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17.11.2022 | Luftschadstoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

EU-Parlament sieht Brennholz nicht als klimaneutral

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Holzheizungen sind derzeit nach Wärmepumpen die zweitbeliebteste Heiztechnologie im Neubau. Doch Holz emittiert Feinstaub und ist nur bedingt klimaneutral – eine Sichtweise, der sich nun auch das EU-Parlament anschließt.

Brennholz ist zwar als erneuerbarer Energieträger beleibt, steht jedoch immer wieder in der Kritik. "Die Feinstaubbelastung steht immer wieder im Mittelpunkt umwelt- und gesundheitspolitischer Diskussionen", benennen die Springer-Autoren Aloys Prinz und David J. Richter in ihrem Zeitschriftenbeitrag Feinstaubbelastung und Lebenserwartung in Deutschland auf Seite 237 einen der möglichen Kritikpunkte.

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Dennoch: Die Wärmewende schreitet voran und mit ihr der Bedarf an Brennholz. 2021 wurden Biomassekessel, allen voran jene auf Pelletbasis mit 76.500 Exemplaren verbaut, so viel wie noch nie zuvor. Auch Kaminöfen, die meist mit Holz betrieben werden, sind beliebt und inzwischen selbst in Baumärkten Mangelware. Brennholz deckt inzwischen 75 Prozent der erneuerbaren Wärme in Deutschland ab.

Stromerzeugung mit Holz nimmt zu

Doch nicht nur im Haushalt wird verstärkt auf Brennholz gesetzt. Großbritannien fährt schon seit Jahren eine Strategie, bei der ein Teil der Kohlekraftwerke auf Biomasse umgerüstet wird. Auch in Deutschland setzen Kommunen landauf, landab auf Biomasse als Brennstoff in der Kraft-Wärme-Kopplung, um so grünen Strom zu erzeugen und ihre Wärmenetze zumindest zu einem Teil grün zu bekommen.

Doch Holz ist an sich weder klimaneutral noch umweltfreundlich. Die Feinstaubemissionen bei holzbefeuerten Kaminöfen sind nach Messungen des Umweltbundesamtes (UBA) mit 382 mg je kWh über 60mal höher als bei einer Gasheizung oder 17mal so hoch wie bei einer Ölheizung. Bei Pelletkesseln sieht es besser aus, hier sind es etwa 73 mg je kWh.

Wissenschaftler warnen schon seit Jahren davor, Brennholz auch in der CO2-Neutralität unkritisch zu sehen. Zwar wurde das CO2, das bei der Verbrennung frei wird, in einem überschaubaren Zeitraum gebildet und lässt sich durch Neuanpflanzungen wieder binden. Doch das ist eine Milchmädchenrechnung. Denn das CO2 wird sofort freigesetzt und erst im Laufe des Baumlebens, bei Nadelhölzern mindestens 30 Jahre, gebunden.

Die Initiative Holzwärme, ein Zusammenschluss von neun deutschen Verbänden, stellt die nachhaltige Bewirtschaftung hiesiger Wälder ins Zentrum ihrer Argumentation, die deswegen seit Jahrzehnten ein Nettowachstum von ein bis drei Prozent aufweisen, was wiederum der CO2-Neutralität des hier eingeschlagenen Brennholzes entgegenkäme. Doch das hier verwendete Brennholz kommt eben zum Gros aus anderen Teilen Europas, insbesondere dem Baltikum, Polen und der Ukraine.

Die EU förderte mit 17 Milliarden Euro pro Jahr die Energieerzeugung aus Biomasse, was fast ausschließlich Holz betrifft. Auch in Deutschland werden etwa Pelletkessel nach wie vor gefördert, obwohl im März 2022 Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums bekannt wurden, die Förderung einzustellen.

Wissenschaftler wirken auf Politik ein

Und das hat Gründe. 500 Wissenschaftler haben in einem offenen Brief erklärt, dass "für jede erzeugte Kilowattstunde Wärme oder Strom wahrscheinlich zwei- bis dreimal so viel CO2 ausgestoßen wird wie bei der Verwendung fossiler Brennstoffe". Sie kritisierten das Fällen ganzer Wälder zur Brennholznutzung und rückten auch wieder den Feinstaub in den Mittelpunkt der Betrachtung. Nach ihren Berechnungen emittierten Holzöfen die zweieinhalbfache Menge an Feinstaub des gesamten Straßenverkehrs.

Dabei könnte zumindest letzteres eingedämmt werden. Gerade für Kaminöfen gibt es Filtersysteme, die entweder elektrostatisch oder mechanisch mittels Keramiken funktionieren. Doch die zulässigen Emissionswerte in Deutschland sind so hoch angesetzt, dass ihr Einbau rein rechtlich nicht nötig ist. Auch die Branche sieht eine Einbaupflicht skeptisch.

Brennholz bleibt erneuerbar, wird aber gedeckelt
Nun scheint zumindest das EU-Parlament der Stimme der Wissenschaft zu folgen. Mitte September 2022 entschieden die Parlamentarier im Zuge der Novellierung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III), die Holzverfeuerung einzuschränken. Brennholz bleibt dem Beschluss nach zwar eine erneuerbare Energiequelle. Die Menge soll jedoch gedeckelt werden und die staatliche Förderung auslaufen. Subventionen soll es nur noch für Bruch- und Restholz bei der Verfeuerung geben, nicht jedoch für extra dafür gefällte Bäume.

"Die Emission von Feinstaub, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Ruß bei Holzheizungen hängt von der Auswahl des Kessels ab, ist jedoch auch bei Verwendung erlaubter Brennstoffe deutlich höher als bei Gas- oder Ölheizungen vergleichbarer Leistungen", bringt Springer-Vieweg-Autor Holger Watter in seinem Buchkapitel Biomasse auf Seite 213 eine der wissenschaftlichen Grundlagen dieser politischen Entscheidung auf den Punkt.

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