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21.06.2023 | Venture Capital | Schwerpunkt | Online-Artikel

Grüne Start-ups profitieren von steigenden VC-Investitionen

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Die Venture Capital (VC)-Finanzierungen für Start-ups mit Climate-Tech-Schwerpunkt haben in den vergangenen Jahren enorm zugelegt. Laut KfW Research bleiben grüne Jungunternehmen auch künftig im Fokus der Wagniskapitalgeber.

Vor wenig mehr als zehn Jahren brauchten Start-ups mit einer Ausrichtung auf Klimaschutztechnologien bei der Suche nach den nötigen Finanzmitteln einen langen Atem. Die Finanzierungen durch Wagniskapitalgeber, sogenannte VC-Investoren, lagen in Deutschland 2009 bei insgesamt 53 Millionen Euro. Im Jahr 2022 sammelten die grünen Jungunternehmen 1,6 Milliarden Euro ein. Es war laut einer Analyse von KfW Research das zweitstärkste Jahr nach 2021, als 2,6 Milliarden Euro in die Kassen der aufstrebenden Innovatoren flossen. Der aktuelle Rückgang sei vor allem der Mitte 2022 eingeläuteten Zinswende geschuldet. Für ihren aktuellen "Fokus Volkswirtschaft" werteten die Experten aktuelle Transaktionsdaten der Datenbank Dealroom.com aus.

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Climate-Tech ist 'next big thing'

Unter dem Begriff Climate-Tech werden Technologien zusammengefasst, die auf die Vermeidung oder Reduzierung von Treibhausgasemissionen abzielen oder bei der Anpassung an die Auswirkungen der globalen Erwärmung helfen, so die KfW-Research-Ökonomen. "Diesen Sektor haben Venture-Capital-Investoren nach dem Platzen der Tech-Blase in den frühen 2000er Jahren als 'next big thing' für sich entdeckt und bereits Milliardensummen investiert", schreibt Roberto Moro-Visconti im englischsprachigen Buchkapitel "Decarbonizing the Global Economy: The Valuation of Climate-Tech Firms" (Seite 481). 

Hierzu zähle jedes neue Geschäftsmodell oder Technologie, die die Produktionsprozesse verbessert und effizienter macht und zugleich die negativen Auswirkungen auf die Umwelt minimiert. Im Zentrum stehen dabei saubere Energie und Luft, aber auch die Wasserversorgung, die Logistik und das Recycling, die Verringerung von Müll, verbesserte Lieferketten und Herstellungsprozesse sowie die von den Unternehmen genutzten Gebäude, führt der Springer-Autor aus. 

Große Bedeutung für deutschen VC-Markt

Oftmals handele es sich um hochinnovative Technologien, die Chancen auf enorme Innovationssprünge in sich bergen, erläutern die KfW-Ökonomen. "Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Climate-Tech-Investitionen in Deutschland traditionell eine vergleichsweise hohe Bedeutung für den VC-Markt haben. Bereits im Zeitraum von 2009 bis 2012 war der Anteil des Investitionsvolumens am gesamten deutschen VC-Markt mit durchschnittlich 8,9 Prozent deutlich höher als in wichtigen Vergleichsmärkten, wie etwa den USA, dem Vereinigten Königreich oder Frankreich", führen die Volkswirte aus. 

Auch in den zurückliegenden vier Jahren erreichte das Segment in Deutschland ihnen zufolge mit einem durchschnittlichen Investitionsvolumen von 13,3 Prozent am gesamten VC-Markt erneut einen deutlich höheren Marktanteil als in Großbritannien und den USA mit jeweils rund acht Prozent. Nur Frankreich knackte diese Werte mit einer Quote von 13,6 Prozent von 2019 bis 2022 knapp. 

"Gleichwohl ist der VC-Markt insgesamt in Deutschland gemessen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes kleiner als in wichtigen Vergleichsmärkten", betonen die Experten. Folglich stehe Climate-Tech-Start-ups in der Bundesrepublik weniger Wagniskapitel zur Verfügung. Das belege das investierte Deal-Volumen pro Transaktion: Bezogen auf die Anzahl der am Markt aktiven Start-ups im Bereich der grünen Klimatechnologien lag das in den USA mit 13,6 Millionen Euro pro Unternehmen rund 4,7-fach höher als in Deutschland mit 2,9 Millionen Euro.

Kapitalbedarf zu Beginn besonders hoch

Dabei haben Start-ups mit entsprechenden Geschäftsmodellen in der Entwicklungsphase einen besonders hohen Kapitalbedarf, so die Ökonomen. Allen voran bei großvolumigen Finanzierungsrunden im Wachstumsbereich seien die Jungunternehmen deshalb häufig auf ausländische Investoren angewiesen. So stammten in den Jahren 2019 bis 2022 bei der Seed-Finanzierung rund 45 Prozent der Mittel von in Deutschland ansässigen Investoren. 

In dieser Phase "wird das Geschäftsmodell geplant, der Markt analysiert und ein Businessplan, welcher das Geschäftsmodell beschreibt und meist als Grundlage zur externen Finanzierung dient, erstellt. Erste Forschungs- und Entwicklungsarbeiten werden durchgeführt und Produktprototypen aufgebaut", erläutern Jörn Littkemann, Christian Geyer und Sabrina Jung auf Seite 103 des Buches "Innovationen in der Wirtschaft". 

Deutsches Kapital sinkt in späten Phasen

Bei späteren Finanzierungsrunden in der sogenannten Scale-up-Phase sind nur noch 17 Prozent deutsche Kapitalgeber aktiv, heißt es im Report. Demgegenüber klettere der Anteil von US-Investoren in dieser Entwicklungsstufe auf 23 Prozent. "Auffällig ist außerdem das hohe Engagement asiatischer Investoren bei deutschen Climate-Tech-Unternehmen aus dem Scale-up-Bereich mit insgesamt 26 Prozent des Investitionsvolumens", heißt es im Report. Davon entfallen beispielsweise über acht Prozent auf japanische Geldgeber. Knapp über drei Prozent stammt von chinesischen Investoren. 

Dabei kommt das Wagniskapital der Untersuchung zufolge nicht allen Geschäftszweigen gleichermaßen zugute. Das gilt zum Beispiel für Branchen, die in Deutschland am meisten zu den CO2-Emissionen beitragen. Dieses Missverhältnis stellen die Analysten von KfW Research auch auf globaler Ebene fest. "In Deutschland entfielen von 2019 bis 2022 durchschnittlich etwa nur sieben Prozent der VC-Investitionen in Climate-Tech auf den Industriesektor, obgleich dieser die zweitgrößte Quelle von CO2-Emissionen darstellt und gerade hier aktuell noch großes Potenzial zur Emissionsminderung durch technische Innovation besteht", so die Fachleute.

Climate-Tech bietet Wachstumschancen

Dabei gehen fast alle von den Volkswirten im dritten Quartal 2022 befragten Kapitalgeber davon aus, dass in diesem Bereich größere (34 Prozent) oder große (62 Prozent) Wachstumschancen bestehen. "Somit ist Climate-Tech das Technologiefeld, dem die Investoren aktuell die stärksten Wachstumschancen zusprechen."

Gleichzeitig verbinden diese mit den Klimaschutztechnologien auch knapp überdurchschnittlich hohe technologische und regulatorische Risiken im Vergleich zu anderen Bereichen. Insbesondere Risiken bei der Entwicklung von Produkten, die zur bestehenden Nachfrage am Markt passen, und hohe Anforderungen bei Finanzierungsdauer und -volumen von grünen Start-ups werden als herausfordernd wahrgenommen. Als noch risikoreicher bewerten Wagniskapitalgeber allerdings Investitionen in die Sektoren Healthtech, Biotech und Life Science, Fintech und Blockchain/Crypto.

Eine überdurchschnittliche Renditeerwartung durch einen hohen Exit-Erlös sollen die Risiken ausgleichen, erläutern Littkemann, Geyer und Jung. Hierfür müsse sich das Start-up skalieren und erfolgreich am Markt etablieren. "Weiterhin werden den VC-Gebern klar definierte und im Beteiligungsvertrag rechtlich gesicherte Informations-, Mitwirkungs- und Kontrollrechte am Start-up gewährt", so die Springer-Autoren.

Klimaneutralität braucht Innovation

"Deutschland will bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden - dieses Ziel erfordert enorme Innovationssprünge. In vielen Branchen werden aktuell unter Hochdruck neue Technologien entwickelt, um Klimaziele zu erreichen und innovative Lösungen für eine klimaneutrale Welt beizusteuern. Der deutsche VC-Markt hat diesen Trend in den letzten Jahren verstärkt aufgegriffen", erläutert KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib und ergänzt: 

Um die großen Wachstumsmöglichkeiten von Climate-Tech auch in Zukunft nutzen zu können, kommt es darauf an, ein bedarfsgerechtes Finanzierungsangebot für Start-ups hierzulande noch weiter zu stärken. Außerdem ist eine Klima- und Nachhaltigkeitspolitik zentral, die den Rahmen setzt, so dass die Unternehmen Planungssicherheit haben und die notwendigen Investitionen ein attraktives Risiko-Rendite Profil aufweisen können. Das ist der beste Anreiz damit Start-ups und Unternehmen in die Transformation investieren."

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