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06.09.2017 | Risikomanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Internationaler Terrorismus lässt deutsche Unternehmen kalt

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4 Min. Lesedauer

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Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihr Geld nicht benutzt wird, um Terroristen zu unterstützen. Was vorbeugend zu tun ist, beschreiben die Anti-Terror-Verordnungen der EU. Nur kennt die auch jeder Firmenchef?

Unterstützt Katar Terroristen? Anfang Juni hatten Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten diesen Vorwurf laut werden lassen, sich auf Sicherheitsgründe berufen, ihre diplomatischen Beziehungen zu dem kleinen reichen Emirat abgebrochen und Sanktionen gegen das Land verhängt. Die Vorwürfe hat Katar zurückgewiesen. In seiner Hauptstadt Doha sitzen wie Heute.de berichtet 64 Unternehmen aus Deutschland. Mit dabei Allianz, Deutsche Bank, Siemens und BMW. Der Katarkonflikt wirft wieder einmal die Frage auf, was es für Unternehmen bedeutet, wenn der Handelspartner plötzlich verdächtigt wird den internationalen Terror zu finanzieren.

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Dem Terror das Geld einfrieren

Auf den Terror vom 11. September 2001 reagierten die Vereinten Nationen mit Resolutionen gegen Osama bin Laden, Al-Quaida und die Taliban, die von der EU in Anti-Terror-Verordnungen und Sanktionslisten umgesetzt wurden. Die EU-Verordnungen 2580/2001 und 881/2002 sollen die Finanzierung des internationalen Terrors bekämpfen, indem Gelder eingefroren und Embargos durchgesetzt werden. Terrorverdächtigen dürfen keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. 

Während die VO 2580/20001 verbietet, Finanzmittel Terroristen und deren Organisation zur Verfügung zu stellen, zielt die VO 881/2002 auf bestimmte, mit dem internationalen Terror in Verbindung stehende Personen und Organisationen, deren Namen in umfangreichen, laufend aktualisierten und öffentlich einsehbaren Sanktionslisten aufgeführt sind. Für Unternehmen bedeutet das, wer gelistete Personen als Mitarbeiter beschäftigt oder mit ihnen Geschäftskontakte pflegt macht sich strafbar. Firmen müssen kontrollieren in wessen Hände ihr Geld gerät, wollen sie nicht gegen das so genannte Bereitstellungsverbot verstoßen. 

Top-Managern ist der Terror kein Thema

Der internationale Terrorismus betrifft Unternehmen und beeinflusst ihre Geschäfte, oft ohne dass sich Führungskräfte dessen bewusst sind. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass acht von zehn Vorständen und Geschäftsführern keine Folgen für ihre Geschäftstätigkeiten befürchten. Rund 100 Top-Manager von Unternehmen ab 500 Mitarbeitern gaben ROC und der MHP Solution Group für die Erhebung "Deutsche Unternehmen und der internationale Terrorismus" Auskunft. Es scheint, so das Fazit der Auswertung, als hätte die Spitze deutscher Unternehmen sich an Terror und Anschlagdrohungen gewöhnt:

  • 82 Prozent glauben, der internationale Terror beeinflusse die Geschäftstätigkeit ihrer Firma nicht
  • 75 Prozent sehen keine Folgen für die eigene Branche
  • 42 Prozent kennen die Anforderungen der EU-Verordnungen kaum
  • 40 Prozent wissen nicht, dass sie etwa durch Lohnzahlungen ins Ausland terrorverdächtige Personen nicht unterstützen dürfen
  • 37 Prozent attestieren sich die für den Terrorlisten-Abgleich erforderliche Compliance-Erfahrung

Zwickmühle Mitarbeiterscreening

Der Umgang mit Beschäftigtendaten wie sie der Terrorlisten-Abgleich erfordert, ist ein heikles Thema, besonders wenn dadurch Mitarbeiter unwissentlich in Verbindung mit terroristischen Aktivitäten gebracht werden. "Bei den Namen auf den Listen handelt es sich überwiegend um Personen, gegen die kein konkreter Verdacht der Unterstützung terroristischer Gruppen besteht. Mit welcher Begründung und aus welchem Anlass Menschen auf diese Listen kommen, ist nicht erkennbar", warnt die Hans-Böckler-Stiftung 2015 in "EU-Anti-Terror-Verordnung und Mitarbeiterscreening" Die Auswertung von fünf Betriebsvereinbarungen zielt darauf, Unternehmen zusätzliche Regelungsinhalte aufzuzeigen mit denen sie vorschnelle Verdächtigungen vermeiden und unschuldig Verdächtigte schneller rehabilitieren können. "Freiheit oder Sicherheit? Eine Zwickmühle", nennen die Autoren der Stiftung das datenschutzrechtliche Dilemma.

Fehleinschätzungen die Imageschäden verursachen, Geldbußen und Reputationsverlust, weil Gefahren im Arbeitsalltag nicht erkannt wurden. Wie Unternehmen Compliance-Verstöße aufklären und mit Maßnahmen der regelmäßigen Selbstkontrolle auf Verdachtsfälle reagieren, erklären die Springer-Autoren Lena Rudkowski und Alexander Schreiber. Sie weisen darauf hin, dass es keine allgemeine Pflicht zum Anti-Terror-Screening von Mitarbeiterdaten gibt. Aber: "Kommt es aber zu Verstößen gegen das Bereitstellungsverbot, haftet der Arbeitgeber" (Seite 69). Der Einsatz von Programmen zum Datenabgleich sowie der konkrete Abgleich mit er Sanktionsliste benötigen in jedem Fall die Mitbestimmtung durch den Betriebsrat. 

Was ist Freiheit und was Sicherheit?

Abgeglichen werden lediglich die Namen der Arbeitnehmer, private Aktivitäten oder persönliche Einstellungen forscht der Arbeitgeber nicht aus. Weil der Datenabgleich im Interesse der allgemeinen Sicherheit durchgeführt werde, sei eine regelmäßige Kontrolle nicht nur legitim sondern erforderlich schreiben die Autoren. "Der Eingriff in die Privatsphäre des Arbeitnehmers dagegen ist gering: Die Terrorliste ist öffentlich zugänglich, steht er auf der Liste, ist dies mithin für jeden ersichtlich." (Seite 69/70).

"Sicherheit vs. Freiheit?" fragen sich die Springer-Autoren Hendrik Hegemann und Martin Kahl. Sie warnen davor, nach der Viel-hilft-viel-Devise durch Fehlinterpretation zu stigmatisieren. Noch ein Dilemma - nicht nur für Unternehmen: "Entscheidungen und Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus sind im Lichte einer Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit immer schwierig, nicht zuletzt weil es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was genau unter "Sicherheit" und "Freiheit" zu verstehen ist" (Seite 185). 

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