene Person stigmatisieren und das Misstrauen der Öffentlichkeit ihr gegenüber erwecken. EuGH, Urt. v. 18.07.2013, Rs. C-584/10 P, C-593/10 P, C-595/10 P – Kommission v. Kadi („Kadi II“), ECLI:EU:C:2013:518, Rn. 132.“ Diese Maßnahmen waren gegenüber den Herren Kadi und Nada über mehrere Jahre in Kraft, wodurch diese präventive Maßnahmen den Charakter von Strafen annahmen. So zutreffend Machiko Kanetake, The Interfaces between the National and International Rule of Law: The Case of UN Targeted Sanctions, IOLR 9 (2012), 267 (283): „Arguably, the longer a suspected individual remains on the list, the more likely it is that the effect of sanctions will resemble a criminal charge.“
 
25
Das UN-Sanktionskomitee hat über 500 Personen – die große Mehrheit davon auf Vorschlag der USA – auf die Terrorliste gesetzt. Zwar hatte der UN-Sicherheitsrat bereits in der Vergangenheit sogenannte smart sanctions eingesetzt, allerdings sind die hohe Zahl der betroffenen Personen, gepaart mit der Einbeziehung nicht-staatlichen Akteure bislang einzigartig geblieben. Siehe Ian Johnstone, Legislation and Adjudication in the UN Security Council: Bringing Down the Deliberative Deficit, AJIL 102 (2008), 275 (295 f.).
 
26
Vgl. unten Dritter Teil, Kap. 15, A., I., 2., b. und 6, A., I.
 
27
Ian Johnstone, Legislation and Adjudication in the UN Security Council: Bringing Down the Deliberative Deficit, AJIL 102 (2008), 275 (297).
 
28
Siehe Andreas von Arnauld, Der Weg zu einem „Solange I ½“. Die Umsetzung der gezielten UN-Sanktionen durch die EU nach Einrichtung der UN-Ombudsstelle – europäische oder globale rule of law?, EuR 2013, 236 (239).
 
29
Iain Cameron, UN Targeted Sanctions, Legal Safeguards and the European Convention on Human Rights, NJIL 72 (2003), 159 (166).
 
30
Dieses Transparenzdefizit wurde erst durch die SR-Res. 1390 (2002) behoben. Seitdem ist der beantragende Mitgliedstaat vor einer Eintragung verpflichtet, dem Sanktionskomitee die zugrunde liegenden Erkenntnisse vorzulegen. Kirsten Schmalenbach, Normentheorie vs. Terrorismus: Der Vorrang des UN-Rechts vor EU-Recht, JZ 61 (2006), 349 (350).
 
31
Andreas von Arnauld, Der Weg zu einem „Solange I ½“. Die Umsetzung der gezielten UN-Sanktionen durch die EU nach Einrichtung der UN-Ombudsstelle – europäische oder globale rule of law?, EuR 2013, 236 (239).
 
32
Bislang hat der IGH die Existenz einer eigenen Kontrollkompetenz gegenüber dem UN-Sicherheitsrat nur vorsichtig angedeutet, aber noch nicht tatsächlich ausgeübt. Eine Diskussion über die gerichtliche Kontrolle des UN-Sicherheitsrats gibt es seit langem, insbesondere seit dieser verstärkt als Legislativorgan der Weltorganisation auftritt. Siehe nur José Alvarez, Judging the Security Council, AJIL 90 (1996), 1 ff.; Bernd Martenczuk, The Security Council, the International Court and Judicial Review: What Lessons from Lockerbie?, EJIL 10 (1999), 517 ff.
 
33
Andreas von Arnauld spricht von der „doppelte[n] Achillesferse“ der mangelnden „Gewährleistung effektiver Verteidigungsrechte in einem Sanktionsverfahren, das sich überwiegend auf Geheimdiensterkenntnisse stützt“ und der „drohende[n] Re-Politisierung der Entscheidung durch Zurückweisung von Empfehlungen der Ombudsperson im Sanktionsausschuss oder Sicherheitsrat“. Andreas von Arnauld, Der Weg zu einem „Solange I ½“. Die Umsetzung der gezielten UN-Sanktionen durch die EU nach Einrichtung der UN-Ombudsstelle – europäische oder globale rule of law?, EuR 2013, 236 (243).
 
34
Hierzu oben Dritter Teil, Kap. 14.
 
35
Für eine Aufzählung sämtlicher Gerichtsentscheidungen zu dem 1267-Sanktionsregime von 2001 bis 2011: Machiko Kanetake, The Interfaces between the National and International Rule of Law: The Case of UN Targeted Sanctions, IOLR 9 (2012), 267 (305 ff.).
 
36
Die Unterschiede zwischen dem Ansatz des EuG in seinem ersten Kadi-Urteil und dem EuGH betreffen nicht den Kontrollgegenstand, sondern den Kontrollmaßstab. Näher dazu unten Dritter Teil, Kap. 16.
 
37
Allerdings beschränkt der EuGH die Nichtigkeitsfolge seines Urteils und hält die Wirkungen der streitigen Verordnung, soweit sie Herrn Kadi und die Al Barakaat International Foundation betrifft, für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils aufrecht.
 
38
EuG, Urt. v. 30.09.2010, Rs. T-85/09 – Kadi v. Kommission („Kadi II“), ECLI:EU:T:2010:418, Rn. 126.
 
39
UK Supreme Court, Urt. v. 27.01.2010, UKSC 2 (2010) – Ahmed u. a. v. Her Majesty’s Treasury.
 
40
Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 14.01.2007, BGE 133 II 450 (457) – Nada v. SECO.
 
41
EGMR, Urt. v. 12.09.2012, Nr. 10593/08 – Nada v. Schweiz, Rn. 177 f.
 
42
Ebd., Rn. 194.
 
43
EGMR, Urt. v. 21.06.2016, Nr. 5809/08 – Al-Dulimi und Montana Management v. Schweiz.
 
44
Ebd., Rn. 29. Para. 23 der SR-Resolution Nr. 1483 (2003) sieht vor, dass die UN-Mitgliedstaaten „shall freeze without delay those funds or other financial assets or economic resources and […] immediately shall cause their transfer to the Development Fund for Iraq“.
 
45
Der EGMR begründet seine – nach den überkommenen Methoden der völkerrechtlichen Vertragsauslegung zweifelhafte – Interpretation damit, dass „a resolution such as that in the present case, namely Resolution 1483, [that] does not contain any clear or explicit wording excluding the possibility of judicial supervision of the measures taken for its implementation, […] must always be understood as authorising the courts of the respondent State to exercise sufficient scrutiny so that any arbitrariness can be avoided“. Ebd., Rn. 146.
 
46
Siehe Federal Court of Ottawa, Entsch. v. 04.06.2009, Abdelrazik v. Canada (Minister of Foreign Affairs), 2009 FC 580. In der Entscheidung des kanadischen Federal Court spielt das 1267-Sanktionsregime eine zentrale Rolle, auch wenn der Rechtsstreit unabhängig von dem Sanktionsregime beginnt. Im Kern ging es um die Verstoßung eines der Unterstützung von Al-Qaida verdächtigen kanadischen Staatsangehörigen. Der kanadisch-sudanesische Staatsangehörige Abdelrazik wurde zwischen 2003 und 2006 mehrfach für jeweils längere Zeit von sudanesischen Behörden interniert, woraufhin er jeweils erfolglos einen kanadischen Reisepass und Unterstützung durch kanadische Behörden für seine Rückkehr nach Kanada beantragte. Erst 2006 listete ihn das UN-Sanktionskomitee schließlich auf der UN-Terroristenliste. Gegen die Klage von Herrn Abdelrazik vor dem Federal Court, dass die Weigerung der kanadischen Behörden, seine Rückkehr nach Kanada zu ermöglichen, einen Verstoß gegen das Recht eines kanadischen Staatsbürgers auf Einreise nach Kanada aus Section 6 der kanadischen Charter of Rights and Freedoms darstellt, trug die kanadische Regierung in dem Verfahren vor, dass sie aufgrund ihrer Verpflichtungen aus der Sicherheitsratsresolution 1267 völkerrechtlich daran gehindert sei, Abdelrazik bei seiner Rückkehr nach Kanada zu unterstützen. Mit den Verpflichtungen, das Vermögen der gelisteten Personen einzufrieren und ihnen Reisebeschränkungen aufzuerlegen, sei es nicht vereinbar, ihm ein Flugticket zu kaufen und ihm dadurch den Transit durch andere Staaten nach Kanada zu gewähren. Justice Zinn vom Federal Court sah das anders und gab der Klage von Herr Abdelrazik statt. Instruktiv zu dem Urteil: Antonios Tzanakopoulos, United Nations Sanctions in Domestic Courts. From Interpretation to Defiance in Abdelrazik v. Canada, JICJ 8 (2010), 249 ff.
 
47
Siehe Justice Zinn in Federal Court of Ottawa, Entsch. v. 04.06.2009, Abdelrazik v. Canada (Minister of Foreign Affairs), 2009 FC 580, Rn. 53: „The 1267 Committee regime is, as I observed at the hearing, a situation for a listed person not unlike that of Josef K. in Kafka’s The Trial, who awakens one morning and, for reasons never revealed to him or the reader, is arrested and prosecuted for an unspecified crime.“
 
48
Ebd.
 
49
Für einen guten Überblick über die Rechtsprechung des EGMR zum Unionsrecht, siehe Luis Gordillo, Interlocking Constitutions, 2012, 122 ff.
 
50
EGMR, Urt. v. 15.11.1996, Nr. 17862/91 – Cantoni v. Frankreich, EuGRZ 1999, 193 ff. Siehe dazu die Besprechung von Sebastian Winkler, Der EGMR zum innerstaatlich und gemeinschaftsrechtlich (RL 65/65/EWG) definierten Arzneimittelbegriff beim Apothekenmonopol, EuGRZ 1999, 181 ff.
 
51
EGMR, ebd., Rn. 30.
 
52
EGMR, Urt. v. 18.02.1999, Nr. 24833/94 – Rechtssache Matthews v. Vereinigtes Königreich.
 
53
Diesen Wahlrechtsakt hatte Großbritannien – zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten – ratifiziert und damit in Form eines nationalen Wahlgesetzes, dem Beschwerdegegenstand vor dem EGMR, in die eigene Rechtsordnung inkorporiert.
 
54
Vgl. EGMR, Urt. v. 18.02.1999, Nr. 24833/94 – Rechtssache Matthews v. Vereinigtes Königreich, Rn. 26: „According to the Government, the applicant’s real objection was to Council Decision 76/787 and to the 1976 Act concerning elections to the European Parliament (see paragraph 18 above). That Act, which had the status of a treaty, was adopted in the Community framework and could not be revoked or varied unilaterally by the United Kingdom. The Government underlined that the European Commission of Human Rights had refused on a number of occasions to subject measures falling within the Community legal order to scrutiny under the Convention.“
 
55
Nach Art. 19 EMRK wird der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte errichtet, um die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen, welche die Hohen Vertragsparteien in der Konvention und den Protokollen übernommen haben.
 
56
EGMR, Urt. v. 18.02.1999, Nr. 24833/94 – Rechtssache Matthews v. Vereinigtes Königreich, Rn 34.
 
57
Ebd., Rn. 32.
 
58
EGMR, Urt. v. 30.06.2005, Nr. 45036/98 – Bosphorus v. Irland, NJW 2006. 197 ff.
 
59
Siehe insbesondere S/RES/820 v. 17.04.1993.
 
60
EuGH, Urt. v. 30.07.1996, Rs. C-84/95 – Bosphorus, ECLI:EU:C:1996:312, Rn. 26 f.
 
61
Dazu eingehend unten Dritter Teil, Kap. 18, A., I., 3.
 
62
EGMR, Urt. v. 30.06.2005, Nr. 45036/98 – Bosphorus v. Irland, NJW 2006, 197 (202), Rn. 152 f.
 
63
Ebd., Rn. 154.
 
64
Zum Überblick: Timo Schwander, Extraterritoriale Wirkungen von Grundrechten im Mehrebenensystem, 2019, 96 ff.
 
65
EGMR, Urt. v. 31.05.2007, Nr. 71412/01, 78166/01 – Behrami und Behrami v. Frankreich, und Saramati v. Frankreich, Deutschland und Norwegen.
 
66
Siehe S/RES/1244 v. 10.06.1999.
 
67
EGMR, Urt. v. 31.05.2007, Nr. 71412/01, 78166/01 – Behrami und Behrami v. Frankreich, und Saramati v. Frankreich, Deutschland und Norwegen, Rn. 137: „ultimate authority and control“.
 
68
Ebd., Rn. 149.
 
69
Ebd.
 
70
EGMR, Urt. v. 07.07.2011, Nr. 27021/08 – Al-Jedda v. Vereinigtes Königreich.
 
71
Ebd., Rn. 84 ff.
 
72
In diese Richtung geht auch das Al-Skeini-Urteil des EGMR. Siehe EGMR, Urt. v. 07.07.2011, Nr. 55721/07 – Al-Skeini v. Vereinigtes Königreich.
 
73
Der Begriff des engagement-Modells knüpft an Jackson an, siehe Vicki Jackson, Constitutional Engagement in a Transnational Era, 2010, die drei verschiedene Ansätze im Umgang mit dem transnationalen Recht unterscheidet: resistance, convergence und engagement. Ebd., 8 f.
 
74
Soweit keine rechtsordnungsfremde Determinierung des rechtsordnungseigenen Inkorporationsakts vorliegt, ist eine Prüfung des Inkorporationsakts unbedenklich, da dieser insoweit nicht mit einer inter- oder supranationalen Verpflichtung korrespondiert. Wenn etwa eine unionsrechtliche Richtlinie dem deutschen Gesetzgeber ausreichend Spielraum gewährt, um die Richtlinie ohne Verstoß gegen deutsche Grundrechte zu inkorporieren, ist eine verfassungsgerichtliche Kontrolle genauso selbstverständlich, wie wenn nationale Behörden einer gelisteten Person Reisebeschränkungen auferlegen, die von einer Sicherheitsratsresolution überhaupt nicht verlangt werden.
 
75
Diese harmonisierende Auslegung des rechtsordnungsfremden Rechts ist nicht zu verwechseln mit den Auslegungsfiguren einer völkerrechtskonformen oder unionsrechtskonformen Auslegung, denn hier wird nicht das rechtsordnungseigene im Lichte des rechtsordnungsfremden Rechts interpretiert, sondern vielmehr wird das rechtsordnungsfremde Recht im Lichte des rechtsordnungseigenen Rechts interpretiert. Es handelt sich also um einen Übergriff in und nicht eine Anpassung an das rechtsordnungsfremde Recht.
 
76
BVerfGE 37, 271 (278) – Solange I (1974).
 
77
EuGH, Urt. v. 30.07.1996, Rs. C-84/95 – Bosphorus, ECLI:EU:C:1996:312.
 
78
EuGH, Urt. v. 03.09.2008, Rs. C-402/05 P, C-415/05 P – Kadi v. Rat und Kommission („Kadi I“), ECLI:EU:C:2008:461.
 
79
BVerfGE 37, 271 (278) – Solange I (1974).
 
80
Ebd., 278.
 
81
Ebd., 281.
 
82
Dazu im Detail: Unten Dritter Teil, Kap. 18, A., II., 1.
 
83
EuGH, Urt. v. 30.07.1996, Rs. C-84/95 – Bosphorus, ECLI:EU:C:1996:312, Rn. 21 ff.
 
84
In den Entscheidungsgründen weist der EuGH frühzeitig darauf hin, dass die rechtsordnungseigene Verordnung das Ziel hat, „in der Gemeinschaft bestimmte Aspekte der Sanktionen zu verwirklichen, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen […] gegen die Bundesrepublik Jugoslawien verhängt hat.“ Ebd., Rn. 13. In dem Hinweis auf dieses „für die internationale Völkergemeinschaft derart grundlegende[], dem Gemeinwohl dienende[] Ziel[]“, ebd., Rn. 21, lässt sich eine Erwägung institutionell-jurisdiktioneller Art erkennen, wonach der Sanktionsentscheidung des Sicherheitsrats gerade deshalb besonderes Gewicht zukommt, weil dieser sich als globale Institution in besonderem Maße für eine Entscheidung über die erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit eignet. Siehe Mattias Kumm, Democratic Constitutionalism Encounters International Law: Terms of Engagement, in: Sujit Choudhry (Hrsg.), The Migration of Constitutional Ideas, 2006, 256 (287).
 
85
Kritisch Gráinne de Búrca, The European Court of Justice and the International Legal Order After Kadi, Harv. Int’l L. J. 51 (2010), 1 (44): „[T]he court in Kadi opted for an internally-oriented approach and a form of legal reasoning which emphasized the particular requirements of the EU’s general principles of law and the importance of the autonomous authority of the EC legal order.“
 
86
EuGH, Urt. v. 03.09.2008, Rs. C-402/05 P, C-415/05 P – Kadi v. Rat und Kommission („Kadi I“), ECLI:EU:C:2008:461, Rn. 300: Eine solche Nichtjustiziabilität „findet zudem keine Grundlage im EG-Vertrag.“
 
87
Allerdings gibt es neben diesem selbstbezogenen Duktus in den Entscheidungsgründen des EuGH auch einen Teil im Kadi-Urteil, in dem sich der Gerichtshof eingehender mit dem Verfahren vor dem UN-Sanktionskomitee auseinandersetzt. Ebd., Rn. 318 ff. Dazu unten Dritter Teil, Kap. 18, A., I., 4. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der außenorientierte, kooperationsbereite Duktus des EuGH in Bosphorus einfacher anzuwenden ist, soweit das Gericht nicht gedenkt, den rechtsordnungseigenen Inkorporationsakt aufzuheben und damit den rechtsordnungsfremden Institutionen die eingeforderte Mitwirkung verweigert.
 
88
House of Lords, Entsch. v. 12.12.2007, UKHL 58 (2007) – Al-Jedda v. Secretary of State for Defence.
 
89
EGMR, Urt. v. 07.07.2011, Nr. 27021/08 – Al-Jedda v. Vereinigtes Königreich.
 
90
EGMR, Urt. v. 12.09.2012, Nr. 10593/08 – Nada v. Schweiz.
 
91
EGMR, Urt. v. 21.06.2016, Nr. 5809/08 – Al-Dulimi und Montana Management v. Schweiz.
 
92
Federal Court of Ottawa, Entsch. v. 04.06.2009, Abdelrazik v. Canada (Minister of Foreign Affairs), 2009 FC 580.
 
93
House of Lords, Entsch. v. 12.12.2007, UKHL 58 (2007) – Al-Jedda v. Secretary of State for Defence, Rn. 39.
 
94
EGMR, Urt. v. 07.07.2011, Nr. 27021/08 – Al-Jedda v. Vereinigtes Königreich, Rn. 102.
 
95
Ebd.
 
96
Im Ergebnis kommt der EGMR zu dem Schluss, dass der Sicherheitsrat nicht beabsichtigt habe, „den an den Multinationalen Streitkräften beteiligten Mitgliedstaaten die Verpflichtung aufzuerlegen, Maßnahmen der unbefristeten Internierung ohne Anklage und ohne gerichtliche Garantien zu ergreifen und damit gegen internationale Menschenrechtsinstrumente einschließlich der EMRK zu verstoßen“. Angesichts des Fehlens einer klaren gegenteiligen Anordnung sei zu vermuten, „dass der Sicherheitsrat von den Staaten erwartete, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Irak beizutragen, ohne gegen ihre internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen zu verstoßen“. Ebd.
 
97
Allerdings lässt der EGMR die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen der UN-Charta und den grundrechtlichen Verbürgungen der EMRK im Ergebnis offen.
 
98
Folgerichtig kommt der EGMR in Nada hinsichtlich der Reisebeschränkungen zu dem Ergebnis, dass die Vermutung einer menschenrechtskonformen Auslegung in diesem Fall wegen der klaren und deutlichen Formulierung der Resolution 1390 widerlegt sei: „[C]ontrary to the situation in Al-Jedda, where the wording of the resolution at issue did not specifically mention internment without trial, Resolution 1390 (2002) expressly required States to prevent the individuals on the United Nations list from entering or transiting through their territory. As a result, the above-mentioned presumption is rebutted in the present case, having regard to the clear and explicit language, imposing an obligation to take measures capable of breaching human rights, that was used in that resolution […].“ EGMR, Urt. v. 12.09.2012, Nr. 10593/08 – Nada v. Schweiz, Rn. 172.
 
99
Vgl. Para. 23 der SR-Resolution.
 
100
So Antonios Tzanakopoulos, United Nations Sanctions in Domestic Courts, JICJ 8 (2010), 249 (255).
 
101
Näher zu der durch den Globalisierungsprozess beförderten Transformation des Nationalstaats, siehe schon oben Erster Teil, Kap. 2, B.
 
102
Oben Zweiter Teil, Kap. 10.
 
103
Antonios Tzanakopoulos, Domestic Court Reactions to UN Security Council Sanctions, in: August Reinisch (Hrsg.), Challenging Acts of International Organizations Before National Courts, 2010, 54 (69).
 
104
Dazu oben Zweiter Teil, Kap. 9, A., I., 2.
 
105
Zu dieser in der vernetzten Weltordnung gebotenen Perspektive: Oben Erster Teil, Kap. 5, A.
 
106
In diesem Sinne auch EGMR, Urt. v. 18.02.1999, Nr. 24833/94 – Matthews v. Vereinigtes Königreich; EGMR, Urt. v. 18.02.1999, Nr. 26083/94 – Waite und Kennedy v. Deutschland, Rn. 67: „Under Article 1 […] of the Convention the Member States are responsible for all acts and omissions of their domestic organs allegedly violating the Convention regardless of whether the act or omission in question is a consequence of domestic law or regulations or of the necessity to comply with international obligations.“
 
107
So auch schon Cornelia Janik, Die EMRK und internationale Organisationen – Ausdehnung und Restriktion der equivalent protection-Formel in der neuen Rechtsprechung des EGMR –, ZaöRV 70 (2010), 127 (177); Anne Peters, Die Anwendbarkeit der EMRK in Zeiten komplexer Hoheitsgewalt und das Prinzip der Grundrechtstoleranz, AVR 48 (2010), 1 (2 f., 19).
 
108
Siehe für die Verwendung des Hypothekenbegriffs in diesem Zusammenhang schon Andreas von Arnauld, Das (Menschen-) Recht im Auslandseinsatz: Rechtsgrundlagen zum Schutz von Grund- und Menschenrechten, in: Dieter Weingartner (Hrsg.), Streitkräfte und Menschenrechte, 2008, 61 (68); Anne Peters, Die Anwendbarkeit der EMRK in Zeiten komplexer Hoheitsgewalt und das Prinzip der Grundrechtstoleranz, AVR 48 (2010), 1 (6).
 
109
So pointiert Marko Milanovic, Al-Skeini and Al-Jedda in Strasbourg, EJIL 23 (2012), 121 (123 f.).
 
110
Heike Krieger, A Credibility Gap: The Behrami and Saramati Decision of the European Court of Human Rights, JIP 13 (2009), 159 ff.; Marko Milanović/Tadjana Papić, As Bad as It Gets: The European Court of Human Rights’s Behrami und Saramati Decision and General International Law, I.C.L.Q. 58 (2009), 267 (295); Alexander Breitegger, Sacrificing the Effectiveness of the European Convention on Human Rights on the Altar of the Effective Functioning of Peace Support Operations: A Critique of Behrami & Saramati and Al Jedda, ICLR 11 (2009), 155 (174).
 
111
In den Verfahren Banković, Saramati und Behrami und Behrami waren die Beschwerdeführer allesamt Staatsbürger von Nicht-Konventionsstaaten.
 
112
So auch Anne Peters, Die Anwendbarkeit der EMRK in Zeiten komplexer Hoheitsgewalt und das Prinzip der Grundrechtstoleranz, AVR 48 (2010), 1 (45 f.). Die Verhältnismäßigkeitsprüfung des EuGH im Bosphorus-Urteil zeigt exemplarisch, wie sich ein solches differenziertes Prüfungsprogramm methodisch realisieren lässt. Dazu näher Mattias Kumm, Democratic Constitutionalism Encounters International Law: Terms of Engagement, in: Sujit Choudhry (Hrsg.), The Migration of Constitutional Ideas, 2006, 256 (282 ff.).
 
113
Oben Dritter Teil, Kap. 15, A., I., 2., b.
 
114
Federal Court of Ottawa, Entsch. v. 04.06.2009, Abdelrazik v. Canada (Minister of Foreign Affairs), 2009 FC 580, Rn. 53.
 
115
Dazu oben Erster Teil, Kap. 4, A., II.
 
116
Liest man die Entscheidungsgründe der Gerichte, die das Modell der harmonisierenden Auslegung anwenden, dann gibt es keinen Rechtsprechungskonflikt. Das rechtsordnungsfremde Recht wird in einer Weise harmonisch ausgelegt, die einen Konflikt mit den rechtsordnungseigenen Prinzipien und Normen gar nicht erst entstehen lässt. Und soweit sich eine harmonisierende Auslegung methodisch vertretbar nicht mehr mit dem Wortlaut der rechtsordnungsfremden Norm rechtfertigen lässt, wird der Vorrang dieser Norm anerkannt.
 
117
Zum Phänomen der Fragmentierung: Oben Erster Teil, Kap. 2, F.
 
118
Dazu oben Erster Teil, Kap. 8, B., II.
 
119
Anne Peters, Rechtsordnungen und Konstitutionalisierung: Zur Neubestimmung der Verhältnisse, ZÖR 65 (2010), 3 (58 f.).
 
120
Ebd.
 
121
Diese Vermutung wird durch die Lektüre der Urteile des EGMR in Al-Jedda, in Nada und in Al-Dulimi bestätigt: Wenn der EGMR in Al-Jedda die Vermutung formuliert, „dass der Sicherheitsrat nicht beabsichtigt, den Mitgliedstaaten die Verpflichtung aufzuerlegen, fundamentale menschenrechtliche Grundsätze zu verletzen“, siehe EGMR, Urt. v. 07.07.2011, Nr. 27021/08 – Al-Jedda v. Vereinigtes Königreich, Rn. 102, dann scheint das eher der menschenrechtlichen Agenda des EGMR als den sicherheitspolitischen Belangen des UN-Sicherheitsrats gerecht zu werden. Im Al-Dulimi-Urteil wirft Nußberger in ihrer abweichenden Meinung der Mehrheit der Richter triftig vor, statt einer „harmonious interpretation“ eine „fake harmonious interpretation“ vorzunehmen, die mit den „basic methodological requirements of international treaty interpretation“ unvereinbar sei. Nußberger, diss. op., EGMR, Urt. v. 21.06.2016, Nr. 5809/08 – Al-Dulimi und Montana Management v. Schweiz. Für einen Überblick zur Auslegung von Resolutionen des Sicherheitsrats in der Rechtsprechung des EGMR, siehe Ulrike Brandl, Auslegung von Resolutionen des Sicherheitsrats: Einheitliche völkerrechtliche Regelungen oder „pick and choose“ aus möglichen Auslegungsregeln?, AVR 53 (2015), 279 (294 ff.).
 
122
Vgl. oben Erster Teil, Kap. 6, B.
 
Metadaten
Titel
Kapitel 15: Das abgeleitete Recht als Kontrollgegenstand
verfasst von
Andrej Lang
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61442-6_15

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