Die aktuellen Entwicklungen um Covid-19 haben sich schnell zu einer ernstzunehmenden Krise entwickelt und treffen auch den Finanzsektor erheblich. Was das für die Risikosteuerung der Banken bedeutet, erläutert Gastautor Jörg Ackermann.
Die Corona-Pandemie bringt den Geldhäusern neben finanziellen Risiken auch solche im operativen Bereich und in der IT. Auf operationeller Ebene stehen die Finanzdienstleister vor der Herausforderung, ihre Mitarbeiter remote anzubinden. Notfallplanaktivierungen und die Nutzung verfügbarer Räumlichkeiten in Notfallrechenzentren wurden oftmals lediglich als temporäre Maßnahmen ergriffen, damit Unternehmen bei der technischen Implementierung von Homeoffice-Lösungen Zeit sparen. Auch wenn die derzeitige Pandemie Banken dazu bringt, ihren digitalen Transformationsprozess weiter zu beschleunigen, sollten die damit verbundenen operationellen Risiken weiterhin entsprechend bewertet und gesteuert werden.
Kreditinstitute sind im aktuellen Kontext besonders gefordert, da ein externer Zugriff auf Kernsysteme der Banken als möglicher Risikofaktor gilt, dass unerlaubter Zugriff auf vertrauliche Kundendaten gewährt wird. Ad-hoc-Lösungen bergen auch Risiken, da Zeitdruck die Durchführung umfangreicher Testaktivitäten hinsichtlich potentieller Sicherheitslücken nicht gestattet. Zudem ist eine ausreichende Zurverfügungstellung firmeneigener Hardware für das Homeoffice ein Hindernis, sodass teilweise auch mobile Geräte genutzt werden, die nicht den firmeneigenen Sicherheitsrichtlinien entsprechen.
Unbefugte Zugriffe verhindern
Die Priorisierung von Kernprozessen der Bank dient im Rahmen des Roll-outs von Ad-hoc-Lösungen als Orientierung, um zunächst die Fortführung essentieller Tätigkeiten zu gewährleisten. Zur Auswahl der Fernzugriffslösungen und Cloud-basierten Plattformen für Videokonferenzen und Datenaustausch sollten neben Leistungsanforderungen der Implementierungsaufwand und Lizenzkosten vor allem damit verbundene Risiken eines unbefugten Zugriffs auf sensible Unternehmens- sowie personenbezogene Daten berücksichtigt werden.
Ferner sind zusätzliches Coaching und schriftliche Anweisungen erforderlich, damit die Mitarbeiter diese Instrumente unter Beachtung der firmeninternen Vorgaben sowie geltender Gesetze nutzen können. Die Erstellung einer Technologierichtlinie ist ebenfalls anzuraten, um Sicherheitsanforderungen wie zum Beispiel Mehr-Faktor-Authentifizierung, Verschlüsselung von Telekommunikationsverbindungen und Konfigurationen von Unternehmens- sowie Mitarbeiter-Endgeräten zu konkretisieren.
Banken müssen mit Kreditverlusten rechnen
Finanziell befinden sich Banken 2020 in einer besseren Lage als zu Beginn der Finanzkrise 2008. Nichtsdestotrotz könnte die Widerstandsfähigkeit der Banken angesichts einer extremen Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität, einhergehend mit erwarteten Liquiditätsengpässen bei Kreditnehmern, und trotz der Erleichterung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben seitens der Bankenaufsicht auf eine harte Probe gestellt werden.
So können dreimonatige Verzögerungen bei der Darlehensrückzahlung beispielsweise zum Anstieg der Liquiditäts- und Kreditrisiken führen. Dies könnte zum einen zu einem signifikanten Anstieg des Kreditrisikos entsprechend dem Modell erwarteter Kreditverluste (ECL) gemäß IFRS 9 führen. Infolgedessen müssen Banken höhere Rückstellungen bilden, um das Kreditrisiko ausgleichen zu können.
Zum anderen führen das Ausbleiben der Zins- und Tilgungszahlungen seitens der Kreditnehmer dazu, dass Banken in dieser Zeit die Refinanzierungskosten nicht decken können, sodass sie eigene finanzielle Mittel für Refinanzierungszwecke ausschöpfen müssen.
Covid-19 in die Risikomodelle einkalkulieren
Die Institute müssen daher besonders darauf achten, wie sie das Covid-19-Risiko in ihre Risikoberechnungen mit aufnehmen, um eine Doppelzählung desselben Risikos zu vermeiden. So könnten entsprechende Risiken durch eine Anpassung des Diskontierungsfaktors oder der Wahrscheinlichkeit der Auszahlung der Zahlungsströme berücksichtigt werden. Sollte das Covid-19-Risiko in die beiden Parameter einbezogen werden, führt dies allerdings zu einer Doppelzählung.
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