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05.08.2016 | Journalismus | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie Journalismus und PR sich verstehen

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4 Min. Lesedauer

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Journalisten fühlen sich permanent unter Druck. Teils ist das hausgemacht, wie eine Umfrage zeigt. Doch PR-Verantwortliche können helfen, die Frustfaktoren zu minimieren. 

Ständig auf dem Sprung der guten Geschichte hinterher, immer in Zeitnot, dabei meist ruppig unterwegs. Das von eindimensionalen Darstellungen in Film und Literatur unterstützte Bild des Journalisten in Eile ist zu einer Formatvorlage geworden, die sich in Köpfen des Publikums felsenfest manifestiert hat. Und nicht nur dort. Auch der Journalist selbst glaubt mittlerweile, im ständigen Kampf gegen die Uhr verstrickt zu sein.

Schuld daran ist nicht nur die bekannte Ressourcenknappheit in den Redaktionen. Neue multimediale Aufgaben verschärfen das Problem. Am Arbeitsplatz werden Journalisten zur eierlegenden Wollmilchsau gemacht. Was sie dann noch zusätzlich nervt, haben sie jetzt in einer Studie der PR-Plattform Mynewsdesk zum Ausdruck gebracht. 

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Journalisten unter Druck

Eins vorweg: Deutsche Journalisten sind überwiegend klassisch ausgebildete Profis. Von den rund 2.000 befragten Journalisten in Europa, den USA, Kanada und Singapur hat die Hälfte eine journalistische Ausbildung absolviert, in Deutschland dagegen sind 97 Prozent formell ausgebildet. Doch das Berufsbild beginnt unter dem Einfluss der neuen Medien zunehmend zu verschwimmen.

Der Studie "Trends im Journalismus" zufolge publizieren Journalisten im Schnitt auf drei verschiedenen Plattformen:  74 Prozent in den Printmedien, 74 Prozent auf Webseiten und 60 Prozent auf Facebook. Schreiben und redigieren macht noch immer 98 Prozent des Jobs aus. Daneben wird in den Sozialen Netzwerken gepostet (60 Prozent), fotografiert (51 Prozent), es werden Daten analysiert (38 Prozent) oder Videos produziert (29 Prozent) und 18 Prozent erledigen die Aufgaben von Grafik Designern.

Das alles frisst Zeit womit der größte Frustfaktor im Journalistenberuf benannt ist. Ihre Informationen holen sich Medienvertreter trotzdem am liebsten noch über den persönlichen Kontakt, 64 Prozent wollen deshalb ein gutes Verhältnis zu PR-Managern pflegen. In Deutschland vertrauen außerdem 96 Prozent der Journalisten auf Pressemitteilungen. 

Was Journalisten am meisten frustriert
  1. Zeitmangel
  2. Mangelnde Relevanz der Themen
  3. Keine Bilder und/oder Videos
  4. Führungsschwäche
  5. Kompetenzschwäche

Relevanz und Glaubwürdigkeit 

Flattert Journalisten ein Thema auf den Tisch, ärgert vor allem die fehlende Relevanz. Ist diese allerdings vorhanden, dann entscheidet die Glaubwürdigkeit der Quelle, ob berichtet wird oder nicht. Gewünscht wird außerdem begleitendes Webmaterial. In Deutschland weniger wichtig als in den anderen Ländern, ist die Möglichkeit, Meinungsführer für O-Töne oder Interviews befragen zu können.

Journalisten müssen Texten glauben können, sie müssen wahrhaftig sein, mahnt Springer-Autorin Katrin Bischl. "Was Journalisten von Pressemitteilungen erwarten" sind deckungsgleiche Fremdbilder und Selbstbilder. Eine unterschiedliche Wahrnehmung führe gar zu "Misstrauen oder gar Ablehnung, da sich die Menschen getäuscht fühlen" (Seite 5).

In "Pressemitteilung und Online-Meldung" schreibt Springer-Autorin Annika Schach, dass Pressemitteilungen immer im Interesse einer Organisation verfasst und deshalb immer parteiisch seien. Deshalb sei es auch nicht immer einfach ein journalistisch relevantes Thema zu finden, weil "die PR als Mittler zwischen Unternehmens- und Medieninteresse fungieren" (Seite 207). Schach nennt vier Strategien mit denen sich Themen planen lassen (Seite 208/209):

  1. Themenplanrecherche: Sonderthemen für ein ganzes Jahr oder mehrere Monate im Voraus
  2. Saisonale Themen: Themen, die sich aus dem Jahresverlauf ergeben
  3. Themen-Tag: Überprüfen ob sich Unternehmensleistungen und Thementage (Welt-Frauentag) verbinden lassen
  4. Studien: Aktuelle Zahlen zum Unternehmen eigenen sich fast immer für Pressemitteilungen

Kontrolle ist besser

Relevant werden Themen trotzdem erst, wenn sie die fünf Nachrichtenfaktoren Zeit, Tragweite, Nähe, Prominenz und Identifikation erfüllen. Um sich vor "journalistischen Abstürzen" zu schützen, gilt im Medienlager deshalb die Regel, jedem per Pressemitteilung geschenkten Gaul durch eigene Recherche noch einmal ausgiebig ins Maul zu schauen. Wie das geschieht beschreibt Springer-Autorin Barbara Dickmann in "Die Recherche - Grundlagen journalistischer Arbeit" (Seite 137). Ein Thema, das in der Pressemitteilung als relevant angeboten wird, durchläuft beim Journalisten bis zum fertigen Bericht idealerweise einen Prozess in sieben Schritten: 

  1. Relevanz einschätzen: Wie wichtig bzw. interessant ist das Ereignis/das Thema?
  2. Überprüfen der eingegangenen Informationen mittels Quellen und Faktenkontrolle
  3. Erweitern der Sachverhaltsinformationen zur Erhöhung der Informationsdichte und zur
  4. Beschaffung des Umfeldes (Zusammenhang)
  5. Hypothesenbildung über Ursachen/Folgen, über Verantwortliche, über Urteile und Beurteilungen von Vorgängen, die Hypothesenüberprüfung zur Bestätigung, Widerlegung
  6. respektive Modifizierung der Ausgangshypothese
  7. Verfassen des Textes als Meldung, Bericht, Hintergrund, Feature oder Report

Ein letztes Wort zum Thema Zeit: Auch wenn sie Journalisten am meisten drückt, für ihre Chefs hat ein hohes Arbeitstempo keine Top-Priorität. Sie wollen Texte mit Informationstiefe, einer Perspektive die Interesse generiert und die objektive Haltung der Journalisten ausdrückt lesen. Tempo und Meinung rangieren laut Umfrage tatsächlich dahinter. 

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