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20.03.2018 | Automatisiertes Fahren | Kommentar | Online-Artikel

Vision Zero ist nur eine Vision

verfasst von: Christiane Köllner

3:30 Min. Lesedauer

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Es ist der Traum von Null Verkehrstoten: die Vision Zero. Mithilfe des automatisierten Fahrens will man diesem Ziel näher kommen. Doch ist diese Vision jemals zu erreichen? Eher nicht, wie der tödliche Unfall eines autonomen Uber-Autos deutlich macht.

Im US-Bundesstaat Arizona hat sich Sonntagabend ein tödlicher Unfall mit einem selbstfahrenden Auto des Chauffeurdienstes Uber ereignet. Wie die Polizei der Stadt Tempe mitteilte, kollidierte das Fahrzeug mit einer Frau, die dabei tödliche Verletzungen erlitt. Die Frau trat aus einem Schatten heraus mit einem Fahrrad auf die Fahrbahn und wurde von einem selbstfahrenden Volvo der Uber-Testflotte erfasst. Zwar habe ein Fahrer am Steuer gesessen, das Auto sei aber zum Zeitpunkt des Unfalls autonom gefahren. Die US-Polizei hat nach einer ersten Sichtung der Videoaufnahmen Zweifel an der Schuld des Fahrdienstes geäußert. Es sei nach der Untersuchung der Videos deutlich, dass es sowohl im autonomen als auch manuellen Modus sehr schwierig gewesen wäre, den Zusammenstoß zu vermeiden. Nach dem Vorfall hat Uber die Probefahrten seiner Roboter-Wagen zunächst ausgesetzt. 

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Von Fahrerinformation über Fahrerassistenz zum autonomen Fahren

Fahrer benötigen zur sicheren Steuerung ihres Fahrzeugs im Straßenverkehr eine Reihe von Anzeigen. Viele Funktionen zur Fahrerassistenz benötigen Eingaben des Fahrers. Wie auch in den vergangenen Jahren die Funktionsvielfalt gewachsen ist, sind auch Anzeigeund Bedienelemente gestiegen. Im vorangegangen Kapitel wurde bereits die Begrenztheit der menschlichen Leistungsfähigkeit bei der gleichzeitigen Aufnahme und Interpretation von Informationen dargelegt.

Es war der erste tödliche Unfall mit einem Verkehrsteilnehmer durch ein autonom fahrendes Auto. Der Unfall hat kritische Diskussionen in den Medien rund um das Thema autonomes Fahren ausgelöst. Sie machen deutlich: Die Legende vom unfallfreien Straßenverkehr der Zukunft sollte man aufgeben. Es wird ihn nicht geben. Vision Zero ist ein Ziel, aber eben auch eine Vision. Ganz erreichen wird man sie nie. 

Automatisierung kann Zahl der Verkehrstoten reduzieren

Allerdings kann man an der Vision arbeiten. Alleine in Deutschland gab es 2017 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 3.177 Tote im Straßenverkehr. In den vergangenen sieben Jahren hätte sich damit die Zahl der Verkehrstoten nur um circa 471 reduziert. Das Ziel der Bundesregierung, die Verkehrstotenzahlen um 40 Prozent zwischen den Jahren 2010 bis 2020 zu reduzieren, könnte damit gefährdet sein.

Professor Dr.-Ing. Rodolfo Schöneburg, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (FVT) und Centerleiter Sicherheit bei Daimler, sieht in der Automatisierung des Verkehrs eine große Chance, die Verkehrstotenzahlen stärker zu reduzieren. Das erklärte der Sicherheitsexperte auf dem VDI-Expertenmeeting zum Stand der Berliner Erklärung zur Fahrzeugsicherheit vergangenen November in Berlin. Nach Schätzungen der VDI-Sicherheitsexperten ist eine Reduzierung der Verkehrstotenzahl von bis zu 730 Personen bis 2020 durch eine zunehmende Automatisierung im Straßenverkehr möglich. "Dennoch wäre es falsch, den Schluss zu ziehen, man müsse nur den Menschen durch eine Maschine ersetzen, um den Verkehr sicherer zu machen", mahnt Schöneburg. "Denn auch wenn ein automatisiertes Fahrzeug in der Zukunft fehlerfrei arbeiten kann, sind Unfälle auf lange Sicht in einem so vielschichtigen Verkehrsumfeld und mit der heute vorherrschenden Infrastruktur nicht vermeidbar", so der Sicherheitsexperte. Der aktuelle Uber-Unfall scheint Schöneburg recht zu geben. 

Kein Abgesang auf das autonome Fahrzeug

Bisher warnen Kritiker selbstfahrender Autos vor allem vor Fällen, in denen Algorithmen entscheiden müssen, wen sie opfern, wenn ein Unfall unausweichlich sein sollte, also sogenannten Dilemma-Situationen. Der aktuelle Fall zeigt, dass man nicht nur solche komplexe Dilemma-Szenarien im Auge behalten sollte. Auch vermeintlich "alltägliche" Unfallszenarien werden künftig möglich sein. Sicherlich sollten Forschung, Wissenschaft und Industrie ihre Entwicklungen aber auch auf ein solches Szenario hin kritisch überprüfen. Geklärt werden müssen zum Beispiel die Fragen, warum die Sensoren die Frau im Schatten nicht besser erkennen konnten oder der Wagen mit leicht überhöhter Geschwindigkeit (64 km/h statt der erlaubten 56 km/h) unterwegs war? Sicher ist aber: Was es jetzt nicht braucht, sind vorschnelle Statements und ein Abgesang auf das autonome Fahrzeug. Denn das selbstfahrende Auto wird benötigt: Weil menschliches Versagen derzeit die häufigste Unfallursache ist und man mit autonomen Fahrzeugen die Schadstoff- und Verkehrsbelastung in Städten reduzieren kann.

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