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30.06.2023 | Steuerrecht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Grenzüberschreitende Steuergestaltung unter der Lupe

verfasst von: Sylvia Meier

4 Min. Lesedauer

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Politik und Finanzverwaltung haben Steuervermeidungsstrategien den Kampf angesagt, denn grenzüberschreitende Steuergestaltungen müssen gemeldet werden. Insbesondere Datenleaks liefern zahlreiche Auswertungsmöglichkeiten für die Behörden.

Viele Unternehmen, die über Ländergrenzen hinweg Geschäfte abwickeln, nutzen verschiedene Möglichkeiten im internationalen Steuerrecht, um ganz legal ihre Steuerlast zu verringern. Doch schnell ist die Grenze vom zulässigen "Steuertrick" zur missbräuchlichen Gestaltung überschritten. Gesetzgeber und Finanzverwaltung haben gleichermaßen ein Interesse, entsprechende Regelungslücken zu schließen und Daten auszuwerten. 

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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

Internationales Steuerrecht

Die wachsende Globalisierung führt zu internationalen Besteuerungsfragen. Sie betreffen insbesondere die persönliche und sachliche Steuerpflicht in mindestens zwei Staaten, deren Steuersysteme nicht aufeinander abgestimmt sind.

Werden beispielsweise Betriebsstätten oder Tochtergesellschaften in Staaten gegründet, die niedrige oder auch gar keine Steuersätze veranschlagen, damit Gewinne der Besteuerung entzogen werden, wird die Steuergerechtigkeit infrage gestellt. Denn Steuerhinterziehern drohen strafrechtliche Ermittlungen. Lange Zeit waren gerade auch bei vielen Privatanlegern solche sogenannten Steueroasen beliebt. 

Auf der Ebene des Staatenwettbewerbs entstehen Gerechtigkeitsprobleme, wenn Steuerpflichtige durch Verlagerung eines mobilen Besteuerungsgutes (zum Beispiel Kapital) in Niedrigsteuerländer weniger Steuern zahlen als Steuerpflichtige mit immobilen Besteuerungsgütern (zum Beispiel Arbeit). Sach- und insbesondere Geldkapital als Hauptnachfragende des Standortwettbewerbs nehmen zwar die gleichen staatlichen Gesamtleistungen in Anspruch, können jedoch ganz oder teilweise der Besteuerung entzogen werden", erklärt Springer-Autor Reiner Sahm in seinem Buchkapitel "Steuergerechtigkeit und Staatenwettbewerb“ (Seite 109).

Dabei verhalten sich Staaten zu ihrem eigenen Vorteil unkooperativ gegenüber anderen Ländern - sei es durch Privilegierungen, internationale Steuergestaltung oder durch internationale Steuerhinterziehung.

Auswertung von Datenleaks

Um solche Steuervermeidungsgestaltungen zu verhindern und Steuerhinterziehern schneller auf die Schliche zu kommen, werden Daten international ausgetauscht. Hierzu gehören auch die sogenannten Datenleaks. Aktuell hat beispielsweise das hessische Finanzministerium bekannt gegeben, gemeinsam mit dem Zollfahndungsdienst die Daten der "Pandora Papers" erworben zu haben. Hierbei handelt es sich um das bisher größten Datenleak über Steueroasen, das erstmals durch das internationale Netzwerk investigativer Journalisten am 2. Oktober 2021 bekannt wurde.

Unsere Expertinnen und Experten haben die uns angebotenen Daten eingehend geprüft und als authentisch und verwertbar eingestuft. Uns liegen nun über 3,8 Terabyte Daten vor, die sich auf mindestens 10,4 Millionen Dokumente erstrecken. Wie werthaltig die Pandora Papers aus steuerlicher Sicht sind, werden die Auswertung und die sich anschließenden Ermittlungen der unterschiedlichsten Behörden ergeben", sagte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg (CDU). 

Erste Hinweise auf prüfungswürdige Fälle seien dem Politiker zu folge bereits erkennbar. "Mir ist das Signal wichtig: Wenn es Hinweise auf Steuerkriminalität gibt, gehen wir denen mit allen uns verfügbaren Mittel nach. Hessen gibt dabei gerne den Takt vor. Das dürfen alle ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von uns erwarten."

Mitteilungen zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen

Dabei müssen Unternehmen bereits aus Compliance-Gründen zahlreiche Mitteilungs- und Erklärungspflichten beachten. Hierzu gehört auch die Meldung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen an das Bundeszentralamt für Steuern. Ein entsprechendes Gesetz setzt dabei die Richtlinie (EU) 2018/822 vom 15. Mai 2018 zur Änderung der EU-Amtshilferichtlinie, kurz DAC-6-Richtlinie, um. 

Hintergrund dieser Regelung ist, dass es sowohl der Steuerverwaltung als auch dem Gesetzgeber möglich sein soll, Steuervermeidungspraktiken und die Verlagerungen von Gewinnen möglichst schnell zu erkennen und ungewollte Gestaltungsspielräume zu verhindern.

Einige Fakten zu den Mitteilungspflichten:

  • Gesetzliche Regelungen finden sich in den §§ 138d ff. Abgabenordnung.
  • In den Anwendungsbereich fallen insbesondere die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Versicherungssteuer, Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Luftverkehrsteuer und nicht-harmonisierten Verbrauchsteuern (zum Beispiel Kaffeesteuer).
  • Zur Mitteilung verpflichtet ist der Intermediär (zum Beispiel Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer), also derjenige, der eine grenzüberschreitende Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet (vergleiche § 138d Absatz 1 Abgabenordnung).
  • Ist kein Intermediär vorhanden oder hat der Nutzer der Steuergestaltung diese selbst konzipiert, dann ist der Nutzer mitteilungspflichtig.
  • Bei Unsicherheit zur Mitteilungspflicht hilft ein Prüfungsschema eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 29.3.2021, IV A 3 - S 0304/19/10006 :010/IV B 1 - S 1317/19/10058 :011.
  • Wer den Mitteilungspflichten nicht nachkommt, handelt ordnungswidrig und kann mit einem Bußgeld bis zu 25.000 Euro belangt werden.

Tipp: Zahlreiche Informationen zu den Mittelungspflichten grenzüberschreitender Steuergestaltungen stellt das Bundeszentralamt für Steuern zur Verfügung.

Tausende Mitteilungen werden ausgewertet

Aufgrund einer kleinen Anfrage der Fraktion CDU/CSU hat die Bundesregierung angegeben, dass beim Bundeszentralamt für Steuern bis zum 31. März 2023 insgesamt 26.921 Mitteilungen über grenzüberschreitende eingegangen sind. Außerdem hat das Bundeszentralamt für Steuern insgesamt 1.967 Mitteilungen aus dem Zentralverzeichnis der Europäischen Union heruntergeladen, die Deutschland als betroffenen Mitgliedstaat einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung kennzeichnen.

Die Mitteilungen bleiben nicht ohne Folgen, wie aus der Drucksache 20/6734 zu entnehmen ist: "Das Bundeszentralamt für Steuern hat dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) bisher Informationen über insgesamt 24 grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle mit identifiziertem rechtspolitischem Handlungsbedarf mitgeteilt. Diese betrafen insgesamt 4.268 einzelne Mitteilungen."

Fazit: Datenleaks, Mitteilungen und der internationale Informationsaustausch sorgen dafür, dass Steuervermeidungspraktiken kaum unentdeckt bleiben und früher oder später strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. 

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