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11.04.2024 | Nachhaltige Geldanlagen | Gastbeitrag | Online-Artikel

SFDR fordert interne Kontrolle nachhaltiger Finanzprodukte

verfasst von: Dr. Daniel Pehle

3:30 Min. Lesedauer

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Um die Anforderungen der EU-Offenlegungsverordnung zu erfüllen, muss die Finanzbranche auch interne Kontrollverfahren und eine schriftlich fixierte Ordnung implementieren. Lücken in der Umsetzung eröffnen Rechtsrisiken.

Finanzdienstleister und Anlageberater konzentrieren sich bei der Umsetzung nachhaltiger Finanzprodukte auf Art. 8 und 9 der EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation oder kurz SFDR). Hierbei steht vor allem der Bereich der externen Kommunikation von Nachhaltigkeitsinformationen in der vorvertraglichen Dokumentation, der regelmäßigen Berichterstattung und auf Webseiten im Fokus. Tatsächlich stellt die SFDR aber mittelbar auch Anforderungen an das interne Kontrollsystem (IKS) und die Interne Revision, die die Richtigkeit und Vollständigkeit des extern Kommunizierten absichern müssen. 

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Internes Kontrollsystem muss SFDR reflektieren 

Die European Securities and Markets Authority (ESMA) wies in ihrem "TRV Risk Monitor" auf Seite 23 ausdrücklich darauf hin, dass der Missbrauch der SFDR als Marketinginstrument zu Risiken für Investoren führen können. Das IKS in Form der Aufbau- und Ablauforganisation, der Risikosteuerungs- und 
-controllingprozesse sowie der Risikocontrolling- und Compliance-Funktionen muss daher alle Offenlegungspflichten der SFDR in angemessener Weise reflektieren. 

Bei einem Finanzprodukt nach Art. 8 SFDR muss das IKS beispielsweise sicherstellen, dass die zur regelmäßigen Bestimmung des Erfüllungsgrades der beworbenen beziehungsweise geförderten ökologischen oder sozialen Merkmale herangezogenen Daten eine ausreichende Qualität aufweisen und das angewandte Bestimmungsverfahren auf klaren und kompetenten Zuständigkeiten sowie Kontrollen beruht. 

Überprüfung von ESG-Daten oft lückenhaft

Ein solcher Nachweis ist besonders bei Investitionen in Sachwerte, für die es keine Ratingdaten zu ESG-Faktoren (Environment, Social, Governance) gibt, herausfordernd, das Datenmaterial oftmals selbst erhoben und zu validen Informationen, zum Beispiel mittels Scoring-Modellen, verarbeitet werden müssen. Auch wenn Daten extern bezogen werden, müssen diese durch geeignete Verfahren überprüft werden. 

In einer aktuellen Marktstudie der Aufsichtsbehörde Bafin von Februar 2024 gaben zwar 87 Prozent der befragten Kapitalverwaltungsgesellschaften an, ESG-Daten externer Anbieter auf Plausibilität und Qualität zu prüfen. Allerdings geschieht dies teilweise ohne festen, formalen Überprüfungsmechanismus oder nicht regelmäßig. 

Klare organisatorische Verantwortlichkeiten

Zudem muss die schriftlich fixierte Ordnung vorgeben, wie den Offenlegungsverpflichtungen der SFDR auf Unternehmens- und Produktebene konkret nachzukommen ist und entsprechende Aufgaben kompetenten Verantwortlichen zuweisen. 

Dazu zählt beispielsweise eine Auskunft darüber, wie, durch wen und wann die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt werden und wie diese Informationen auf der Internetseite veröffentlicht und aktuell gehalten werden. Oder auch, nach dem Prinzip "erfüllen oder erklären", warum eine Berücksichtigung nicht erfolgt. Es muss also organisatorisch klar verankert sein, 

  • welche Person und Funktion, 
  • mit welcher Vertretung, 
  • in welchem Prozess, 
  • nach welchen Methoden, 
  • mit welchen Daten, 
  • in welchem Turnus, 
  • mit welcher Kontrolle 

die entsprechenden Tätigkeiten ausübt. 

Gleiches gilt für alle weiteren Tätigkeiten, die zur Erfüllung von Offenlegungspflichten in der vorvertraglichen Dokumentation, der regelmäßigen Berichterstattung und auf Webseiten laufend erforderlich sind. Der damit verbundene Zusatzaufwand ist insbesondere deswegen notwendig, damit Nachhaltigkeitspraktiken nicht übertrieben oder falsch dargestellt und dadurch Investoren angezogen werden. 

Kontrollmängel bergen Greenwashing-Risiken

Sofern entsprechende Ergänzungen der internen Kontrollverfahren zur Einhaltung von SFDR-Anforderungen nicht richtig oder vollständig umgesetzt sind, stehen getroffene Aussagen über ökologische oder soziale Merkmale beziehungsweise Ziele von Finanzprodukten gemäß Art. 8 bzw. 9 SFDR in Frage. Dies führt zu Greenwashing-Risiken, beispielsweise in Form möglicher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht oder durch entsprechende Vorwürfe ausgelöste Reputationsschäden. 

Künftig kommen voraussichtlich Verstöße gegen die geplante EU Green Claims Richtlinie dazu, die sich derzeit im europäischen Gesetzgebungsprozess befindet. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass der Wirtschaftsprüfer über die Ergebnisse seiner Prüfung der Einhaltung der SFDR-Anforderungen im Prüfungsbericht zu berichten und gegebenenfalls festgestellte Mängel zu erläutern hat. 

Überwachung durch die Bafin

Darüber hinaus wird die Einhaltung der Offenlegungspflichten auch durch die Bafin überwacht. Die Bedeutung der internen Umsetzung der EU-Offenlegungspflichten lässt sich nicht zuletzt auch in der Rechtfertigung der Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die DWS bezüglich des Invest ESG Climate Tech Fonds erkennen: Intransparenz der getroffenen Aussagen zu Nachhaltigkeit und deren fehlende Überprüfbarkeit.

Fazit: Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater sollten daher prüfen, ob ihre SFDR-Verpflichtungen vollständig in ihren internen Kontrollverfahren und ihrer schriftlich fixierten Ordnung umgesetzt wurden und etwaige Lücken zur Vermeidung der genannten Risiken schließen.

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