Gründer in Deutschland brauchen viel Geduld und einen langen Atem. Denn nicht nur Businessplan und Finanzierung sind Hürden auf dem Weg zum eigenen Unternehmen, sondern auch viel Bürokratie. Insbesondere analoge Behörden sind ein Hemmschuh.
Langsam mahlende Mühlen der Bürokratie sind als ein nicht zu unterschätzender Stolperstein anzusehen, der sowohl Zeit als auch Nerven kostet. Kommt das Start-up erfreulicherweise in den Genuss einer oder mehrerer Förderungen so bedeutet dies auf der einen Seite sicherlich eine große Unterstützung. Auf der anderen Seite gehen damit häufig lange Genehmigungsverfahren oder aber regelmäßiges Einreichen von Unterlagen, Anträgen oder anderen Schriftstücken einher."
So beschreibt Fabian Stichnoth die Chancen und Herausforderungen einer Unternehmensgründung (Seite 46) aus Sicht des Entrepreneur. Und offenbar ist die Bürokratie nicht nur ein Geduldspiel, sondern verhindert schlimmstenfalls sogar, dass ein Start-up aus der Taufe gehoben wird. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Gründungsklima in Deutschland", für die im Januar und Februar 2022 im Auftrag von Baulig Consulting bundesweit 300 Personen befragt wurden, die in den vergangenen fünf Jahren ein gewerbesteuerpflichtiges Unternehmen gestartet haben.
Administration größer Zeitfresser bei Gründung
Demnach haben 57 Prozent der Entrepreneure hierzulande den administrativen und zeitlichen Aufwand bei Ämtern und Behörden als zu groß erlebt. Insbesondere bei Firmenideen mit einem digitalen Schwerpunkt bekommen Jungunternehmer die Mühlen der Bürokratie unangenehm zu spüren (67 Prozent). Insgesamt bezeichnen die Befragten diesen Teil der Gründung als zeitintensiver als jeden anderen Schritt auf dem Weg in die Selbstständigkeit, etwa die Erstellung eines Businessplans oder die Wahl eines Standorts.
Das größte Hindernis sehen 63 Prozent der Jungunternehmen in den fehlenden digitalen Prozessen der zuständigen Ämter. Gerade mit einem digitalen Geschäftsmodell beklagen 69 Prozent der Befragten die verstaubte, analoge Welt der Behörden. Dabei ist insbesondere die fehlende Vernetzung der zuständigen Stellen ein Ärgernis. 59 Prozent der Umfrageteilnehmer mussten die gleichen Anfragen an mehrere Institutionen stellen. Junge Unternehmen mit digitalem Fokus monieren dies zu 72 Prozent.
Bearbeitungszeiten bremsen Entrepreneure aus
Insgesamt kritisieren 57 Prozent, durch lange Bearbeitungszeiten bei ihrer Gründung beeinträchtigt worden zu sein. Als Probleme geben 49 Prozent den Umfang der nötigen Dokumente, 47 Prozent die Anzahl der beteiligten Ämter und 46 Prozent die unklaren Zuständigkeiten und Abläufe an. Besonders schlimm erleben Gründer laut Befragung staatliche Stellen in Süd- und Ostdeutschland.
"Die Zeit, die für die Erstellung, Abstimmung und Einreichung benötigt wird, wird in der Planung häufig unterschätzt. Dazu kommt, dass zahlreiche Förderungen nur anteilig übernommen werden. Außerdem gilt es zu beachten, dass Unternehmen oftmals in Vorleistung gehen müssen und die Auszahlungen der in Zuwendungsbescheiden bewilligten Beträge erst Monate später ausgezahlt werden. Dies ist in der Finanzplanung zwingend zu berücksichtigen", schreibt dazu Fabian Stichnoth, der selbst ein Marktforschungsunternehmen gegründet hat (Seite 47).
Die Online-Gründung als Beschleuniger?
Entrepreneure müssen sich durch einen Wust an Papieren kämpfen. So hatte der Branchendienst Startupdetector aus Berlin in Zusammenarbeit mit Statista 2021 ausgewertet, wie lange es nach einem Notartermin dauert, bis Start-ups im Handelsregister eingetragen und veröffentlicht wurden. Das Ergebnis war seinerzeit, dass es große regionale Unterschiede zwischen den verschiedenen Standorten der Amtsgerichte gab. Mancherorts mussten Gründer nach dem Notartermin mehrere Monate warten, bis ihr Unternehmen im Handelsregister gelistet wurde, während es anderenorts binnen Tagen erledigt war.
Die Online-Gründung könnte Abhilfe leisten und Prozesse beschleunigen. Diese ist bereits Gesetz und soll ab August 2022 möglich sein, wenn die Gründer ihr Stammkapital in Form von Geld aufbringen. Für Gründungen, bei denen Sachwerte wie etwa Fahrzeuge herangezogen werden, ist das bislang nicht vorgesehen. Dies soll aber gemäß eines Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums nun geändert werden.