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20.07.2023 | Künstliche Intelligenz | Interview | Online-Artikel

"Die Buchhaltung profitiert von sprachbasierten KI-Tools"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Künstliche Intelligenz erleichtert die Arbeit im Finanzbereich, sie spart Zeit und Kosten. Doch ihre Einführung ist komplex. Oft fehlen Strukturen sowie der nötige Umsetzungswille. Warum die Mühe dennoch lohnt, verrät Digitalisierungsexperte Christoph Prieler im Interview.

springerprofessional.de: Der Bedarf, Geschäftsprozesse von zeit- und ressourcenraubenden Routineaufgaben zu befreien, besteht schon lange. Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit daher Automatisierungstechniken implementiert – das gilt auch für den Finanzbereich. Bei welchen Branchen oder Unternehmenstypen sehen Sie aktuell im Rechnungswesen die größten Lücken, was die digitale Transformation betrifft?

Christoph Prieler: Um ehrlich zu sein: bei allen. Tatsächlich bin ich immer wieder aufs Neue überrascht, dass diese Herausforderung alle Branchen und Unternehmenstypen betrifft. In Sachen digitaler Transformation im Rechnungswesen ist daher noch viel zu tun. Wir sind hier, um Unternehmen dabei zu unterstützen.

Aus Ihrer Sicht ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in diesem Bereich künftig unabdingbar. Welche Aufgaben übernehmen KI-Tools heute schon regelmäßig in den Finanz- und Buchungsprozessen? 

Ja das ist richtig. Vor allem die Verarbeitung einer Transaktion beinhaltet traditionellerweise viele monotone und repetitive Arbeitsschritte. Dazu gehören beispielsweise das Scannen und Heften von großen Mengen an Dokumenten oder das anschließende Abtippen von buchungsrelevanten Informationen am Dokument. Gerade diese Tätigkeiten sind für Automatisierung und insbesondere für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz geradezu Paradebeispiele. 

Können Sie das näher beschreiben? 

KI-Algorithmen werden mit Millionen an Dokumenten trainiert und können mittlerweile mit extrem hoher Trefferquote einzelne Belegseiten erkennen. Dadurch fällt die mühsame händische Trennung in einzelne Belege weg, wenn Belege im Stapel gescannt werden. Das gleiche gilt für das Auslesen von Beleginformationen. Mit OCR-Technologie, kurz für Optical Character Recognition oder auf Deutsch optische Zeichenerkennung, und KI-Algorithmen kann automatisch festgestellt werden, wo welche Information am Beleg steht. Diese kann mit Trainingsdaten aus der Buchungshistorie angereichert werden, um schließlich zuverlässige Buchungsvorschläge zu generieren und einen enormen Effizienzgewinn zu schaffen.

Gerade jetzt, durch den akuten Mangel an Personal, aber auch zukünftig halte ich den Einsatz deshalb für unabdingbar.

Wo sehen Sie langfristig weitere Einsatzgebiete im Accounting, um Prozesse noch schlanker und kostengünstiger aufzustellen? 

Durch sprachbasierte KI-Tools, sogenannten Large Language Models, kurz LLMs, wie zum Beispiel das viel besprochene Chat GPT eröffnen sich weitreichende Einsatzmöglichkeiten. Mit dem Einsatz von LLMs profitiert die Buchhaltung dann aber insbesondere von der Fähigkeit, Texte inhaltlich besser verstehen und in einen Kontext setzen zu können. So können dann beispielsweise auch sinnvolle Buchungstexte automatisiert erstellt werden.

Nach welchen Kennzahlen richten Unternehmen Ihrer Erfahrung nach ihre strategischen Entscheidungen aus? 

Bei Digitalisierungsprojekten geht es letztendlich immer darum, veraltete Prozesse zu modernisieren und dadurch neue, schnellere Prozesse zu schaffen. Das bringt nicht nur einen Mehrwert für das Unternehmen beziehungsweise die jeweilige Abteilung, sondern erleichtert auch Mitarbeitern die zukünftige Arbeit. Üblicherweise ist die wichtigste Kennzahl dabei die Zeitersparnis. Durch Digitalisierung und Automatisierung entsteht in fast jedem Fall ein großer Effizienzgewinn, da Arbeitsschritte wegfallen, die von KI-basierter Software schneller erledigt werden können als bisher in reiner Handarbeit. 

Natürlich bringt eine Zeitersparnis auch andere Faktoren mit sich, beispielsweise können so auch Kosten eingespart werden. Am häufigsten sehen wir, dass mit der bestehenden Belegschaft ein höherer Umsatz erzielt wird

Nun sind nicht alle Automatisierungs- oder KI-Projekte erfolgreich. Welche internen Hindernisse lassen die Umsetzung stocken oder gar scheitern? Gibt es hier branchenbedingt Unterschiede? 

Ich sehe hier branchenbedingt keine nennenswerten Unterschiede. Die Hindernisse sind eigentlich immer die gleichen: zu wenig Struktur und mitunter auch zu wenig Wille zur Umsetzung. Die Unternehmensführung muss als erstes die intrinsische Motivation haben, sich ernsthaft mit den Vorteilen von Automatisierungs- oder KI-Projekten auseinanderzusetzen und dem Projekt eine hohe Priorität einräumen. Denn am Ende kann ihr Unternehmen nur profitieren und sich so im Sinne der digitalen Transformation nachhaltig für die Zukunft aufstellen.

Was können Entscheider und Manager tun, um mögliche Widerstände und Hürden im Vorfeld zu minimieren? 

Um Widerstände und Hürden zu minimieren, können Entscheider und Manager natürlich im Vorfeld schon für eine optimale Ausgangssituation sorgen. Gerade bei Digitalisierungsprojekten ist die Akzeptanz des Teams und langjährigen Kollegen essenziell, da sich dadurch meist auch gewohnte Arbeitsweisen ändern. Einige bewährte Methoden, um den Widerstand zu senken und eine Umsetzung zu erleichtern, sind offene Kommunikation, frühzeitige Einbindung der Mitarbeitern, Schulungen und Weiterbildungen, schrittweise Umsetzung und Bereitstellung ausreichender Ressourcen. Diese Maßnahmen tragen zur reibungslosen Umsetzung und zum Erfolg der Projekte bei.

Nun trägt auch internes Know-how einen großen Teil zum Gelingen von Transformationsprojekten bei. Wie steht es um die dafür notwendigen Fachkräfte in den Unternehmen, allen voran im Mittelstand? 

Vor allem dem Mittelstand fällt es derzeit noch schwer, junge und vor allem digital-affine Buchhalter zu finden. Die älteren Mitarbeitenden halten gleichzeitig oft an gewohnten und nicht-digitalisierten Prozessen fest. Das ist dann eine herausfordernde Mischung. Dieser Widerstand lässt sich nur durchbrechen, wenn die Projektleitung das Team gut auf ein Digitalisierungsprojekt vorbereitet. Wenn hier der erste Schritt getan ist, wird es auch einfacher, neue Fachkräfte zu finden. Denn die suchen nach Unternehmen, die auf der Höhe der Zeit sind. Da wo sich keine Fachkräfte finden lassen, unterstützt dann zukünftig die Künstliche Intelligenz.

Viele Unternehmen werden bereits an der Tatsache scheitern, nicht die passenden Rahmenbedingungen etwa für Finance-Experten mit umfassenden Digitalkompetenzen bieten zu können. Was raten Sie in diesen Fällen dem Management?

Dafür gibt es Unternehmen wie uns. Externe Berater, die schon hunderte Male die digitale Transformation in Unternehmen begleitet haben, kennen Sorgen, Nöte und Hindernisse. Und am wichtigsten natürlich: Sie kennen die Lösungswege. So schaffen sie gemeinsam die Rahmenbedingungen, um die gewünschten Fachkräfte zu finden und an sich zu binden.

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