Sich im Unternehmen bis zum Posten des Finanzchefs hochzuarbeiten, gelingt heute nur wenigen. CFOs verfügen kaum noch über geradlinige Lebensläufe. Internationale Erfahrung, breites Branchen-Know-how und häufige Wechsel sind wichtige Karrieretreiber.
Als Erbsenzähler und Rechenschieber einst verschrien, haben sich die Aufgaben eines Finanzchefs deutlich verändert. Und damit auch die Karrierepfade der CFOs.
Light Impression / Fotolia (Sujetbild mit Fotomodel)
"Die grundsätzlich erfolgreiche Geschäftsführung von morgen stellt schon heute entsprechend die Weichen und trifft die notwendigen Entscheidungen", schreiben Matthias J. Rapp und Axel Wullenkord im einleitenden Kapitel ihres Buches "Unternehmenssteuerung durch den Finanzvorstand (CFO)". Den Autoren zufolge sind der nachhaltige Geschäftserfolg, wertstabile Investitionen und die langfristige Ausrichtung der Unternehmensstrategie die Ziele, mit denen sich Unternehmen identifizieren. Immer mehr Verantwortung, das Unternehmen an diesen Zielen auszurichten, übernimmt dabei der Chief Financial Officer (CFO). Dessen Aufgabenbereich befindet sich deshalb in einer großen Umbruchphase.
Dieser Umbruch, ausgelöst und angetrieben durch innovative Technologien und Prozesse, wird, auch wenn er eher schleichend kommt, mittelfristig zu einer völligen Veränderung in vielen kaufmännischen Bereichen führen. Mit der digitalen Transformation kann der CFO als 'zentraler Navigator' im Unternehmen einen deutlich größeren Wertbeitrag liefern als bisher", erklären die Springer-Autoren.
Karrierepfade der CFOs wandeln sich
Aufgrund dieses Wandels verändern sich auch die Karrieren der Finanzentscheider, wie eine aktuelle Analyse belegt. Das Beratungshaus Spencer Stuart hat für das Jahr 2019 den beruflichen Werdegang von 372 CFOs untersucht, die für 377 führende Unternehmen in zehn europäischen Leitindizes tätig waren. Die Studie zeigt, dass immer mehr Führungskräfte mit eingehender Erfahrung als Finanzchef börsennotierter Unternehmen gesucht sind.
Diese Top-Manager kommen in Deutschland allerdings noch häufig aus den eigenen Reihen. Im Vergleich zur Untersuchung aus dem Jahr 2013 stieg ihr Anteil sogar von 50 auf 57 Prozent. In vielen anderen Ländern, unter anderem in Italien, den Niederlanden und den Nordstaaten, setzen Unternehmen dagegen zunehmend auf externe Expertise.
"Diese Entwicklungen führen zu einer sichtlichen Veränderung von Karrierepfaden, wobei insbesondere die klassische 'Schornsteinkarriere' durch neue Modelle abgelöst wird", erklären Johannes Thaller, Bernhard Gärtner, Christine Duller und Birgit Feldbauer-Durstmüller im Buchkapitel "Karriereentwicklung im Controlling" auf Seite 408. Den Springer-Autoren zufolge wird die traditionelle Laufbahn dem im angelsächsischen Raum üblichen "autonomen, weniger geradlinigen Entwicklungsmodell" immer mehr weichen. Der Karriereweg in eine Führungsposition führe dabei häufig über die Unternehmens- und Branchenerfahrung.
Führungserfahrung ist gefragt
2019 verfügten viele der CFOs noch über wenig Vorerfahrung in börsennotierten oder privaten Unternehmen, so die Analyse. Von den 15 Prozent der weiblichen CFOs haben sogar rund drei Viertel keine spezifische Branchenerfahrung. Insgesamt zeigt die Untersuchung aber einen Trend hin zu etablierten Führungskräften. 54 Prozent der Finanzchefs der aktuellen Stichprobe waren bereits einmal in ihrer Karriere in leitender Finanzfunktion einer Unternehmensdivision oder einer Region tätig. 15 Prozent wurden direkt von einer regionalen oder divisionalen CFO-Position heraus als Finanzvorstand berufen. Direkt aus dem Finanzcontrolling kamen dagegen nur sechs Prozent der Kandidaten.
Immer wichtiger für die Karriere wird internationale Erfahrung, zeigt die Befragung. So betrug der Anteil aus dem Ausland stammender Finanzchefs 25 Prozent. 38 Prozent aller CFOs waren im vergangenen Jahr auf mindestens einem Kontinent außerhalb Europas tätig.
Zahl ausländischer CFOs steigt
In Frankreich, Deutschland, den nordischen Ländern und im Vereinigten Königreich habe die Zahl der ausländischen Finanzvorstände deutlich zugenommen. Die deutlichste Verschiebung zugunsten von Ausländern hat sich in den Niederlanden vollzogen. Hier stieg der Anteil ausländischer CFOs in den letzten sechs Jahren von 28 auf 68 Prozent. Auch in der Schweiz und in Belgien stammt die Mehrheit der CFOs aus dem Ausland.
Diese Entwicklung macht vor dem Hintergrund einer zunehmenden Internationalisierung Sinn. Internationale Unternehmen operieren in heterogenen Wirtschaftsräumen, schreiben Johann Engelhard und Linda Kerner im Buchkapitel "Meta-Controlling als Erfolgsfaktor des Controllings internationaler Unternehmen" (Seite 127). "Controllingkonzepte", so die Springer-Autoren, "die auf der Analyse von historischen, hauptsächlich finanzwirtschaftlichen Daten von innerhalb des Unternehmens beruhen, werden den Erfordernissen internationaler Unternehmen in heterogenen, sich schnell verändernden Umwelten nicht länger gerecht." Deren Ausgestaltung hänge immer mehr von kultureller Diversität ab und müsse die spezifischen Erfordernisse von Entscheidern unterschiedlicher nationaler Herkunft berücksichtigen.