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Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management 1/2024

Open Access 21.03.2024 | Schwerpunkt

Fachkräftemangel in der IT: Wie kann die KI helfen?

verfasst von: Prof. Dr. Marco Barenkamp, LL.M.

Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management | Ausgabe 1/2024

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Der Fachkräftemangel in Deutschland ist auf einem Rekordniveau und entwickelt sich zu einem ernsten und anhaltenden Problem, welches unterschiedliche Branchen und Regionen betrifft. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, um ihre ausgeschriebenen Stellen zu besetzen, da es an Bewerbern mit den erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten mangelt. Die Gründe für den Fachkräftemangel sind vielfältig. Einerseits trägt die demografische Entwicklung dazu bei, dass weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten, während gleichzeitig ältere Arbeitnehmer aus dem Berufsleben ausscheiden. Dieser Trend wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen, wenn die Jahrgänge der Babyboomer in die Rente eintreten werden. Dazu kommt die gute Auftragslage in vielen Wirtschafsbereichen, was zu einem erhöhten Personalbedarf führt. Gemäß einer Studie des ifo Instituts leidet fast die Hälfte der Unternehmen in Deutschland am Fachkräftemangel [1].
Die IT-Branche ist vom Fachkräftemangel ganz besonders betroffen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist angespannt und es ist davon auszugehen, dass sich der Fachkräftemangel in der Zukunft weiter verschärfen wird. Der IT-Fachkräftebedarf zieht von Jahr zu Jahr an, während gleichzeitig das Interesse am Informatikstudium zurückgeht. In der Folge können die ausgeschriebenen IT-Stellen nur schwer besetzt werden und blieben im Jahr 2022 im Durchschnitt 7,1 Monate vakant [2]. Der Hauptgrund für den Anstieg offener IT-Stellen ist zum einen die gute wirtschaftliche Lage in der IT-Branche und zum anderen der Ausbau der digitalen Infrastruktur sowie die Digitalisierung. Im Jahr 2022 konnten durchschnittlich über 60 % der offenen IT-Stellen nicht mit den passenden Fachkräften besetzt werden [3].
Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Artikel untersucht, wie KI erfolgreich eingesetzt werden kann, um dem akuten Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. Dazu werden zunächst die Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die Unternehmen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands untersucht. Anschließend wird aufgezeigt, warum Digitalisierung und Automatisierung in Verbindung mit dem Einsatz moderner KI-Lösungen die einzige adäquate Möglichkeit darstellen, den Fachkräftemangel in der Branche nachhaltig zu lösen, den Wettbewerbsstandort zu stärken und die Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.

Auswirkungen des Fachkräftemangels

Der Fachkräftemangel hat drastische Auswirkungen auf die Unternehmen, sofern die Stellen auch langfristig nicht besetzt werden können. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Der Fachkräftemangel führt einerseits zu einer verbesserten Verhandlungsposition der Fachkräfte und Unternehmen sind gezwungen, das Lohnniveau anzuheben, wodurch die Personalkosten ansteigen. Diese erhöhten Kosten können nur teilweise an die Kunden weitergegeben werden und führen daher in der Regel zur Reduktion der Unternehmensprofitabilität. Zudem führt der Fachkräftemangel zu einer höheren Arbeitsbelastung des Personals, da zusätzliche Arbeit aufgrund einer steigenden Nachfrage nicht durch kurzfristige Neueinstellungen kompensiert werden kann und daher auf die bestehende Belegschaft aufgeteilt werden muss. Einfluss auf die erhöhte Arbeitsbelastung hat ebenso eine gesteigerte Fluktuation der Arbeitskräfte, da neu angeworbene Kolleginnen und Kollegen eingearbeitet werden müssen, was die Arbeitsproduktivität der Belegschaft im Alltag reduziert. Insofern hat der Fachkräftemangel einen negativen Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit. Deutsche Unternehmen sind weniger leistungsfähig, was wiederum den Arbeitnehmern schadet und deren Arbeitsplätze gefährdet [4].

Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen

Neben dem Fachkräftemangel steht die deutsche Wirtschaft vor weiteren großen Herausforderungen, die sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auswirken. Dazu zählt in erster Linie die Bewältigung der Coronakrise und ihrer Folgen. Zudem steigt der Wettbewerb zwischen den Nationen weiter an [5]. Ebenso verlieren Deutschland und Europa gegenüber anderen Weltregionen zunehmend an technologischer und wirtschaftlicher Bedeutung [6], insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz.
Im internationalen Vergleich ist die Abgabenquote in der Bundesrepublik mit fast 40 % sehr hoch [7]. Gleichzeitig reicht die überdurchschnittlich hohe Produktivität der deutschen Industrie nicht aus, um die hohen Stückkosten in Deutschland zu kompensieren [8]. Es stellt sich zunehmend die Frage, ob die Qualität deutscher Produkte und Dienstleistungen deren überdurchschnittlich hohen Preise am Weltmarkt rechtfertigt. Deutschland muss dringend eine geeignete Lösung finden, um seine internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden.

Lösungsansätze

Häufig werden als Lösungsmöglichkeiten für den Fachkräftemangel die Rekrutierung internationaler Fachkräfte und Remote Work aus dem Ausland sowie die Integration von Quereinsteigern und Aufsteigern diskutiert [2, 3, 9]. Aber möglicherweise kann eine technologische Lösung ebenso hilfreich sein: die Automatisierung repetitiver Tätigkeiten durch moderne KI-Technologien. Die Mitarbeiter werden entlastet und für wertschöpfende Aktivitäten freigesetzt. Zudem können nicht zu besetzende Stellen zumindest zum Teil durch KI-Lösungen abgelöst werden, was die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens steigert. Diese erhöhte Leistungsfähigkeit ist wiederum vorteilhaft für das Bestandspersonal, macht es doch den Arbeitgeber resilienter und robuster für die Zukunft. Doch hierzu bedarf es eines differenzierten Mindsets, um die Vorbehalte und Ängste vor einer technologiegetriebenen Arbeitslosigkeit abzubauen.
Technologische Arbeitslosigkeit ist eine Angst, die im Zusammenhang mit neuen Technologien häufig entsteht. In den meisten Fällen waren diese Befürchtungen jedoch unbegründet. Stattdessen haben neue Technologien die Arbeitsproduktivität und die Einkommen rückblickend stets gesteigert. Künstliche Intelligenz ist nicht in der Lage, alle Arbeitsplätze zu ersetzen. Sie wird nicht der Kollege der Zukunft sein, sondern vielmehr ein Werkzeug, wie ein Taschenrechner oder ein Computer, das das aktuelle Berufsprofil effizienter werden lässt. Es ist daher absehbar, dass Arbeitsplätze in naher Zukunft nicht mehr ohne KI-Anwendungen auskommen werden und die Qualifikation von Fachkräften durch ein hohes Maß an Digital- bzw. KI-Kompetenz bestimmt wird [6].
Mithilfe von KI-Technologien können nicht nur einfache Routinetätigkeiten automatisiert, sondern inzwischen sogar durch Nutzung sogenannter generativer KI Inhalte wie Texte, Bilder und Videos automatisch generiert werden. Dadurch können viele der heutigen beruflichen Tätigkeiten von KI übernommen werden [10]. Der Einsatz moderner KI-Anwendungen ist somit eine notwendige Investition in die Zukunft, deren Vernachlässigung zukünftig höchstwahrscheinlich mit beträchtlichen Wettbewerbsnachteilen verbunden sein wird. Um im internationalen Vergleich weiter konkurrenzfähig zu bleiben, müssen deutsche Unternehmen KI-Innovationen nicht nur selbst einsetzen, sondern auch aktiv vorantreiben [11]. Dabei ist KI keinesfalls auf die IT-Abteilung beschränkt, sondern kann in allen Unternehmensbereichen eingesetzt werden. Dazu zählen beispielsweise Marketing und Vertrieb, Finanzen und Rechnungswesen, Beschaffung und Logistik sowie Kundenservice. In der Folge führt der Einsatz von KI zu Umsatz- und Effizienzsteigerungen sowie zur Kostensenkung und Risikoreduktion, wodurch langfristig Wettbewerbsvorteile realisiert werden können [10].

Fazit

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Deutschland vor großen Herausforderungen steht. Unternehmen, die sich diesen Herausforderungen nicht stellen und adäquate Lösungen finden, werden langfristig Wettbewerbsnachteile erlangen und Arbeitsplätze gefährden.
KI-Technologien sind eines der naheliegendsten Mittel, um die aktuellen Herausforderungen zu meisten. Dadurch können Routinetätigkeiten automatisiert werden, wodurch die Arbeitskräfte entlastet und für wichtigere und erfüllende Aktivitäten freigestellt werden. Entgegen der häufig vorgetragenen Skepsis, dass Arbeitsplätze durch den Einsatz von KI vernichtet würden, sorgt sie stattdessen für deren langfristigen Erhalt sowie eine Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Daher sollten Arbeitnehmer eine intrinsische Motivation besitzen, möglichst viele Tätigkeiten mithilfe von KI zu automatisieren, um Kostenvorteile zu realisieren und ihre Arbeitsplätze langfristig zu sichern.
Die Nutzung moderner KI-Technologien bietet eine Lösung, um Routineaufgaben zu automatisieren, Arbeitskräfte für wichtigere Tätigkeiten freizusetzen und die Wettbewerbsfähigkeit sowie Arbeitsplatzsicherheit zu stärken
Der Fachkräftemangel in Deutschland, besonders ausgeprägt in der IT-Branche, führt zu steigenden Personalkosten, erhöhter Arbeitsbelastung des Personals und gefährdet die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.
Zusammenfassung
Der Fachkräftemangel in Deutschland, insbesondere in der IT-Branche, verschärft sich, was zu langen Vakanzen bei IT-Stellen führt und sowohl die Arbeitsbelastung erhöht als auch die Profitabilität von Unternehmen reduziert.
Die Automatisierung von Routinetätigkeiten durch KI entlastet Mitarbeiter, steigert die Produktivität und trägt zur Besetzung schwer zu besetzender Stellen bei, was die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stärkt.
Entgegen der Befürchtung, dass KI Arbeitsplätze ersetzt, wird sie eher als effizientes Werkzeug betrachtet, das zur langfristigen Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt
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Literatur
Metadaten
Titel
Fachkräftemangel in der IT: Wie kann die KI helfen?
verfasst von
Prof. Dr. Marco Barenkamp, LL.M.
Publikationsdatum
21.03.2024
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Wirtschaftsinformatik & Management / Ausgabe 1/2024
Print ISSN: 1867-5905
Elektronische ISSN: 1867-5913
DOI
https://doi.org/10.1365/s35764-024-00515-4

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