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17.08.2022 | Batterie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Marktrisiko mangelnde Restkapazität von Traktionsbatterien

verfasst von: Andreas Burkert

4 Min. Lesedauer

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Die Attraktivität der Elektromobilität hängt auch von der Lebensdauer der Traktionsbatterien ab. Der State of Health von gebrauchten Batterien wird immer wichtiger, nicht nur für den Gebrauchtwagenmarkt.

Im Generellen sind die Ursachen der Alterung von Traktionsbatterien auf Lithium-Ionen-Basis bekannt, im Detail allerdings noch lange nicht zufriedenstellend erforscht. Dazu sind die elektrochemischen Vorgänge auf der Zellebene zu komplex. Beim jedem Lade- und Entladevorgang in einer elektrischen Batterie lagern sich Lithium-Ionen in den Elektroden der Zelle wie in den Poren eines Schwamms ein. Mit der Zeit kommt es jedoch zu Brüchen und Rissen an den filigranen Strukturen. Die Folge erklärt die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung: "Immer mehr Lithium-Ionen passen nicht mehr in die Hohlstellen des 'Schwamms', sie sammeln stattdessen in Haufen um die Elektroden an und behindern die Bewegung anderer Ionen. Die Performance des Akkus sinkt."

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Batteriemodell zur Prädiktion des Gesundheitszustands von Lithium-Ionen-Batterien

Kern der Arbeit von Alexander Kohs ist die Herleitung einer Methode zur Bestimmung der Alterung von Batterien. Durch Anwendung der statistischen Versuchsplanung parametriert der Autor dabei ein Batteriemodell mit einer minimalen Anzahl von Versuchen. Es kommen unterschiedliche Charakterisierungsmethoden zur Bestimmung des Batteriezustands zum Einsatz. Neben der Bestimmung der Restkapazität und des Innenwiderstands sind dies Impedanzspektroskopie und Pulsmessung. Die Ergebnisse der Charakterisierung werden mithilfe einer multiplen Regression modelliert.

Und auch darum wird der Elektromobilität immer der Makel der Unvorhersehbarkeit vorgehalten. Dabei hat die Automobilbranche in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte bei der Lithium-Ionen-Akkutechnik erzielt. Und mittlerweile lässt sich immer zuverlässiger und schneller vorhersagen, wie hochwertig das System Energiespeicher noch ist. Aufschluss darüber gibt dabei unter anderem die Restkapazität einer Batterie. In diesem Zusammenhang wird auch vom State of Health (SOH) gesprochen – ein aussagekräftiger Wert, der von der Branche sehr genau beobachtet wird.

Aufschlussreiche OnBoard-Diagnose

Wird nämlich eine Restkapazität von unter 60 % der ursprünglichen Kapazität festgestellt, der sogenannten Bemessungskapazität, spricht man in der Regel von dem Ende der Lebensdauer eines Akkus. Für den sinnvollen Weiterbetrieb in einem Automobil ist solch ein Energiespeicher dann nicht mehr geeignet. Ein Umstand, der weniger den Neuwagenmarkt betrifft, als das Geschäft mit den Gebrauchtwagen. Davon aber hängt auch die Attraktivität neuer Elektrofahrzeuge ab. Vor diesem Hintergrund haben sich mittlerweile zahlreiche Unternehmen auf das Bestimmen der Restkapazität spezialisiert.

Zu denen gehört auch das im Jahr 2017 gegründete und in Österreich ansässige Startup Aviloo. Innerhalb von zwei Jahren hat es ein unabhängiges Testverfahren für Lithium-Batterien in Elektro- und Plug-in-Fahrzeugen entwickelt. Laut Unternehmensangaben wird dabei über ein Verbindungskabel die Testbox an die OBD-Schnittstelle (OnBoard-Diagnose) angeschlossen. Zum Start muss das Auto vollgeladen sein. Anschließend wird das Fahrzeug im Normalbetrieb innerhalb von sieben Tagen bis unter 10 % Batterieladestand gefahren. Währenddessen erhebt die Testbox nach erfolgtem Kundenauftrag laufend die relevanten Daten und sendet diese an den Aviloo-Server zur Analyse.

Gesundheitszustand und Entwicklungsdefizite

Diese Untersuchungen erlauben nicht nur Rückschlüsse auf die in den Fahrzeugen getesteten Batterieeinheiten, sondern auch auf die Marktentwicklung. Da Aviloo davon unabhängig auch Batteriezellen im eigenen Labor unter Extrembedingungen prüft, kann es genaue Daten über den "Gesundheitszustand" der am Markt verwendeten Antriebsbatterien geben. Entwicklungsdefizite können in einer Datenbank umgehend identifiziert werden. Die hinterlegten Werte geben, wenn sie entsprechend aufbereitet wurden, auch Auskunft über das Alterungsverhalten. Wie sich daraus ein Alterungsmodell erstellen lässt, erklärt Alexander Kohs in seinem Buch Batteriemodell zur Prädiktion des Gesundheitszustands von Lithium-Ionen-Batterien. Kern der Arbeit von Kohs ist die Herleitung einer Methode zur Bestimmung der Alterung von Batterien.

Diese Kenntnisse dienen im Übrigen auch den Entwicklern der Expertenorganisation Dekra. Das Unternehmen hat einen Batterie-Schnelltest entwickelt. Dieser soll laut Unternehmen innerhalb einer Viertelstunde einen präzisen Wert für die Restkapazität einer Antriebsbatterie liefern. Der Test basiert auf der Messung von Batteriekenndaten im Rahmen einer sehr kurzen Testfahrt. "Es genügt eine kurze Beschleunigung von rund 100 Metern, während der die Daten über die On-Board-Diagnose-Schnittstelle ausgelesen werden", erklärt Ulrike Hetzel, Vorstandsmitglied und Chief Technology Officer von Dekra.

Algorithmus nutzt qualifizierte Daten

Das eigentliche Know-how besteht aber darin, die gemessenen Werte einzuordnen. "Hinter dem Verfahren stehen eine sehr aufwändig bestückte Datenbank und ein hoch komplexer Algorithmus", so Hetzel. "Die Basisdaten werden im Vorfeld für jeden einzelnen Fahrzeugtyp mit Messfahrten unter unterschiedlichsten Bedingungen ermittelt; anschließend folgen eine entsprechende Strukturierung und weitere aufwändige Berechnungen, teilweise mit Hilfe Künstlicher Intelligenz. Den gesamten Prozess bezeichnen wir als 'Parametrierung'. Die im Testfall gemessenen Werte werden dann anhand dieser typspezifischen Parameter bewertet."

Auch Mahle Aftermarket engagiert sich auf dem Gebiet der Batteriediagnose von Elektrofahrzeugen. Dafür arbeitet die Service- und Ersatzteilsparte des Stuttgarter Automobilzulieferers mit volytica diagnostics, einem Softwarenentwickler aus Dresden, zusammen. Mahle nutzt dafür den OBD-Port, künftig allerdings auch den Ladestecker. Die gemessenen Daten werden in der Cloud auswertet und liefern wertvolle Informationen über den Zustand der Fahrzeugbatterie. Für die Diagnose kommt eine spezielle Kombination aus Lade- und Diagnosegerät zum Einsatz. Das Ergebnis liegt dann Innerhalb von zehn Minuten vor.

Mithilfe von Batterie-Diagnostik können jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen Batterien mit einem Wert von mehr als 50 Milliarden Euro vor einer vorzeitigen Aussonderung bewahrt und so beispielsweise einem zweiten Leben zugeführt werden.

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