Der zunehmende Wettbewerb der Absatzmärkte stellt auch Handelsvertreter vor die Herausforderung, sich von ihren Wettbewerbern abzugrenzen, um sich zu behaupten. Neue Serviceleistungen sind dafür ein probates Mittel.
Handelsvertretungen stehen im Spannungsfeld zwischen den von ihnen vertretenen Unternehmen und ihren Kunden. Denn intelligente Mehrwertleistungen sind gefragt, um aus den Geschäftsbeziehungen eine möglichst hohe Wertschöpfung zu erzielen und gleichzeitig den wachsenden Serviceansprüchen der Kunden gerecht zu werden. Mit Zusatzangeboten über die klassischen Vertriebsleistungen hinaus können Handelsvertretungen trotz zunehmenden Wettbewerbsdrucks wachsen und außerdem die Kundenbindung verstärken. Daher sollten sie systematisch und proaktiv nach neuen Zusatzangeboten für ihre Kunden suchen.
Services richtig bepreisen und gut vermarkten
Neue Angebote müssen gegenüber den vertretenen Unternehmen jedoch auch gezielt vermarktet werden, um die eigene Wettbewerbsposition zu stärken und eine entsprechende Vergütung zu erzielen. Sonst können sie in einem schleichenden Prozess schnell zum Zeitfresser im Alltagsgeschäft der Handelsvertreter werden, ohne dass sich der Aufwand in barer Münze für sie auszahlt. Daher ist die Kalkulation einer Preisgestaltung für Dienstleistungen, die sich gegenüber den Marktpartnern durchsetzen lässt, entscheidend für den Geschäftserfolg.
Doch welche Leistungen sind je nach Branche und Zielgruppe für eine Vermarktung geeignet? Handelsvertreter aus den Fachverbänden der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb e.V. (CDH) der Bereiche Bauwesen, Nahrungsmittel-Weine-Spirituosen, Technik und Wohnambiente haben für ihre Branchen so genannte Funktionskataloge zusammengestellt. Die Auflistungen sind nach Funktionen gegliedert und zeigen denkbare Leistungen von Handelsvertretern auf der Großhandelsstufe auf. Damit lassen sich individuelle, auf die Kundenzielgruppe abgestimmte Dienstleistungsportfolios zusammenstellen. Einige typische Dienstleistungen zeigt die nachfolgende Tabelle:
Dienstleistungen für Handelsvertretungen* |
Messebeteiligung |
Planungsaufgaben und Angebotserstellung |
Produktentwicklungen/-engineering |
Produktschulungen |
Marktforschung/Marktbeobachtung |
Dienstleistungen am POS |
generelles Marketing im Hinblick auf den Endkunden |
Aushandeln und Optimierung der Platzierung mit Merchandisern von Handelsunternehmen |
Konditionenberatung im internationalen Kontext |
Quelle: *in Auswahl, Empirische Erhebung aus: "Der Service macht den Unterschied", CDH-Forschungsverband Berlin |
Alternativen der Bepreisung
Springer-Autor Andreas Paffhausen erläutert in seinem Buch "Erfolgreich als Handelsvertreter" alternative Möglichkeiten für die Bepreisung von Dienstleistungen, da Handelsvertreter Provisionen aus seiner Sicht häufig nicht verändern können. Daher sollten sie über andere Vergütungsformen verhandeln, "die sich direkt auf die Vergütung einzelner Serviceleistungen beziehen", rät er. Neue Dienstleistungen bieten seiner Ansicht nach für Handelsvertretungen höhere Einnahmen und einen höheren Gewinn auf verschiedenen Wegen, etwa durch
- separate Zahlungsbereitschaft für Dienstleistungen durch vertretene Unternehmen;
- höheren Lieferanteil beim Kunden, was sich auf die Provisionseinnahmen auswirkt;
- ein bestimmtes Dienstleistungsniveau der Handelsvertretung, das ausschlaggebend für Listungsentscheidungen des Kunden ist;
- Erschließung neuer Kundenkreise, die künftige Gewinnmöglichkeiten bieten.
Kernleistung genau definieren
Eine Analyse, die Professor Dr. Andreas Kaapke, Kaapke Projekte und Andreas Paffhausen, Berlinz Consulting, für den CDH-Forschungsverband vor einiger Zeit durchgeführt haben, verdeutlicht die wichtigsten Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für Handelsvertretungen, wenn diese neue Services auflegen wollen. Dabei betrachten die Experten unter anderem Leitanker für Dienstleistungen wie Vergütung und Dienstleistungsmodelle und geben Empfehlungen für die Umsetzung. Handelsvertreter sollten der Analyse zufolge zunächst definieren, was ihrer Kernleistung zuzurechnen ist und was ergänzende Dienstleistungen sein können. Typische Beispiele hierfür lieferten die Auslieferung oder die Lagerung für Produkte: Während die eigentliche Lieferung und Lagerung Kernleistungen sind, müssten besondere Wünsche im Zusammenhang damit, etwa überdurchschittliche Auslieferungs-Taktzahl, die Lieferung von Mindermengen oder Sondermengen in der Lagerhaltung, gesondert kalkuliert werden. Entsprechende Zusatzleistungen sollten den Experten zufolge aktiv in die Vermarktung integriert werden, denn sie eröffnen Handelsvertretern neue Chancen für Konditionenverhandlungen. Wenn Handelsvertreter sich als Veredler der Produkte der vertretenen Unternehmen verstehen, stärkt dies zudem auch ihre strategisch wichtige Rolle als Dienstleister, sind Kaapke/Paffhausen überzeugt.
Dienstleistungen richtig identifizieren
Springer-Autor Marcello Carmin gibt im Buchkapitel "Sie ermitteln das Dienstleistungspotential Ihres Unternehmens und entwickeln und bewerten neue Dienstleistungsideen" Handlungsempfehlungen, um mit Dienstleistungen zu wachsen. Er rät, nach dem so genannten Morphologischen Tableau in fünf Schritten vorzugehen und diese Fragen zu beantworten:
- Für welche Kunden soll die Dienstleistung entwickelt werden?
- Welche konkreten Anforderungen werden an die zu entwickelnde Dienstleistung gestellt?
Im Anschluss daran sollten die wesentlichen Merkmale beziehungsweise Funktionen der Dienstleistung ermittelt werden. Die einzelnen Dienstleistungen sollten aus Carmins Sicht unabhängig voneinander existieren und für die generelle Lösung des Problems relevant und umsetzbar sein.
Die CDH-Analyse "Der Service macht den Unterschied – Wie Handelsvertretungen durch Dienstleistungen ihr Profil schärfen, die Wettbewerbsposition stärken und die Rentabilität verbessern können“ ist im CDH-Online-Shop verfügbar.