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06.12.2016 | Lobbying | Schwerpunkt | Online-Artikel

Geheimniskrämerei schadet dem Lobbying

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

3 Min. Lesedauer

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Früher trafen sich Interessenvertreter und Politiker ganz gerne zum Kamingespräch. Der lauschige Euphemismus für Lobbying heißt bei der SPD längst Vorwärtsgespräche. Aber damit ist jetzt erst mal Schluss.

"Rechtlich okay, aber dämlich", urteilte der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) in einem Kommentar über die Lobby-Gespräche von Unternehmen und Interessenvertretern mit SPD-Spitzenpolitikern. Das ZDF-Magazin Frontal 21 hatte in seiner Sendung vom 22. November darüber berichtet, dass die SPD-Tochterfirma Network Media GmbH gegen Zahlungen von 3.000 bis 7.000 Euro SPD-Politiker und Minister an die Vorwärtsgespräche vermittelt haben soll. Ein Verstoß gegen die Regeln der Parteienfinanzierung konnte der Agentur nicht vorgeworfen werden, weil die Treffen mit den Politikern teils von Partnern gesponsert, teils sponsoringfrei organisiert worden seien. Keinesfalls habe die Agentur Gewinne erzielt, so versichert sie auf ihrem Blog . Trotzdem stellte die SPD die Gesprächsreihe umgehend ein. Denn die Negativschlagzeilen schaden nicht nur der Partei. Auch gerät der der Lobbyismus wieder einmal ins schiefe Licht. 

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Käufliche Politik büßt Glaubwürdigkeit ein

"Politik darf nicht käuflich sein, oder auch nur den Anschein erwecken, käuflich zu sein", sagte Christina Deckwirth von Lobbycontrol. Parteieigene Lobbyagenturen und intransparente Geldflüsse, so stellt die NGO auf ihrer Webseite klar, sind nicht zu dulden. Den Lobbyisten kommt Parteiensponsoring aber als attraktive Alternative zur Spende durchaus gelegen. Die NGO forderte die Regierung deshalb auf,Transparenzlücken im Parteiengesetz zu schließen und das Parteiensponsoring klar zu regeln – auch um weitere Gaubwürdigkeitsverluste von der Politik abzuwenden.

Transparenter Lobbyismus bedeutet, dass die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, durch welche Art der Einflussnahme und Interessenvertretung die Gesetzgebung im Land zustande kommt. Externer Sachverstand ist im politischen Prozess auf legislativer Ebene notwendig. Solange Lobbyismus aber mit exklusiv arrangiertem Hinterzimmergeflüster und wildwuchernder Politkumpanei assoziiert wird, kann er von öffentlichen Meinung kaum als demokratisches Instrument akzeptiert werden. Gilt die Presse als vierte Gewalt im Staat, erweckt der Lobbyismus als neue fünfte Gewalt mehr Misstrauen als Vertrauen. Diese Grauzonen gilt es zu klären.

Lobbying ist erst mal nicht verdächtig

Lobbyisten wollen Gesetzesentwürfe prägen, beeinflussen und notfalls zum Kippen bringen, was nicht ungesetzlich ist. Die einzelnen Interessenvertreter und Gruppierungen, die Einfluss auf die parlamentarische Arbeit nehmen, sind zwar nicht direkt demokratisch legitimiert. "In der pluralistischen Demokratie entsteht die Legitimität der Einzelinteressen aber aus ihrer Konkurrenz", erklären die Springer-Autoren Christoph Strässer und Frank Meerkamp in "Lobbying im parlamentarischen Bereich - Politiker im Lobbyfokus" (Seite 220). Privilegierte und  exklusive Zugänge allerdings verursachen gesellschaftliche Machtungleichgewichte. 

Auch das Hintergrundgespräch an sich ist nicht verdächtig oder konspirativ. Die Autoren halten kleine Gesprächsrunden sogar für so selbstverständlich wie jedes Bürgergespräch. Wenn nur nicht die Interessenvertreter selbst aus jedem Kamingeflüster ein Geheimnis machen würden: "Vertraulichkeit und Transparenz müssen sich nicht ausschließen " (Seite 235). 

Kennzeichen von unseriösem Lobbying sind (Seite 235):

  • strafrechtlich relevantes Verhalten wie Bestechung und Bestechlichkeit
  • falsche Identifikation von Akteuren
  • Maximalforderungen statt Kompromissvorschläge und Einbeziehung der Interessen der Entscheidungsträger
  • Druck und Drohungen etwa im Hinblick auf Arbeitsplätze
  • Irreführung der Öffentlichkeit und der Volksvertreter
  • Online-Kampagnen, die in PR-Abteilungen Bürgerbriefe entstehen lassen
  • scheinbar wissenschaftliche Auftragsgutachten
  • Organisationen, die unter dem Deckmantel der Unparteilichkeit auftreten, aber im Hintergrund gesteuert/finanziert werden
  • Verschleierung des Absenders 

Wird jedem Gesetzentwurf eine "legislative Fußspur" angeheftet, kann die Öffentlichkeit nachvollziehen wer, wie und mit welchem Beitrag an der Ausarbeitung des Entwurf mitgewirkt hat. Die Verantwortlichkeiten sind transparent gemacht. Demokratie darf sich nicht Aushalten lass, mahnen Strässer und Meerkamp, "der Gesetzgebungsprozess, der gesamte Prozess, nicht nur die Verantwortung für die Abstimmung, muss in den Händen des Gesetzgebers bleiben" (Seite 236). 

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