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29.02.2024 | Entrepreneuership | Gastbeitrag | Online-Artikel

Regionale Cluster können Nachfolgeproblem lösen

verfasst von: Torsten Lucas

4:30 Min. Lesedauer

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Der Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft sucht händeringend Nachwuchs. Denn der demografische Wandel erfasst KMU. Wie eine nachhaltige und ortsnahe Sicherung der Nachfolge gelingt.

Der demografische Wandel ist in Deutschland angekommen. Jeder Zweite hierzulande ist über 45 Jahre, jeder Fünfte gar über 66 Jahre alt, so meldet es das Statistische Bundesamt. Gerade der Generation der Babyboomer steht eine Pensionierungswelle bevor - unter ihnen viele Mittelständler, die über die letzten Jahrzehnte ihren Betrieb und damit das Fundament des Wohlstands in Deutschland aufgebaut haben. Laut der staatlichen KfW sucht mehr als eine halbe Million von ihnen bis zum Ende des Jahres 2026 einen Nachfolger fürs Unternehmen. Trotz Profitabilität ist jede vierte Firma unmittelbar von der Stilllegung bedroht, da eine Nachfolgelösung nicht in Sicht ist, warnt die KfW. 

Damit steht nicht nur das Lebenswerk ganzer Unternehmerfamilien, sondern auch ein Grundpfeiler des Wirtschaftsstandorts Deutschland, vor einem bedrohlichen Trend. Bei ungehindertem Fortgang der derzeitigen Entwicklung dürfte der Mittelstand in seiner heutigen Form bereits in 15 Jahren passé sein. Anstelle lokalen Unternehmertums könnten dann internationale Investoren in das Nachfolgevakuum stoßen, deren Profil weniger von regionaler Verantwortung als vielmehr von knallharten Rentabilitätserwägungen geprägt sein dürfte. Doch was lässt sich einer solchen Entwicklung entgegensetzen? 

Beteiligungsgesellschaften schließen Kapitallücke

Ein effizienter Lösungsweg muss an der Wurzel des Problems ansetzen, und das ist komplex. Neben der rein rechnerischen Unterzahl potenzieller Nachfolger, stellt die Frage der Finanzierung eine der größten Hürden für eine Übernahmelösung dar. Mehr als 40 Prozent der Befragten einer Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer machten den Mangel an Eigenkapital und fehlende Finanzierungsmöglichkeiten für das Scheitern eines Nachfolgedeals verantwortlich. 

Große Geldgeber wie institutionelle Investoren oder kapitalstarke Private-Equity-Firmen konzentrieren sich in der Regel auf Mittelstandsunternehmen des größeren Kalibers. Für Übernahmen im Bereich des kleinen, inhabergeführten Mittelstands steht ihr Kapital meist nicht zur Verfügung. Auch Banken stellen das nötige Geld - wenn sie überhaupt bereit sind, das Finanzierungsrisiko zu übernehmen - derzeit nur gegen hohe Zinsen bereit, was die Attraktivität von Übernahmen deutlich schmälert. 

Hier können auf die Unternehmensnachfolge spezialisierte Beteiligungsgesellschaften zu echten Game Changern werden, indem sie Kapital von Anlegern bündeln und sich als Mitunternehmer mit ihrer Expertise für aussichtsreiche Übernahmelösungen in der Region einsetzen. Mit einer Buy-and-Hold-Strategie und einem langfristigen Anlagehorizont sorgen sie für Verlässlichkeit bei den Partnern des Übernahmedeals und für gleichgerichtete Interessen. 

Übernehmen ist das neue Gründen

Doch mit Geld allein ist es nicht getan. Die Übernahme ist vor allem ein persönliches Commitment des neuen Inhabers, der damit auf einen Schlag viel unternehmerische Verantwortung trägt. Das mag zunächst abschreckend wirken, ist aber vor allem eine Chance, persönlich und wirtschaftlich zu wachsen. Der Schritt ins Unternehmertum fällt dann leichter, wenn die neuen Geschäftsführer kompetente Partner mit Erfahrung in strategischen und operativen Fragen an ihrer Seite wissen und nicht alle unternehmerischen Risiken allein tragen.

Regionale Beteiligungsgesellschaften, die sowohl mit den Herausforderungen der Unternehmensnachfolge als auch mit den örtlichen Marktgegebenheiten vertraut sind, können hier für die Anfangsphase wichtiges Personal und Unterstützung in Sachen Governance, Marketing, Personal und Buchhaltung stellen. Zudem schließen sie damit die Kompetenzlücke zwischen inhabergeführten Mittelständlern und den Großunternehmen. Der Shared-Service-Ansatz sowie die Einbettung in eine regionale Unternehmensgruppe schaffen auch dann Abhilfe, wenn Großprojekte oder Krankheitswellen für kurzfristigen Personalbedarf sorgen. Im Hinblick auf den sich zuspitzenden Fachkräftemangel bringen derartige Lösungen dringend notwendige Handlungsfähigkeit.

Flexibilität und Synergien durch regionale Cluster 

Die positive Gestaltung des demografischen Wandels auf dem Unternehmensmarkt gelingt in der Regel nicht im stillen Kämmerlein des einzelnen Betriebs. Die Dimension dieser Herausforderung verlangt nach lokalen Kooperationen mit Synergieeffekten. Im Rahmen der mittelständischen Ressourcen eignen sich hierfür regionale Cluster. Die räumliche Nähe sollte nicht als bedrohliche Konkurrenz, sondern muss als Chance für gegenseitige Unterstützung begriffen werden. Regelmäßige Treffen der Geschäftsleitungsebenen der verschiedenen Betriebe in einer Region sind ein guter Startpunkt, um das Potential für Kooperationen auszuloten.

Denn nachhaltige Lieferbeziehungen, New-Work-Ansätze und der effiziente Einsatz von Ressourcen und Mitarbeitenden rücken für den Mittelstand häufig erst im regionalen Verbund in den Radius der praktischen Realisierbarkeit. So können etwa durch die Nutzung eines gemeinsames Warenwirtschaftssystems von inhaltlich verwandten Unternehmen Prozesse und Margen optimiert und die Basis für eine engere personelle Zusammenarbeit gelegt werden. 

Die Unternehmen behalten ihre singuläre Marktposition, profitieren aber von mehr Flexibilität beim Einsatz von geteilten Fachkräften und können sich um redundante Infrastrukturen verschlanken. Netzwerkinitiativen eröffnen Einzelkämpfern mit beschränktem unternehmerischem Spielraum, neue Handlungsfelder für mehr Profitabilität und eine zukunftsfähige Strategie. Damit steigen auch die Chancen für eine erfolgreiche Übernahmelösung, weil Geschäftsmodelle durch den Mehrwert des Clusters an Attraktivität gewinnen. 

Mittelstand in der Transformation

Die Unternehmensnachfolge bedarf individueller Lösungen. Umso wichtiger ist eine frühzeitige Vorbereitung auf den Übergabeprozess. Beteiligungsgesellschaften können hier wertvolle Unterstützung durch Kapital und Expertise bereitstellen, die vielen Mittelständlern in der Hektik des operativen Geschäfts oft fehlt. Das typische Einzelkämpfertum im inhabergeführten Mittelstand ist überwiegend nicht mehr zukunftsfähig. Daher sollten die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit zum Anlass genommen werden, neue Ansätze wie die der Shared Services und der regionalen Cluster zeitnah zum Einsatz zu bringen. Nur dann kann es gelingen, den Transformationsprozess im Mittelstand erfolgreich zu durchlaufen und unsere Wirtschaftskraft und unternehmerische Vielfalt zu erhalten. 

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