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29.02.2024 | Verkaufstechniken | Interview | Online-Artikel

"Jede Interaktion ist eine Art von Verhandlung"

verfasst von: Johanna Leitherer

4 Min. Lesedauer

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Langfristige Geschäftsbeziehungen hängen von sämtlichen Situationen des Kundenkontakts ab, weiß Dr. Manuel Beck. Im Interview mit Springer Professional erklärt der Springer-Autor, wie Vertriebsteams ihre Verhandlungsführung optimieren können.

Springer Professional: Herr Dr. Beck, Sie sind auf die Führung von Vertriebsteams spezialisiert. In Ihrem Buch "Situative Verhandlungsführung" rücken Sie zusätzlich zu Ihrer persönlichen Expertise die Studienlage in den Blickpunkt und wissen daher genau, was die situative Verhandlungsführung derzeit so erschwert. Geben Sie uns einen kleinen Einblick?

Dr. Manuel Beck: Die Komplexität der Themen, mit denen wir uns im beruflichen Alltag, auch in Kundengesprächen, beschäftigen, nimmt stetig zu. Beispielsweise werden einfachere Aufgaben zunehmend durch die Digitalisierung automatisiert, sodass für uns vor allem die anspruchsvollen und komplexen Herausforderungen übrig bleiben. Für einfache Vertriebsaufgaben werden schon lange digitale Lösungen angeboten. Diese Tendenz wird sich auch weiterhin verstärken und ist auch nur einer von vielen Gründen. 

Empfehlung der Redaktion

2023 | Buch

Situative Verhandlungsführung

Transaktionsanalytische Konzeption und empirische Erfolgsanalyse

Das vorliegende Buch eröffnet tiefe Einblicke in Unternehmenskommunikation. Es analysiert prägende Faktoren und untersucht situative Verhandlungstaktiken. Mit verschiedenen Perspektiven beleuchtet es Geschäftsbeziehungen und Kommunikationsstrategien.

Der Markt ist außerdem überschwemmt mit einer Fülle von Tricks, Anekdoten und Manipulationstechniken. Solche Strategien mögen kurzfristig Erfolg versprechen, wenn man plant, sein Gegenüber einmalig auszutricksen und nie wiederzusehen. Jedoch für diejenigen, die an langfristigen Geschäftsbeziehungen interessiert sind, erweisen sich diese Methoden als kontraproduktiv. Zudem gibt es eine umfangreiche Menge an fundierter Forschung, die aus zahlreichen Studien hervorgeht und wirklichen praktischen Mehrwert bieten kann. 

Was können Vertriebsteams denn im Vorfeld tun, um den Erfolg ihrer situativen Verhandlungsführung zu stärken? Welche Einstellungen und Kompetenzen braucht es?

Die Bedeutung von Kompetenzen variiert stark je nach Branche, doch eines ist klar: Vertriebsmitarbeiter müssen zunehmend als Knowledge Broker agieren. Sie benötigen ausgeprägte soziale Fähigkeiten, um verschiedene Teams und Parteien zu koordinieren. Sie müssen Wissen effektiv verteilen und ein vielfältiges Ensemble aus Menschen einschließlich Kunden und Kollegen anderer Abteilungen zielgerichtet dirigieren.

Vorbereitung ist in dieser Hinsicht zwar essenziell, aber in der Realität ist nahezu jede Interaktion eines Mitarbeiters, sei es intern oder extern, eine Art von Verhandlung. Angesichts der enormen Anzahl an Gesprächen ist es unrealistisch, jedes einzelne davon bis ins kleinste Detail vorzubereiten. Exakt darauf zielt der Begriff "situativ" ab. Im Buch beschäftige ich mich mit der Frage, wie man, abgesehen von der Vorbereitung, die verschiedenen zwischenmenschlichen Situationen am besten nutzen kann und welche Aspekte dabei berücksichtigt werden sollten, um die gewünschten Ziele zu erreichen.

Welche Einflüsse sollten in Verkäufer-Käufer-Interaktionen beachtet werden und wie sieht dann die ideale situative Anpassungsfähigkeit aus?

Die idealen Vorgehensweisen sind sehr situationsabhängig, also vom Verhalten des Gegenübers bestimmt. Pauschale, einstudierte Verhaltensratschläge erzielen oft nicht das gewollte Ergebnis und teilweise sogar negative Effekte.

Um aber dennoch zwei Beispiele zu nennen: Die Ergebnisse der Analyse bestätigen teilweise zum einen das, was viele bereits vermuten, zum Beispiel die Bedeutung von Höflichkeit. Andere Erkenntnisse waren aber wesentlich überraschender: Als ich im Vertrieb anfing, wurde mir beispielsweise beigebracht, dass wenn der Kunde sehr aufgebracht ist, es wichtig sei, die eigenen Emotionen zu kontrollieren und dem Kunden die Situation analytisch zu erklären. Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass genau dieses Verhalten aber einen extrem negativen Einfluss auf das Ergebnis des Gesprächs hat. Als ich diese Entdeckung meiner Frau mitteilte, musste sie lachen. Sie erklärte mir, dass, wenn sie verärgert ist, weil ich den Müll nicht herausgebracht habe, das letzte, was sie hören möchte, eine analytische Erklärung von mir ist. Stattdessen wünscht sie sich, dass ich ihr emotional vermittele, dass ich das Problem genauso ernst wie sie nehme und es mir wirklich leid tut. So spürt sie, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um den Müll zukünftig nicht zu vergessen.

Inwieweit lässt sich die Beziehungsanalyse auf Führungsebene nutzen, etwa um bestehende Vertriebsteams zu stärken oder personellen Bedarf zu erkennen?

Gerade auf der Führungsebene ist jedes Gespräch, auch innerhalb der eigenen Teams, letztendlich eine Verhandlung. Die Beziehungsanalyse hilft zu verstehen, was ein Gespräch abhängig von der jeweiligen Situation erfolgreich macht und was eher schadet. Neben der Möglichkeit, sich selbst zu steuern, wird ein einfach umsetzbarer Zugang geschaffen, um auch zu erkennen, wie sich andere Dritten gegenüber verhalten sollten, um eine (Geschäfts-)Beziehung positiv zu gestalten. Das heißt, Führungskräfte werden befähigt, recht pragmatisch zu beurteilen, welche Maßnahmen, Schulungen, Assessment Center, Coachings etc. für ihre Mitarbeiter oder Bewerber am geeignetsten sind.

Dies ist relevant, da Studien belegen, dass die Art der Zusammenarbeit mit den Menschen innerhalb eines Unternehmens oft höher geschätzt wird als die Qualität der eigentlichen Produkte oder Dienstleistungen. Dies betont die Bedeutung derjenigen Personen, die direkten Kundenkontakt haben, wie Mitarbeiter im Kundenservice oder im Vertrieb, und deren Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen.

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