Verkehrte Welt: Jeden Montagmorgen - so offenbaren die Ergebnisse einer Studie - erleiden deutsche Büroangestellte einen herben Niveauverlust. Am Wochenende daheim noch auf neuesten Rechnern und mobilen Geräten blitzschnell im Internet unterwegs, sind sie jetzt mit unzeitgemäßer Software auf veralteten Geräten gestraft und für den Rest der Woche in tristen braun-beigen Büros untergebracht. Im Zuge von Digitalisierung und Industrie 4.0 hat sich die Arbeitswelt gewandelt. Routinetätigkeiten sind automatisiert, der Mitarbeiter übernimmt Wissensarbeit und kreatives Denken, seine Arbeitsstätte hinkt dem aber gewaltig hinterher. Eine Erkenntnis, die in vielen deutschen Unternehmen und Verwaltungen noch nicht angekommen ist. Wohl aber bei den Angestellten. Sie vermissen Arbeitsumgebungen, die motivieren und ihre Zusammenarbeit verbessern.
Was Angestellte nervt
Moderne Bürokonzepte wirken aber nicht nur positiv auf das Engagement von Mitarbeitern, sie stärken auch die Arbeitgebermarke nach Innen. Umso mehr sollten die Ergebnisse der Sharp-Studie "IT-Zufriedenheit in deutschen Unternehmen" alarmieren. Von den 1.015 In Deutschland befragten Angestellten - an der Studie beteiligten sich insgesamt 6.045 Bürokräfte aus neun europäischen Ländern - fanden 64 Prozent überwiegend negative Worte für den Arbeitsort, an dem sie immerhin durchschnittlich 250 Tage pro Jahr verbringen. Lediglich 16 Prozent finden ihr Büro motivierend.
Technische Ausstattung die einschränkt und behindert (44 Prozent), teilweise defekte oder unbrauchbare Geräte (26 Prozent, langweilige Verwaltungsaufgaben (31 Prozent) und veraltete Arbeitsmethoden (28 Prozent) frustrieren Angestellte besonders stark. Um dem zu entkommen, weichen sie auf eigene Laptops, Tablets und Smartphones aus (42 Prozent) oder täuschen vor, dass die Geräte des Arbeitgebers defekt seien, nur um sie nicht benutzen zu müssen (40 Prozent). Die innere Kündigung ist so vorprogrammiert, schon jetzt machen 16 Prozent ihre Verbundenheit zum Arbeitgeber von der technischen Ausstattung abhängig. Dass umgekehrt aber moderne und leicht bedienbare Technologien die Moral beflügeln, davon sind 42 Prozent überzeugt.
Es muss nicht gleich "Seaview" sein
Das Büro als Plattform von Engagement und Arbeitgeber-Attraktivität muss nicht gleich zur blühenden Landschaft umgestaltet werden - laut Human Spaces Report 2014 wünschen Arbeitnehmer sich neben Tageslicht, Grünpflanzen und Ruheräumen auch dem Blick aufs Meer - um die Arbeitsplatzkultur zu heben. Wohl aber lassen sich moderne Arbeitsformen nicht länger mit veralteten Raumkonzepten vereinbaren. Leitlinien zur Gestaltung neuer Büro- und Arbeitswelten am Arbeitsplatz der Zukunft empfiehlt Springer-Autor Martin Klaffke. Für ihn hat sich die Diskussion Home-Office oder versus stationärer Arbeitsplatz wieder hin zum Arbeitsort entwickelt, mit Fokus auf die flexible Gestaltung des Büros an sich. "Zentrale Erfolgsvoraussetzung für die Einführung einer „New Office“-Konfiguration ist seitens des Top Managements die Wahrnehmung des Büros nicht nur als Effizienz- sondern insbesondere als Effektivitätstreiber" (Seite 22).
Wie sich moderne Büroorganisation definiert (Seite 13):
- Unterschiedliche Arbeitsweisen und Arbeitsstile aktivitätenorientiert unterstützten
- Wahlmöglichkeiten für die Arbeitserledigung bieten
- Sinnlich stimulierende Bereiche für lebendige Betriebsamkeit, ruhige Zonen für konzentriertes Arbeiten einrichten
- Mobiles und zeitunabhängiges Arbeiten unterstützen
- Beschäftigte zum Wissensaustausch anregen und Teamarbeit auch außerhalb von Besprechungen (real und virtuell) ermöglichen
- Soziale Netzwerke und Kontakte zwischen Abteilungen fördern und spontane Interaktionen stimulieren
- Wohlfühlfaktoren der einzelnen Mitarbeitergenerationen ansprechen
- Räume mit Bezug zur Unternehmenskultur und -marke gestalten
- Unternehmenswachstum sowie Veränderungen in den Arbeitsabläufen und Ad-hoc-Nutzungsanforderungen durch anpassungsfähige Raumgestaltung und Multifunktionalität der Arbeitsplätze berücksichtigen
IT als Schlüssel zum modernen Büro
Und die Technik? Wissensaustausch und Kommunikation sind ohne adäquate IT-Ausstattung nicht möglich. Eine Workspace-Modernisierungs-Strategie muss für Informationsaustausch und Kollaboration IT-Infrastrukturen auf Höhe der Zeit parat haben. Das ist die eine Forderung, die die Springer-Autoren Stefan Klaffke und Stefan Reinheimer an die Büro-Informations- und Kommunikationstechnologie am Arbeitsplatz 4.0 stellen. Hinzu kommt der hohe Anspruch an Individualität, den vor allem junge, mit der Digitalisierung herangewachsene Arbeitnehmer gewohnt sind. Für sie entscheidet die Frage, ob eigene Endgeräte gestattet sind, zunehmend über die Qualität des Arbeitsplatzes. Darauf technisch zu reagieren und datenschutzrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sei Aufgabe der Arbeitgeber.