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13.05.2024 | Künstliche Intelligenz | Interview | Online-Artikel

"Viele Arbeitsplätze werden sich grundlegend verändern"

verfasst von: Alexander Lorber

3:30 Min. Lesedauer

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Im Interview erläutert Thorsten Mücke, Experte für IT-Kompetenz, wie sich Künstliche Intelligenz (KI) auf den Arbeitsmarkt in Deutschland auswirken wird.

Herr Mücke, welche Rolle spielt KI in der Arbeitswelt? Ist sie eher Jobkiller oder Karriereturbo?

KI kann beides sein – entscheidend ist, wie wir KI in die Arbeitsprozesse integrieren. In erster Linie hat KI eine transformative Wirkung auf die Arbeitswelt. Viele manuelle Tätigkeiten können automatisiert werden und entfallen. Das bedeutet aber nicht, dass es weniger Arbeit geben wird. Viele Arbeitsplätze werden sich einfach grundlegend verändern – weg von kognitiv-operativen Tätigkeiten hin zu Aufgaben, die kreative, emotionale, soziale und kommunikative Intelligenz erfordern. Beispiel "Software-Entwicklung": Das Programmieren selbst wird vielleicht irgendwann von Maschinen übernommen. 

Aber das Coden allein macht keinen guten Entwickler aus. Gute Entwickler entwerfen Lösungen, treffen Technologieentscheidungen, managen iterative Prozesse und sind maßgeblich daran beteiligt, die richtigen Anforderungen an Produkt und Technologie zu definieren. All das kann KI nicht. KI ist ein Karriereturbo. Wer früh Expertise aufbaut, hat atemberaubende Möglichkeiten. Data- und KI-Ingenieure sind aktuell stark gefragt, inklusive enorm hoher Gehälter. Gleiches gilt für kommende KI-Jobs – etwa MLOps-Experts, Data Platform Engineers sowie Data Scrum Master und Data Product Owner. Das sind nur einige Spezialisierungen, und es wird noch viele weitere geben.

Welche Weiterbildungsmaßnahmen sind jetzt entscheidend, um IT-Fachkräfte auf die Zukunft vorzubereiten?

Im Gegensatz zu den üblichen IT-Themen sind KI und Daten auch für viele IT-Experten neu. Weiterbildung muss daher weiter vorn ansetzen und benötigt Zeit und Budget: Zunächst muss technisches Basiswissen zu Datenmanagement, Data Mining, Maschinellem Lernen (ML) und Transformatoren geschaffen werden. Für erfahrene Entwickler sind gezielte Upskilling-Maßnahmen sinnvoll. Für neues Personal eignen sich umfassende Qualifizierungsprogramme in Sachen Daten und KI, denn sie bieten hervorragende Möglichkeiten für eine Ausbildung oder einen Quereinstieg. Darauf aufbauend sind Trainings zur Spezialisierung unerlässlich. Besonders sinnvoll und stark nachgefragt: Schulungen und Zertifizierungen zu den Daten- und KI-Services von Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure. Auch Prozess- und Lifecycle-Management – Stichwort MLOps – sollten geschult werden. Nicht zuletzt steigern Entwickler ihre Produktivität mit KI-Tools (GitHub Copilot, ChatGPT oder Alphacode) deutlich, etwa beim Coden, bei der Konzeption, beim Testen und der Dokumentation. Wie KI hier zur entscheidenden Hilfe wird, muss allerdings erst gelernt werden.

Wie können Unternehmen ihre Teams effektiv für diese neuen Technologien schulen?

Zu einer Daten- oder KI-Strategie gehört immer eine ganzheitliche Weiterbildungsstrategie, die formelle und informelle Lernangebote umfasst. Im Bereich der Technologievermittlung (z.B. zu neuronalen Netzen, Natural Language Processing, Transformatoren oder zur Nutzung von Cloud Services und Frameworks) setzen viele auf Live-Trainings. Dabei werden unternehmensrelevante Fragestellungen aufgegriffen sowie Workflows und konkrete Lösungen sofort erarbeitet. Weiter gilt es zu lernen, wie man Data- und KI-Pipelines praktisch umsetzt. Tipp: mit kleinen Teams starten und diese an Proofs of Concept arbeiten lassen. Das fördert nicht nur die Lernkurven in den Fachteams, sondern hilft auch den Unternehmen, iterativ Anwendungsfälle und Lösungen mit Daten und KI zu entwickeln.

Wo sehen Sie noch die größten Hürden in Bezug auf KI-Kompetenz in deutschen Unternehmen?

Um die KI-Initiativen in deutschen Unternehmen ist es gut bestellt. Das zeigen aktuelle Studien, wie zuletzt von Bitkom oder DIHK. Eine besondere Herausforderung ist der eklatante Fachkräftemangel, besonders in den Bereichen "Data" und "KI". Lösungen mit hohem Potenzial bieten hier Ausbildungs- und Reskilling-Initiativen. Unternehmen wie Mercedes, Bosch oder die Deutsche Telekom gehen mit gutem Beispiel voran und setzen auf umfassende Weiterbildungsprogramme. 

Der größte Hemmschuh für KI ist jedoch der Mangel an strukturierten Daten, mit denen KI-Modelle trainiert werden können. Das Thema wurde vielerorts vernachlässigt – sagen über 70 Prozent der deutschen Unternehmen (Bitkom 2022). Hier muss vieles nachgeholt werden – etwa in den Bereichen "Datenstrategie", "Datenmanagement" und "Datenqualität". Der Vorteil ist, dass so nicht nur Künstliche Intelligenz ermöglicht wird, sondern überhaupt erst die Grundlagen für datenbasierte Entscheidungen geschaffen werden. Entsprechende Maßnahmen lohnen sich also doppelt.

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