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2013 | Buch

Wahrscheinlichkeitstheorie

verfasst von: Achim Klenke

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Masterclass

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Über dieses Buch

Seit seinem Erscheinen hat sich das Buch umgehend als Standardwerk für eine umfassende und moderne Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und ihre maßtheoretischen Grundlagen etabliert. Themenschwerpunkte sind: Maß- und Integrationstheorie, Grenzwertsätze für Summen von Zufallsvariablen (Gesetze der Großen Zahl, Zentraler Grenzwertsatz, Ergodensätze, Gesetz vom iterierten Logarithmus, Invarianzprinzipien, unbegrenzt teilbare Verteilungen), Martingale, Perkolation, Markovketten und elektrische Netzwerke, Konstruktion stochastischer Prozesse, Poisson'scher Punktprozess, Brown'sche Bewegung, stochastisches Integral und stochastische Differentialgleichungen. Bei der Bearbeitung der Neuauflage wurde viel Wert auf eine noch zugänglichere didaktische Aufbereitung des Textes gelegt, und es wurden viele neue Abbildungen sowie Textergänzungen hinzugefügt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Grundlagen der Maßtheorie
Zusammenfassung
Im ersten Kapitel werden die Maßtheoretischen Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie gebildet. Wir führen die Mengensysteme (Semiringe, Ringe, Algebren, \(\sigma\)-Algebren) ein, die eine systematische Betrachtung von Ereignissen und zufälligen Beobachtungen in der Wahrscheinlichkeitstheorie erlauben, und bilden den Begriff des Messraums. Mit Hilfe des Maßfortsetzungssatzes konstruieren wir in natürlicher Weise Maße, insbesondere Wahrscheinlichkeitsmaße, auf \(\sigma\)-Algebren. Schließlich betrachten wir Abbildungen zwischen Messräumen und lernen Zufallsvariablen als Spezialfall kennen. Das Kapitel schließt mit einer exemplarischen Behandlung einiger zentraler Wahrscheinlichkeitsverteilungen.
Achim Klenke
2. Unabhängigkeit
Zusammenfassung
Die Maßtheorie, die im ersten Kapitel eingeführt wurde, ist eine lineare Theorie, die keine Abhängigkeitsstrukturen zwischen Ereignissen oder Zufallsvariablen kennt. Wir betreten das Gebiet der Wahrscheinlichkeitstheorie genau an dieser Stelle mit der Definition der Unabhängigkeit von Ereignissen. Wir leiten hieraus den Begriff der Unabhängigkeit von \(\sigma\)-Algebren ab und schließlich den der Unabhängigkeit von Zufallsvariablen. Die Unabhängigkeit ist ein zentraler Begriff der Wahrscheinlichkeitstheorie, die Quantifizierung von Abhängigkeiten eines ihrer wichtigen Anliegen. Das Kapitel schließt mit einer eingehenden Betrachtung der Kantenperkolation: Einem Graphen wie dem ebenen ganzzahligen Gitter werden per Entscheid durch unabhängige Münzwürfe einzelne Kanten genommen. Von Interesse sind die Zusammenhangskomponenten des verbleibenden Graphen.
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3. Erzeugendenfunktion
Zusammenfassung
Ein wichtiges Prinzip in der Mathematik ist es, eine Klasse von Objekten, die man betrachten möchte, in eine andere Klasse von Objekten, mit denen man besser rechnen kann, hinein abzubilden. Diese Abbildung kann eineindeutig sein, etwa bei der Zuordnung von Matrizen zu linearen Abbildungen, oder auch nur manche Eigenschaften eindeutig abbilden, etwa bei Determinanten. Zu der zweiten Kategorie gehören in der Wahrscheinlichkeitstheorie die Kenngrößen wie Median, Erwartungswert und Varianz von Zufallsvariablen. Zur ersten Kategorie hingegen charakteristische Funktionen, Laplace-Transformierte und Erzeugendenfunktionen, die enge Verwandte sind und ihre Nützlichkeit daraus ziehen, dass Addition von unabhängigen Zufallsvariablen in Multiplikation übergeht. Bevor wir in späteren Kapiteln insbesondere die charakteristischen Funktionen ausgiebig behandeln, präsentieren wir hier wichtige Grundideen in der einfacheren Situation der Erzeugendenfunktionen, deren Anwendung aber auf N 0-wertige Zufallsvariablen beschränkt ist.
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4. Das Integral
Zusammenfassung
Nach dem Begriff des Maßraums und der messbaren Abbildung ist das Integral messbarer reeller Abbildungen bezüglich allgemeiner Maße, nicht nur des Lebesgue-Maßes, wie es in den meisten Lehrbüchern zur Analysis behandelt wird, ein Eckstein der systematischen Wahrscheinlichkeitstheorie, der es uns beispielsweise erlaubt, Erwartungswerte und höhere Momente zu definieren. In diesem Kapitel definieren wir das Integral durch Approximation mit Elementarfunktionen und leiten einfache Eigenschaften her wie das Fatou’sche Lemma. Weitere Konvergenzsätze für Integrale folgen in den Kapiteln 6 und 7.
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5. Momente und Gesetze der Großen Zahl
Zusammenfassung
Die wichtigsten Kenngrößen für Zufallsvariablen sind Median, Erwartungswert und Varianz. Der Erwartungswert beschreibt für großes n den typischen ungefähren Wert des arithmetischen Mittels \(\frac{(X_1+\ldots+X_n)}{n}\) von unabhängig und identisch verteilten Zufallsvariablen (Gesetz der Großen Zahl). In diesem Kapitel wird zunächst das schwache Gesetz der großen Zahl betrachtet und danach das starke Gesetz der großen Zahl in der Form von Etemadi vorgestellt. Als Beispiel wird die mittlere Länge zufälliger Nachrichten näher untersucht (Quellenkodierungssatz). Unter zusätzlichen Momentenbedingungen wird die Konvergenzgeschwindigkeit im starken Gesetz der großen Zahl untersucht. Schließlich betrachten wir als wichtiges Beispiel den Poissonprozess.
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6. Konvergenzsätze
Zusammenfassung
Bei der Behandlung des starken und des schwachen Gesetzes der großen Zahl in Kapitel 5 hatten wir implizit schon die Begriffe von fast sicherer und stochastischer Konvergenz von Folgen von Zufallsvariablen kennen gelernt und gesehen, dass die fast sichere die stochastische Konvergenz impliziert. In diesem Kapitel definieren wir die Begriffe von fast sicherer und stochastischer Konvergenz sowie Konvergenz im Mittel von Folgen messbarer Abbildungen und setzen sie in Beziehung zueinander. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Konzept der gleichgradigen Integrierbarkeit zu. Wir behandeln unter anderem den Lebesgue’schen Konvergenzsatz (majorisierte Konvergenz), sowie die Vertauschbarkeit von Ableitung und Integral.
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7. Lp-Räume und Satz von Radon-Nikodym
Zusammenfassung
In diesem Kapitel untersuchen wir die Räume der Funktionen, deren p-te Potenz integrierbar ist. Wir leiten in Abschnitt 7.2 zunächst wichtige Ungleichungen her (Hölder, Minkowski, Jensen) und untersuchen dann in Abschnitt 7.3 den Fall p=2, wo wir Hilberträume vorliegen haben, im Detail. Neben den genannten Ungleichungen sind die wichtigsten Ergebnisse für die Stochastik der Zerlegungssatz von Lebesgue sowie der Satz von Radon-Nikodym in Abschnitt 7.4. Der Leser mag beim ersten Lesen die anderen, eher analytisch als stochastisch ausgerichteten, Teile dieses Kapitels überschlagen.
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8. Bedingte Erwartungen
Zusammenfassung
Wenn über den Ausgang eines Zufallsexperimentes eine Teilinformation vorhanden ist, ändern sich die Wahrscheinlichkeiten für die möglichen Ereignisse. Das Konzept der bedingten Wahrscheinlichkeiten und bedingten Erwartungen formalisiert den zugehörigen Kalkül. Wir beginnen, indem wir die bedingten Wahrscheinlichkeiten gegeben, dass ein Ereignis eintritt, definieren und verallgemeinern das Konzept dann auf bedingte Wahrscheinlichkeiten und bedingte Erwartungswerte gegeben (die Information von) \(\sigma\)-Algebren. Schließlich betrachten die gesamte Verteilung einer Zufallsvariablen gegeben eine \(\sigma\)-Algebra und führen das Konzept der regulären Version dieser Verteilung ein.
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9. Martingale
Zusammenfassung
Einer der wichtigsten Begriffe der modernen Wahrscheinlichkeitstheorie ist das Martingal, das die Idee eines fairen Spiels formalisiert. In diesem Kapitel wird der Begriffsapparat für die Beschreibung allgemeiner stochastischer Prozesse aufgebaut (Filtration, Adaptiertheit, Stoppzeit). Danach werden Martingale, Sub- und Supermartingale eingeführt und einfache Eigenschaften untersucht. Wir führen das diskrete stochastische Integral ein und bringen den Stabilitätssatz und den Martingaldarstellungssatz für dieses. Schließlich studieren wir als Anwendung ein Modell der Finanzmathematik.
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10. Optional Sampling Sätze
Zusammenfassung
In Kapitel 9 haben wir den Stabilitätssatz für Martingale kennengelernt, der besagt, dass Martingale durch die Anwendung gewisser Spielstrategien wieder in Martingale überführt werden. Wir untersuchen in diesem Kapitel ähnliche Stabilitätseigenschaften für zufällig gestoppte Martingale zeigen. Um die Aussagen auch für Submartingale und Supermartingale zu bekommen, geben wir im ersten Abschnitt einen Zerlegungssatz für adaptierte Prozesse an. Im zweiten Abschnitt kommen dann die Optional Sampling und Optional Stopping Sätze.
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11. Martingalkonvergenzsätze und Anwendungen
Zusammenfassung
Wir haben Martingale \(X=(X_n)_{n\in N_0}\) als faire Spiele kennen gelernt und festgestellt, dass sie unter gewissen Transformationen (Optionales Stoppen, diskretes stochastisches Integral) wieder zu Martingalen werden. In diesem Kapitel werden wir sehen, dass unter schwachen Bedingungen (Nichtnegativität oder gleichgradige Integrierbarkeit) Martingale fast sicher konvergieren. Zudem impliziert die Martingalstruktur die L p -Konvergenz schon unter formal schwächeren Annahmen als unter denen, die wir in Kapitel 7 betrachtet haben. Die grundlegenden Ideen dieses Kapitels liegen in der Doob’schen Ungleichung (Satz 11.2) und in der Aufkreuzungsungleichung (Lemma 11.3).
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12. Rückwärtsmartingale und Austauschbarkeit
Zusammenfassung
Bei vielen Datenerhebungen, etwa Telefonumfragen, ist die Reihenfolge, in der die Daten kommen, unerheblich. Mathematisch sprechen wir von austauschbaren Zufallsvariablen, wenn sich die gemeinsame Verteilung unter endlichen Vertauschungen nicht ändert. Der Struktursatz für austauschbare Zufallsvariablen von de Finetti besagt, dass sich eine unendlich große austauschbare Familie von Zufallsvariablen mit Werten im Raum E als Zweistufenexperiment beschreiben lässt: In der ersten Stufe wird eine zufällige Wahrscheinlichkeitsverteilung \(\Xi\) auf E ausgewürfelt. In der zweiten Stufe werden die Zufallsvariablen unabhängig und identisch nach \(\Xi\) verteilt realisiert.
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13. Konvergenz von Maßen
Zusammenfassung
In der Wahrscheinlichkeitstheorie interessiert man sich für Verteilungen, die durch das Zusammenwirken vieler zufälliger Einflüsse zustandekommen. Oftmals lässt sich eine brauchbare Idealisierung erreichen, indem man Grenzwerte solcher Verteilungen anschaut, zum Beispiel, wenn die Anzahl der Einflüsse nach Unendlich geht. Ein Beispiel ist die Konvergenz der Anzahl eingetretener Ereignisse bei vielen seltenen Ereignissen gegen die Poisson-Verteilung (siehe Satz 3.7). Vielfach sind aber auch Skalierungen der ursprünglichen Verteilung notwendig, um das wesentliche Fluktuationsverhalten zu erfassen, etwa im Zentralen Grenzwertsatz. Während diese Sätze mit reellen Zufallsvariablen auskommen, werden wir auch Grenzwertsätze kennen lernen, bei denen die Zufallsvariablen Werte in allgemeineren Räumen annehmen, beispielsweise im Raum aller stetigen Funktionen, wenn wir die zufällige zeitliche Bewegung eines Teilchens modellieren.
In diesem Kapitel wird der Begriff der schwachen Konvergenz von W-Maßen auf allgemeinen (meist polnischen) Räumen eingeführt und untersucht. Hierzu ist eine solide Kenntnis von mengentheoretischer Topologie notwendig. Wir beginnen das Kapitel daher mit einem kurzen Überblick über die verwendeten topologischen Begriffe und Sätze.
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14. W-Maße auf Produkträumen
Zusammenfassung
Das kanonische Vorgehen, um zeitliche Verläufe zufälliger Entwicklungen zu modellieren, ist es, Wahrscheinlichkeitsmaße auf Produkträumen zu modellieren. Grob gesprochen, wird zunächst auf einem W-Raum die Startverteilung modelliert. Dann wir auf einem weiteren W-Raum die Verteilung nach einem Zeitschritt, gegeben den Startwert modelliert. Schließlich wird bei Kenntnis endlich vieler Zustände der nächste Zustand zufällig gegeben die Historie modeliiert. Um den gesamten Prozess auf einem Raum darzustellen, betrachten wir Produkte von W-Räumen und stochastische Kerne zwischen diesen W-Räumen. Der Satz von Ionescu-Tulcea liefert die Existenz eines unendlichen Produktraumes, auf dem der gesamte Prozess definiert werden kann. Schließlich liefert der Erweiterungssatz von Kolmogorov eine ähnliche Aussage auch für Prozesse, die nicht notwendigerweise eine diskrete Zeitmenge haben.
Achim Klenke
15. Charakteristische Funktion und Zentraler Grenzwertsatz
Zusammenfassung
Hauptziel dieses Kapitels ist der Zentrale Grenzwertsatz für Summen unabhängiger Zufallsvariablen (Satz 15.37) und für unabhängige Schemata (Satz von Lindeberg-Feller, Satz 15.43), wobei wir für den letzteren nur die eine Richtung beweisen (Satz von Lindeberg).
Das Hilfsmittel der Wahl für die Behandlung von Zentralen Grenzwertsätzen sind charakteristische Funktionen, also Fouriertransformierte von W-Maßen. Wir beginnen mit einer sehr allgemeinen Betrachtung über Klassen von Testfunktionen, die schwache Konvergenz charakterisieren können, (trennende Funktionenklassen, Satz von Stone-Weierstraß) und betrachten dann Fouriertransformierte im Detail (Levy’scher Stetigkeitssatz, Momente und Differenzierbarkeit, Fourierinversion). Der nachfolgende Abschnitt beweist mit Hilfe von charakteristischen Funktionen den Zentralen Grenzwertsatz für reelle Zufallsvariablen. Im fünften Abschnitt zeigen wir den mehrdimensionalen Zentralen Grenzwertsatz.
Achim Klenke
16. Unbegrenzt teilbare Verteilungen
Zusammenfassung
Die Normalverteilung mit Erwartungswert μ2 und Varianz σ2 lässt sich für jedes natürliche n als n-te Faltungspotenz eines Wahrscheinlichkeitsmaßes schreiben (nämlich der Normalverteilung mit Erwartungswert \(\mu_n^{*n}\) und Varianz \(\frac{\sigma^2}{n}\). Die selbe Eigenschaft, die wir unbegrenzte Teilbarkeit nennen, hat die Poisson-Verteilung. Im ersten Abschnitt untersuchen wir, welche Wahrscheinlichkeitsmaße auf den reellen Zahlen unbegrenzt teilbar sind und geben eine erschöpfende Beschreibung der Klasse dieser Maße durch die Lévy-Khinchin Formel.
Die Normalverteilung hat (im Gegensatz zur Poisson-Verteilung) die Eigenschaft, dass sie als Grenzwert reskalierter Summen von unabhängiger und identisch verteilter Zufallsvariablen auftritt (Zentraler Grenzwertsatz). Im zweiten Abschnitt untersuchen wir knapp die Teilklasse unbegrenzt teilbarer Maße auf den reellen Zahlen, die diese Eigenschaft haben.
Achim Klenke
17. Markovketten
Zusammenfassung
Markovprozesse mit abzählbarem Zustandsraum (und diskreter Zeit) sind trotz ihrer Einfachheit interessante mathematische Objekte, mit denen sich eine Vielzahl von Phänomenen modellieren lässt. Wir bringen hier einen Einblick in die grundlegenden Begriffe (Markoveigenschaft, Übergangsmatrix, Rekurrenz, Transienz, Invariante Verteilung) und schauen ausgewählte Beispiele etwas detaillierter an. So bestimmen wir numerisch sehr genau die erwartete Anzahl von Rückkehrzeiten der einfachen Irrfahrt in mehreren Dimensionen. Ein weiteres Beispiel nutzt Markovketten, um stochastische Ordnungen zu untersuchen.
Der Zusammenhang mit der (diskreten) Potentialtheorie wird erst in Kapitel 19 untersucht. Beim ersten Lesen kann in Abschnitt 17.1 die (etwas abstrakte) Konstruktion von allgemeinen Markovprozessen übersprungen werden.
Achim Klenke
18. Konvergenz von Markovketten
Zusammenfassung
Wir betrachten eine Markovkette X mit invarianter Verteilung \(\pi\) und untersuchen unter welchen Bedingungen die Verteilung von X n für n -> ∞ gegen \(\pi\) konvergiert. Im Wesentlichen ist dafür notwendig und hinreichend, dass der Zustandsraum der Kette nicht in Unterräume zerfällt, die
• von der Kette nicht verlasen werden,
• oder von der Kette beispielsweise nur für ungerade n beziehungsweise nur für gerade n besucht werden. Im ersten Fall wäre die Kette reduzibel, im zweiten hingegen periodisch.
Wir untersuchen Periodizität von Ketten im ersten Abschnitt und zeigen im zweiten den Konvergenzsatz. Im dritten Abschnitt beschäftigen wir uns mit Anwendungen des Konvergenzsatzes für Computersimulationen mit der so genannten Markovketten Monte Carlo Methode. Im letzten Abschnitt beschreiben wir die Geschwindigkeit der Konvergenz gegen das Gleichgewicht mit Hilfe des Spektrums der Übergangsmatrix.
Achim Klenke
19. Markovketten und elektrische Netzwerke
Zusammenfassung
Es gibt einen natürlichen Zusammenhang zwischen elektrischen Netzwerken und so genannten reversiblen Markovketten – dazu gehört etwa eine Irrfahrt auf einem Graphen, die in jedem Schritt mit gleicher Wahrscheinlichkeit zu einem der Graphennachbarn springt. Dieser Zusammenhang wird hier genauer untersucht. Als Anwendung wird der plausible, aber mit anderen Mitteln nur schwer zu zeigende Satz bewiesen, dass eine solche Graphenirrfahrt auf einem Teilgraphen rekurrent ist, wenn sie bereits auf dem größeren Graphen rekurrent war. Insbesondere ist beispielsweise die Graphenirrfahrt auf dem Perkolationscluster des ebenen Zahlengitters rekurrent.
Achim Klenke
20. Ergodentheorie
Zusammenfassung
Gesetze der großen Zahl, zum Beispiel für unabhängige und identisch verteilte Zufallsvariablen \(X_1,\ldots,X_n\) besagen, dass \(\lim\limits_{n\rightarrow\infty}\,\frac{1}{n}\sum_{i=1}^{n}X_i=E[X_1]\) fast sicher konvergiert. Wir können also die Mittelung über die tatsächliche Realisierung vieler Zufallsvariablen mit der Mittelung über die möglichen Realisierungen eines X i vertauschen. In der statistischen Physik spricht man von der Äquivalenz von Zeitmittel und Scharmittel, oder der Mittelung entlang einer Trajektorie (griechisch odos) des Systems gegenüber der Mittelung aller möglichen Zustände mit gleicher Energie (griechisch ergon). Hieraus leitet sich der Begriff der Ergodentheorie ab, die Gesetze der großen Zahl für Zufallsvariablen mit Abhängigkeiten, aber zeitlicher Stationarität liefert.
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21. Die Brown’sche Bewegung
Zusammenfassung
Die Brown’sche Bewegung ist ein zentrales Objekt der Wahrscheinlichkeitstheorie. Grob gesprochen wird eine symmetrische Nächste-Nachbar-Irrfahrt räumlich und zeitlich so skaliert, dass ein zeitstetiger stochastischer Prozess mit stetigen Pfaden und normalverteilten Zuwächsen entsteht. Wir geben verschiedene Konstruktionsprinzipien an: Einmal über den Satz von der stetigen Modifikation (Kolmogorov-Chentsov) und einmal über eine Fourierreihenentwicklung mit zufälligen Koeffizienten à la Paley-Wiener bzw. Lévy. Schließlich wird der funktionale Zentrale Grenzwertsatz (Invarianzprinzip) gezeigt, der besagt, dass geeignet reskalierte Partialsummenprozesse von quadratisch integrierbaren Zufallsvariablen im Pfadraum gegen die Brown’sche Bewegung konvergieren.
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22. Gesetz vom iterierten Logarithmus
Zusammenfassung
Für Summen unabhängiger Zufallsvariablen kennen wir bislang zwei Grenzwertsätze: das Gesetz der großen Zahl und den Zentralen Grenzwertsatz. Das Gesetz der großen Zahl beschreibt für großes \(n\in N\) das typische oder Mittelwertverhalten von Summen von n Zufallsvariablen, während der Zentrale Grenzwertsatz die typischen Fluktuationen um diesen Mittelwert quantitativ erfasst.
Das Thema dieses Kapitels die genauere quantitative Erfassung der typischen Fluktuationen, aber nun im gesamten zeitlichen Verlauf n->∞. Die Botschaft lautet in etwa: Während zu fester Zeit die Partialsumme \(S_n\) um etwa \(\sqrt n\) von ihrem Erwartungswert abweicht (Zentraler Grenzwertsatz), ist die maximale Fluktuation von der Ordnung \(\sqrt{n\,\log\log n}\) (Satz von Hartman und Wintner, Satz 22.11).
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23. Große Abweichungen
Zusammenfassung
Der Zentrale Grenzwertsatz erfasst die typischen Fluktuationen von Summen von Zufallsvariablen sehr präzise. Gesetze der großen Zahl hingegen zeigen von den untypisch großen Abweichungen lediglich, dass sie verschwindende Wahrscheinlichkeit haben (und eben in diesem Sinne untypisch sind).
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit einer quantitativ genaueren Erfassung der Wahrscheinlichkeiten für untypische Fluktuationen (große Abweichungen). Wir zeigen den Satz von Cramér für die großen Abweichungen von Summen reeller Zufallsvariablen und den Satz von Sanov für die großen Abweichungen in diskreten Modellen. Schließlich knüpfen wir mit dem Varadhan’schen Lemma die Verbindung zur statistischen Physik und untersuchen als Beispiel den Weiss’schen Ferromagneten.
Achim Klenke
24. Der Poisson’sche Punktprozess
Zusammenfassung
Poisson’sche Punktprozesse können als ein Grundbaustein zur Konstruktion sehr unterschiedlicher stochastischer Objekte verwendet werden, wie etwa unbegrenzt teilbare Verteilungen, Markovprozesse mit komplexer Dynamik, Objekte der stochastischen Geometrie und so fort.
Wir geben in diesem Kapitel kurz den allgemeinen Rahmen zufälliger Maße an, konstruieren den Poisson’schen Punktprozess und charakterisieren ihn durch seine Laplace-Transformierte. Als Anwendung konstruieren wir einen Subordinator und zeigen, dass der Poisson’sche Punktprozess das invariante Maß von Systemen unabhängiger Irrfahrten ist. Über den Zusammenhang zu Subordinatoren schlagen wir im dritten Abschnitt die Brücke zu den in der Populationsgenetik wichtigen Poisson-Dirichlet und GEM Verteilungen.
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25. Das Ito-Integral
Zusammenfassung
Das Itô-Integral erlaubt es, stochastische Prozesse bezüglich der Zuwächse einer Brown’schen Bewegung oder etwas allgemeinerer Prozesse zu integrieren. Wir entwickeln das Itô-Integral zunächst für die Brown’sche Bewegung und dann für verallgemeinerte Diffusionsprozesse (sogenannte Itô-Prozesse). Im dritten Abschnitt leiten wir die Itô-Formel her. Diese Substitutionsformel für das Itô-Integral erlaubt es, in konkreten Fällen, mit dem Itô-Integral wirklich zu rechnen. Wir wenden die Itô-Formel im vierten Abschnitt an, um eine stochastische Lösung des Dirichlet-Problems zu formulieren.
Hiermit zeigen wir im fünften Abschnitt, dass die Brown’sche Bewegung (wie die symmetrische einfache Irrfahrt) in niedrigen Dimensionen rekurrent ist, in hohen Dimensionen hingegen transient.
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26. Stochastische Differentialgleichungen
Zusammenfassung
Stochastische Differentialgleichungen beschreiben die zeitliche Entwicklung von gewissen stetigen n-dimensionalen Markovprozessen. Im Gegensatz zu klassischen Differentialgleichungen ist nicht nur die Ableitung einer Funktion angegeben, sondern zudem ein Term, der zufällige Fluktuationen beschreibt, die als Itô-Integral bezüglich einer Brown'schen Bewegung kodiert werden. Je nachdem, ob man die konkrete Brown'sche Bewegung als treibende Kraft des Rauschens ernst nimmt oder nicht, spricht man von starken oder schwachen Lösungen. Wir entwickeln im ersten Abschnitt die Theorie der starken Lösungen unter Lipschitz-Bedingungen an die Koeffizienten. Im zweiten Abschnitt lernen wir das (lokale) Martingalproblem als Methode zur Etablierung schwacher Lösungen kennen. Im dritten Abschnitt stellen wir die Methode der Dualität zur Sicherung der Eindeutigkeit von Lösungen an Beispielen vor.
Da die Theorie der stochastischen Differentialgleichungen ein sehr weites Feld ist und die Dinge sehr schnell sehr technisch werden, bringen wir nur kursorisch ein paar der wichtigsten Ergebnisse, zum Teil ohne Beweis, um sie dann an Beispielen zu illustrieren.
Achim Klenke
Backmatter
Metadaten
Titel
Wahrscheinlichkeitstheorie
verfasst von
Achim Klenke
Copyright-Jahr
2013
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-36018-3
Print ISBN
978-3-642-36017-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-36018-3