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21.03.2022 | Blockchain | Schwerpunkt | Online-Artikel

Die Blockchain bahnt sich in Banken ihren Weg

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Mit der Blockchain werden Prozesse nicht nur schneller und sicherer. Die Technologie eröffnet auch neue Investitions- und Anlagemöglichkeiten sowie innovative Geschäftsmodelle. Sie bietet Banken eine Vielzahl von Einsatzbereichen, birgt aber auch Gefahren.

"Viele Wissenschaftler und Finanzakteure sind sich einig, dass die Blockchain als disruptive Technologie eine wichtige Quelle für Innovationen auf den Finanzmärkten der Zukunft ist und unsere Gesellschaft und die neue Weltwirtschaft revolutionieren könnte", schreibt Pierluigi Martino im Buch "Blockchain and Banking" auf Seite 9. Seit dem Start der Kryptowährung Bitcoin habe sich die Blockchain zu einer Technologie entwickelt, die sowohl den Aufzeichnungsprozess aller Transaktionstypen erleichtern als auch die Bewegung jedes Vermögenswerts verfolgen kann. 

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01.08.2021 | Titel

Zukunftstechnologie besteht Realitätscheck

Die Blockchain gilt als zentraler Hebel für die Entwicklung der Finanzindustrie. Häufig wird das virtuelle Verschlüsselungsverfahren mit Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum in Verbindung gebracht. Doch die Anwendungsgebiete der Geldhäuser gehen bereits weit darüber hinaus.

Wichtige Gründe, warum sich Banken für diese Technologie interessieren, fasst die Studie "Branchenkompass Banking 2021" des Beratungshauses Sopra Steria zusammen: 

Sie lässt sich im digitalen Zahlungs- und Geschäftsverkehr nutzen, um Transaktionen in einer dezentralen Datenbank zu dokumentieren und durch die kryptographische Verkettung von Datensätzen Manipulationen vorzubeugen. Darüber hinaus ist die Technologie die Grundlage für Krypto-Assets [..] sowie für die Tokenisierung, beispielsweise von Immobilien, Bio-Landwirtschaftsbetrieben und Windparks." 

An den neuen Märkten und Geschäftsmodellen, die die Blockchain ermöglicht, wollen die Institute weltweit teilhaben. Laut der Studie, für die rund 100 Bankentscheidern im Sommer 2021 befragt wurden, haben bereits 31 Prozent der Geldhäuser in Deutschland praktische Erfahrungen mit entsprechenden Anwendungen gemacht. Und 29 Prozent planen die Einführung der Technologie. Immerhin 22 Prozent denken über den konkreten Einsatz nach.

Banken vorsichtig beim Umgang mit Bitcoin & Co.

Anfang 2021 hat zum Beispiel die Union Investment (UI) damit begonnen, Bitcoin in einen Mischfonds aufzunehmen. Aus Diversifizierungsgründen, wie Michael Herzum, Leiter der Abteilung Macro & Strategy des Bereichs Research & Investment Strategy bei UI, im Herbst 2021 gegenüber der Zeitschrift "Capital" betonte. Im Ergebnis könne der Kauf dieser Digitalwährung "stabilisierend auf das Gesamtpaket wirken". Allderdings gelte das nur bei einem "begrenzten Volumen". 

Die Landesbank Baden-Württemberg wertet Krypto-Assets in einem aktuellen Kommentar hingegen nicht als Diversifikationsinstrument, da auch ein Totalverlust möglich ist. Die hochvolatilen Anlagen seien kein "sicherer Hafen" und böten auch keinen Schutz vor Inflation. Sie sollten daher allenfalls als "geringfügige Beimischung" in einem Portfolio dienen. Zudem mahnen die LBBW-Experten unter anderem wegen möglicher Cyber-Gefahren sowie operativen und regulatorischen Risiken zur Vorsicht. So ist beispielsweise im März 2022 ein EU-weiter Vorstoß, Kryptowährungen in Europa aufgrund des großen Energieverbrauchs zur Schaffung eines einheitlichen Datenbestands zu verbieten, im europäischen Parlament gescheitert. 

Bei der Sparkassen-Finanzgruppe wird nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) derzeit ausgelotet, ob und wie die Bankengruppe künftig den Handel mit Digitalwährungen ermöglicht. Rund sieben Prozent der privaten Anleger halten dem im November 2021 veröffentlichten DSGV-Vermögensbarometer zufolge Kryptowährungen als geeignet für den Vermögensaufbau. Dennoch mahnt der Verband zur Vorsicht, da Digitalgeld "hoch spekulativ" sei und keinen "inneren Wert" besitze. Eine Beratung von Kunden zu Bitcoin oder Ethereum ist derzeit nicht angedacht, sagte DSGV-Präsident Helmut Schleweis im Rahmen der Bilanzpressekonferenz des Verbands Mitte März in Berlin. 

Die Blockchain bietet neue Investmentchancen

Allerdings sorgt die Technologie durchaus für neue Anlagechancen: So bürgt die Blockchain nicht nur als digitaler Pass für die Echtheit und Herkunft eines Kunstwerks. Durch die Tokenisierung erweitert sie auch den herkömmlichen physischen Kunstfonds. Diese boten laut Springer-Autorin Ruth Polleit Riechert Privatanlegern bislang die Möglichkeit, mit niedrigen Beträgen in den Kauf einer Auswahl an physischen Werken zu investieren. 

"Ähnlich wie bei einem geschlossenen Immobilienfonds konnten Anleger Anteile erwerben. Nach einer Haltedauer von mindestens fünf Jahren wurden die Kunstwerke im Idealfall gewinnbringend verkauft und die Rendite an die Anleger verteilt", schreibt die Kunsthistorikerin im Buchkapitel "Kunst als Geldanlage" (Seite 218). Doch seien die Angebote rar, wenig transparent und selten ertragreich gewesen.  

Die Tokenisierung erlaubt es, digitale Anteile von einem Kunstwerk oder ganzen Sammlungen anzubieten, diversifizierte Portfolien aufzubauen und damit zu handeln. Entsprechende Angebote gibt es bereits von einigen Unternehmen, wie Masterworks in New York, Finexity in Hamburg oder Artemundi in der Schweiz. Diese Plattformen ermöglichen es, mit geringen Beträgen in Kunst zu investieren", erläutert die Springer-Autorin auf Seite 219 die Vorteile dieser digitalen Kunstfonds.

Diese Art des Investments eröffne Interessierten die Möglichkeit, mit geringen Beträgen in namhafte Kunst zu investieren, so Polleit.

Tokenisierung öffnet neue Wege der Kundenbindung

Und das gilt nicht nur für Kunstobjekte, wie die Volkswirte des DSGV in ihrem Vermögensbarometer bekräftigen: "Die Grenzen der Tokenisierung sind derzeit nicht zu definieren. Über die bereits bestehenden Angebote hinaus ließe sich im Grunde jedweder reale oder auch immaterielle Sachwert in eine Vermögensanlage umwandeln." Im Markt gebe es bereits Angebote für die Tokenisierung von Wein, Uhren, Modeartikel oder Oldtimern.

"Die Wachstumspotentiale der Tokenisierung von Sachwerten sind enorm und die damit verbundenen Chancen gilt es zu nutzen und im Blick zu behalten", heißt es in der Studie. Allerdings gebe es auch Risiken, zu denen insbesondere die Informationsasymmetrie zählt. Gerade bei sogannnten Mikroinvestments können den Experten zufolge die Kosten der Informationsbeschaffung potenzielle Kursgewinne oder Renditen übersteigen. Das mache die Analyse und Beratung noch wichtiger werden als bisher. "Für Landesbanken und Sparkassen ergeben sich daher neue Möglichkeiten der Kundenbetreuung und -bindung."

Blockchain im Risiko- und Sicherheitenmanagement

Einen weiteren Einsatzbereich für die Blockchain sehen die Experten von Sopra Steria im Firmenkundengeschäft - etwa im Risiko- und Sicherheitenmanagement. Die Distributed-Ledger-Technologie könne helfen, komplexe Finanzgeschäfte mit Unternehmen und weiteren Beteiligten zu vereinfachen. Als Beispiel dient ihnen die italienische Bankengruppe Credem, die dem Käsehersteller Latteria Soresina 20 Millionen Euro als Pfanddarlehen bereitstellt. "Die Käselaibe dienen dabei als Sicherheit. Bank und Firmenkunde können den Gegenwert in Echtzeit überwachen. Dafür sorgt ein gemeinsam genutztes blockchainbasiertes Datenbanksystem, das mit der Handelskammer Mailand verbunden ist", heißt es.

"In Unternehmen besteht ein großer Bedarf für schnellere Prozesse, vor allem wenn das Management an schnelle Kommunikation und automatisierte Abstimmungsprozesse gewöhnt ist. Die Blockchain-Technologie kann dazu beitragen, dass Risiken schneller geprüft, Dokumente und Freigaben nachvollziehbar vorliegen oder nötige Arbeitsschritte in Geschäftsbeziehungen automatisiert und dokumentiert werden", sagt Blockchain-Experte Mustafa Cavus von Sopra Steria.

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