Beste Freunde sind sie zwar noch nicht. Dennoch wollen Journalisten Social Media immer weniger missen.
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Bis zu acht Stunden täglich in den Sozialen Netzwerken unterwegs? Für Journalisten vom Typ "Skeptiker" unvorstellbar, dann schon lieber ganz darauf verzichten. Eine Haltung die vor allem ältere Printjournalisten pflegen. Aber auch deren Distanz zu den neuen Medien schwindet. Denn Social Media etabliert sich in den Redaktionen und bei Freiberuflern zusehends als wichtiges, die tägliche Arbeit ergänzendes, Werkzeug.
Auf den Plattformen publizieren Medienmacher eigene Texte, kommunizieren mit der Zielgruppe, lassen sich zu Themen inspirieren und recherchieren Hintergründe. Dabei verhalten sie sich recht unterschiedlich. Was die große Gruppe der stillen Beobachter von den Jägern, die gewaltig auf dem Vormarsch sind unterscheidet, darüber gibt der Deutschland-Report der "Social-Journalism-Studie 2016" von Cision Auskunft.
Viel Social Media hilft Vielen
Netzwerke wie Facebook und Microblogs wie Twitter oder Snapchat werden bei deutschen Journalisten immer beliebter. Mittlerweile nutzen 79 Prozent der von Cision und der Canterbury Christ Church Unviersity online befragten Medienprofis Social Media täglich für berufliche Zwecke. Weitere 59 Prozent gaben an, dass sie Social Media künftig häufiger einsetzen wollen.
Verzichteten 2013 noch 15 Prozent auf soziale Medien, ist die Zahl der Verweigerer aktuell auf sechs Prozent gesunken. Die meisten Nutzer (64 Prozent) verbringen täglich bis zu zwei Stunden in den Netzwerken. Von ihnen finden 55 Prozent, dass die Tools ihre Rolle als Journalist grundlegend verändert hätten. Einerseits befürchten 51 Prozent, dass im Netz journalistische Grundwerte untergraben werden, aber 43 Prozent glauben, dadurch produktiver zu arbeiten. Je mehr länger die Journalisten täglich in den Netzwerken unterwegs sind, umso stärker betonen sie die positiven Aspekte. So bangen nur noch 41 Prozent derer, die täglich mehr als vier Stunden netzwerken, um der Journalismus und 63 Prozent fühlen sich beflügelt. Aber was treiben die Medienleute beruflich im Netz?
Journalisten werden zu Jägern
Facebook, Google+ oder Ello nutzen 79 Prozent zur Promotion eigener Texte, auf Microblogs veröffentlichen 60 Prozent und auf audio-visuellen Netzwerken 47 Prozent. Bei der Recherche greifen 62 Prozent auf Inhalte aus sozialen Netzwerken und 57 Prozent auf Blogs zu.
Die Studie teilt die befragten Journalisten in fünf Nutzertypen ein. Mit 35 Prozent stellen die "Beobachter" zwar noch die stärkste Gruppe, aber die "Jäger" sind ihnen auf den Fersen. Bildeten sie in 2014 mit zehn Prozent noch die kleinste Gruppe, rangieren sie nun mit 28 Prozent direkt hinter den Beobachtern. Danach kommen die "Skeptiker" (19 Prozent): 2012 bildeten sie mit 35 Prozent noch die stärkste Gruppe, 2014 gab es von ihnen nur noch 24 Prozent und nun bleiben 19 Prozent übrig.
Typ | Eigenschaften |
Beobachter (35 Prozent) |
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Jäger (28 Prozent) |
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Skeptiker (19 Prozent ) |
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Promotoren (neun Prozent) |
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Architekten (neun Prozent) |
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Vorsicht vor dem digitalen Fußabdruck
Die Skeptiker geben als Gründe für ihre grundsätzliche Zurückhaltung einen Mangel an Kompetenz und technischem Know-how zu. Währenddessen fühlen sich die Jäger im Netz sicher und gehen ihre Recherchetouren strategisch, aber mit Vorsicht an. Zu Recht, denn wer Online unterwegs ist hinterlässt Spuren. Wer unachtsam in Netzwerken recherchiert, gefährdet schlimmstenfalls nicht nur die eigene Privatsphäre, sondern auch seine Informanten.
Die Spuren im Internet ermöglichen es, Surfverhalten zu beobachten und Kontakte zu rekonstruieren, warnt Springer-Autor Stefan Primbs. Zum "Arbeiten mit Material aus den sozialen Netzwerken" gibt er den Hinweis: "Die meisten Fehler allerdings sind gar nicht technisch bedingt, sondern typisch menschlich." (Seite 130). Doch wie können sie vermieden werden?
Wie Journalisten ihre Privatsphäre schützen können
Tipps, wie Journalisten ihre Privatsphäre im Netz schützen gibt Springer-Autor Markus Kaiser in "Recherchewerkzeuge in der digitalen Welt" (Seite 71):
- Passwörter nicht im Browser speichern, sondern im eigenen Kopf.
- Grundsätzliche Zurückhaltung beim Ausfüllen von Online-Formularen. Formulardaten nicht im Browser speichern.
- Wer online nicht wiedererkannt werden will, darf Cookies nicht akzeptieren. Da viele Anwendungen ohne Cookies aber nicht funktionieren, sollte man die Cookies zumindest bei Ende der Sitzung löschen.
- Grundsätzlich einen Mail-Client statt Webmail verwenden und E-Mails und Dateianhänge (Attachments) verschlüsseln.
- Internet-Cafés für knifflige Recherchen und für E-Mail-Verkehr von einer Deckadresse aus nutzen.
- Beim Surfen einen Anonymizer mit mehrfacher Verschlüsselung nutzen. Man kann auch mehrere Anonymisierungsdienste kombinieren.
- Wichtige Daten auf der eigenen Festplatte verschlüsseln. Notebook mit kompletten Netzwerk- und Internet-Zugangsdaten nicht herumliegen lassen.
- Gelöscht ist nicht gelöscht: Nach dem Löschen von Daten Datenträger neu formatieren. Defekte Datenträger mit wichtigen Daten nicht einfach wegwerfen, sondern mechanisch zerstören.