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01.09.2022 | Verkehrsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Intelligentes Verkehrsmanagement reduziert CO2-Emissionen

verfasst von: Christiane Köllner

5 Min. Lesedauer

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Intelligente Verkehrsmanagementsysteme sollen einer Analyse zufolge bis 2027 weltweit 205 Millionen Tonnen CO2 einsparen können. Dies gelingt vor allem durch einen optimierten Verkehrsfluss und Stauvermeidung. 

Geschickte Ampelschaltungen, clevere Logistik und vernetzter Individualverkehr: Intelligente Mobilität kann CO2-Emissionen sparen und den Klimaschutz unterschützen. So könnten bis 2027 die weltweiten Einsparungen von CO2-Emissionen durch intelligente Verkehrsmanagementsysteme bei 205 Millionen t liegen, wie die Studie "Smart Traffic Management – The End of Urban Congestion" von Juniper Research prognostiziert. In diesem Jahr hätten die CO2-Einsparungen 145,7 Millionen t betragen. Die für das Jahr 2027 berechnete Einsparung entspreche fast dem Doppelten der CO2-Emissionen des britischen Inlandsverkehrs im Jahr 2019. 

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Intelligente Verkehrsinfrastruktur

Lösungen für smarte Mobilität in einer Stadt bedürfen intelligenter Verkehrsinfrastruktur. Sie muss an die lokalen Gegebenheiten angepasst werden, aber auch wirtschaftlich leistbar sein. Daher ist an skalierbaren Umsetzungen zu arbeiten, die auch Querschnittsthemen wie vernetztes Fahren oder IoT berücksichtigen. Technologisch braucht es dafür effiziente Kommunikationsnetzwerke, Sensorik und Zentralensysteme, um Anwendungen wie die stadtübergreifende Verkehrsregelung, multimodale Reise durch die Stadt oder smarte Fußgängerübergänge zu realisieren.

Der wichtigste Einflussfaktor soll laut der Studie die Verringerung von Staus durch optimierte Verkehrssteuerung sein. Denn notwendige Halte zum Beispiel an Ampeln sind mit Brems- und Beschleunigungsvorgängen verbunden, die die Emissionen des urbanen Straßenverkehrs stark beeinflussen. Weniger Halte bedeuten daher einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss, weniger Wartezeitverluste und geringere Umweltauswirkungen. Intelligentes Verkehrsmanagement nutzt dazu digitale Technologien auf der Grundlage von Echtzeitdaten, um Staus zu verringern und die Emissionen zu minimieren. Die Studie macht hierbei intelligente Kreuzungen als entscheidenden Treiber aus. Ihr zufolge sollen intelligente Kreuzungen die Zahl der im Verkehr verbrachten Stunden bis 2027 weltweit um durchschnittlich 36 Stunden pro Jahr und Autofahrer verringern.

Steigende Investitionen in intelligente Kreuzungen

Kreuzungen sind sozusagen die Königsdisziplin der Verkehrsplanung und eine neuralgische Stelle der Smart City. Der Studie prognostiziert, dass die Investitionen in intelligente Kreuzungen bis 2027 auf 10,2 Milliarden US-Dollar steigen werden, gegenüber 5,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022. Sie geht davon aus, dass sich die Anbieter von intelligenten Kreuzungen auf die Verbesserung der Konnektivität zwischen Straßenfahrzeugen und dem lokalen Straßennetz konzentrieren werden, was die Smart-City-Initiativen der Regierungen widerspiegelten. Die Anbieter müssten die niedrigen Latenzzeiten von 5G in Kombination mit Algorithmen für maschinelles Lernen nutzen, um Netzwerkanpassungen in Echtzeit zu ermöglichen und den Verkehrsfluss zu verbessern. 

Ein ergänzender Ansatz, um den Verkehrsfluss zu verbessern, besteht darin, das Straßenprofil und die bevorstehenden dynamischen Ereignisse wie Ampeln vorherzusehen. V2X-Technologien sollen diese Vorhersage ermöglichen, eine Reduzierung der CO2-Emissionen sowie eine Verbesserung des Verkehrsflusses erlauben, wie die Springer-Autoren von Valeo im Kapitel A Green Light Optimal Speed Advisor for Reduced CO2 Emissions des Buchs Energy Consumption and Autonomous Driving erklären. Eine der von Valeo im Rahmen des Co-Drive-Projekts entwickelten Funktionen ist das Glosa-System (Green Light Optimal Speed Advisory). Dieses System weist den Fahrer an, seine Geschwindigkeit so anzupassen, dass er die nächste Ampel in der Grünphase sicher passieren kann. Das verhindere unnötige Stoppzeiten und Beschleunigungen im Stadtverkehr. 

Kooperative Lichtsignalanlagen

Bereits heute "werden zum Beispiel Lichtsignale verkehrsabhängig geschaltet, damit Fahrzeuge auf Straßenkreuzungen besser aufgenommen und abgeleitet werden können", erklären Forschende der Universitäten in Tübingen, Darmstadt und Karlsruhe sowie von Mercedes-Benz im Artikel Situationsabhängig geregelter Verkehr durch automatische Koordination von Fahrmanövern aus der ATZelektronik 6-2022. Künftige Anwendungsfälle für kooperative Ampeln sehen die Autoren von Valeo zum Beispiel bei Rotlichtverstößen, der Grünphasenanforderung für Einsatzfahrzeuge oder in der adaptiven Routenführung. 

Langfristig könnten auch automatisierte Fahrzeuge vom Einsatz kooperativer Ampelanlagen profitieren, um redundante Informationen für die Bewältigung von Kreuzungen zu erhalten. Erste kooperative Lichtsignalanlagen sind bereits im Einsatz. Für Springer-Autor Jürgen Krimmling sind vor allem hinsichtlich automatisierter Fahrzeuge hochgradig vernetzte Mobilitätssysteme notwendig:

Kooperative Lichtsignalanlagen werden die Zukunftstechnologie sein, insbesondere zur Realisierung automatisierter Fahrfunktionen im Kfz-Verkehr und ÖPNV", prognostiziert Springer-Autor Krimmling im Kapitel Kooperative Lichtsignalanlagen des Buchs Ampelsteuerung.

Intelligente Logistik und vernetzter Individualverkehr

Neben einer optimierten Verkehrssteuerung können auch intelligente Logistik und ein vernetzter Individualverkehr Mobilitätsemissionen reduzieren. Wie der Digitalverband Bitkom errechnet hat, ließen sich mit beschleunigter Digitalisierung in der Logistik bis zu 8 Millionen t CO2 im Jahr 2030 einsparen. Intelligente Logistik basiere dabei auf zwei Hebeln: einer Routen- und Frachtoptimierung sowie additiver Fertigung, die eine bedarfsgerechte und lokale Fertigung von Produkten ermögliche und so globale Lieferketten verkürze. 

Mit einem vernetzten Individualverkehr ließen sich laut Bitkom bis zu 4 Millionen t CO2 im Jahr 2030 einsparen. Hierbei sollen Ride- und Carsharing-Apps zu einer verbesserten Verkehrsanbindung führen, die Verkehrsbelastung reduzieren und die Fahrzeugwartung optimieren. "Steigt die Nachfrage und das Angebot an geteilten Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing oder Ridesharing deutlich, kann auch hier die Automatisierung zu einer zusätzlichen Verbesserung der Effizienz des gesamten Verkehrssystems beitragen", so die Springer-Autoren Michael Krail und Claus Doll im Kapitel Verkehrliche und ökologische Wirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens des Buchs Mobilität der Zukunft.

Cybersicherheit als Grundvoraussetzung

Intelligente Verkehrsmanagementsysteme bergen also einerseits Potenziale für Effizienz und Nachhaltigkeit. Andererseits ergeben sich neue Herausforderungen für den Schutz von Infrastrukturen und Verkehrssystemen vor Datenausfällen und (Cyber‑)Angriffen. Daher sind robuste Cybersicherheitsstrategien unerlässlich, um Bedrohungen der Integrität der Straßeninfrastruktur zu verhindern. Neben der funktionalen Sicherheit spielt gleichermaßen der Schutz personenbezogener Daten eine wichtige Rolle.

Wie wichtig die Absicherung der Fahrzeuge sowie auch der Infrastruktur ist, erklärt Jochen Schönweiß von Secunet im Interview "Hochgradig vernetzte Systeme bieten eine große Angriffsfläche" aus der ATZelektronik 6-2021. "Hochgradig vernetzte Systeme bieten eine große Angriffsfläche. Dies kann schwerwiegende Folgen sowohl für einzelne Fahrer haben als auch für die gesamte Infrastruktur, zum Beispiel wenn der Verkehrsfluss vorsätzlich gestört wird", so Schönweiß. Die Informationen, auf deren Basis mitunter kritische Entscheidungen getroffen werden, müssten jederzeit vertrauenswürdig und unverfälscht sein. Ebenso sollte laut Schönweiß sichergestellt sein, dass niemand die Konfiguration oder Software im Fahrzeug manipulieren kann. Schönweiß rät: "[...] Cybersecurity [muss] zu einem Standard werden, der bei jeder Produktentwicklung mit eingeplant und eingepreist wird."

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