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30.03.2023 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Das sind die Software-Strategien der deutschen Autohersteller

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Das Auto der Zukunft ist das softwaredefinierte Fahrzeug. Der Weg dahin sind neue Entwicklungs- und Marktkonzepte. Welche Software-Strategien die deutschen Autohersteller verfolgen, zeigt unser Überblick. 

Das softwaredefinierte Fahrzeug spielt eine immer größere Rolle in der Automobilbranche. Der Wert künftiger Autos wird hauptsächlich durch Softwarefunktionen und -dienste bestimmt, die intelligente Anwendungen und ein vernetztes Nutzererlebnis bieten. Daher machen Automobilhersteller Software zu einem zentralen Element ihrer Entwicklungs- und Marktstrategien. Dieser Wandel in den aktuellen Geschäftsmodellen und der Wertschöpfungskette der Automobilindustrie erfordert auch neue Ansätze bei der Software-Entwicklung. Welche Pläne verfolgen die OEMs? Das sind die Software-Strategien der deutschen Autohersteller im Überblick.

Mercedes-Benz: Herstellereigenes Betriebssystem MB.OS

Mercedes-Benz hat seine Pläne als Architekt des eigenen Betriebssystems Mercedes‑Benz Operating System, kurz MB.OS, konkretisiert. Das System soll Mitte des Jahrzehnts mit der neuen MMA-Plattform (Mercedes Modular Architecture) eingeführt werden. MB.OS wurde intern bei Mercedes-Benz entworfen und entwickelt. MB.OS basiert auf einer Chip-to-Cloud-Architektur, die es erlaubt, die Software- und Hardware-Zyklen voneinander zu entkoppeln. MB.OS kann für das gesamte Fahrzeugportfolio standardisiert werden, ist updatefähig und hat Zugriff auf sämtliche Bereiche des Fahrzeugs: Infotainment, Fahrzeug- und Komfortfunktionen, Fahren und Laden sowie automatisiertes Fahren. 

Zu den Partnern bei MB.OS zählt unter anderen Nvidia, das seine Expertise auf den Gebieten Software, Daten und künstliche Intelligenz (KI) ebenso einbringt wie seinen Orin System-on-Chip. Aufgrund der Kooperation mit Google hat Mercedes-Benz Zugriff auf das Geoinformationsangebot des Tech-Unternehmens. In MB.OS sollen unter anderem Detailinformationen zu Sonderzielen, Echtzeit-Verkehrsinformationen und Daten zur prognostizierten Verkehrslage sowie die automatische Anpassung der Routenplanung an die Verkehrssituation integriert werden. Über das Infotainment-System sollen Kunden auch auf die YouTube-App zugreifen können. Die Antstream-Plattform für Arcade-Spiele und die Videokonferenzdienste Webex und Zoom werden ebenfalls integriert. Spezifische Kundenanforderungen in China sollen durch Inhalte von Tencent bedient werden. Einen ersten Ausblick auf MB.OS soll es in der neuen E-Klasse geben, die 2023 auf den Markt kommt und die dritte Generation MBUX an Bord hat.

Bis Ende des Jahrzehnts sollen die durch MB.Connect und MB.Drive generierten Umsätze auf einen hohen einstelligen Milliarden-Euro-Betrag anwachsen. Bereits im Jahr 2022 hat Mercedes-Benz mehr als 1 Mrd. Euro an software-basierten Umsätzen erzielt – mit Produkten und Services wie Navigation, Echtzeit-Verkehrslage (Live Traffic) oder Karten-Updates. 2025 soll mit digitalen Services eine Milliarde Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern erwirtschaftet werden. Nach Angaben von Mercedes-Benz soll Software zu einem wesentlichen Teil des Produktentwicklungsprozesses und des Investment-Plans des Unternehmens werden. Dabei plane man bis zur Mitte des Jahrzehnts, 25 % des Forschungs- und Entwicklungs-Gesamtbudgets für Software bereitzustellen. 

Volkswagen: Software-Sparte Cariad gibt Tempo vor

Mit der Konzernstrategie "New Auto – Mobility for generations to come" will Volkswagen die Transformation des Unternehmens in ein softwareorientiertes Unternehmen vorantreiben. Ziel sei die Weiterentwicklung des Automobils zum softwarebasierten Produkt. Mit der IT-Tochter Cariad soll die technische Grund­lage für datenbasierte Geschäftsmodelle, neue Mobilitätsdienste und automatisiertes Fahren (Level 4) geschaffen und eine einheitliche Software- und Technologieplattform für alle Marken des Volkswagen-Konzerns entwickelt werden. Dabei soll der Anteil der selbstentwickelten Software im Fahrzeug erhöht werden. Cariad arbeite bereits gemeinsam mit den Marken Porsche und Audi an der Einführung der neuen Plattform E3 1.2. Sie soll die Abstimmung von Hardware auf die Fahrzeugsoftware von Cariad optimieren, um etwa das Aufspielen von Over-the-Air-Updates zu erleichtern. Langfristig soll die bereits in der Entwicklung stehende ein­heit­liche Software-Architektur E3 mit der Softwareplattform VW.OS und der Volks­wagen Automotive Cloud die Grundlage für ein komplettes digitales Ökosystem bilden. Paul Hansen ergänzt im Hansen Report On Automotive Electronics aus der ATZelektronik 12-2022: "Es sei darauf hingewiesen, dass VW.OS ein Rahmenwerk und kein Betriebssystem ist. Cariad wird kein eigenes Betriebssystem entwickeln. VW.OS wird ein Linux-Betriebssystem verwenden, das weltweit am weitesten verbreitete Beispiel für Open-Source-Software."

BMW: Neue Klasse startet 2025

Mit der "Neuen Klasse" will die BMW Group ab 2025 ihr Produktangebot neu ausrichten. Die Neue Klasse zeichnet sich dabei durch drei Aspekte aus: eine vollständig neu definierte IT- und Software-Architektur (neu entwickeltes Bordnetz mit einem grundlegend neuen UX/UI-Konzept), eine neu entwickelte elektrische Antriebs- und Batteriegeneration sowie eine stärkere Berücksichtigung von Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus. 2025 soll die Neue Klasse mit einer Mittelklasselimousine und einem SUV starten. Insgesamt soll in den ersten 24 Monaten die Produktion von mindestens sechs Modellen der Neuen Klasse im weltweiten Produktionsnetz der BMW Group anlaufen. Einen Ausblick auf die Neue Klasse gab Anfang des Jahres das Mittelklasse-Studie i Vision Dee auf der CES 2023. Im Rahmen der CES hat der Vorstandsvorsitzende der BMW Group Oliver Zipse, in seiner Keynote auch eine neue Generation von Head-up-Displays für die Neue Klasse angekündigt. Ab 2025 soll das Head-up-Display, das sich über die gesamte Breite der Windschutzscheibe zieht, zum allerersten Mal als "BMW Panoramic Vision" in den Modellen der Neuen Klasse verfügbar sein.

BMW setzt zukünftig bei der Entwicklung von Softwarelösungen für das automatisierte Fahren auf eine Partnerschaft mit Chiphersteller Qualcomm und der Veoneer-Tochter Arriver Software. Die gemeinsame Entwicklung von Software-Funktionen soll auf dem aktuellen BMW-Softwarebaukasten für automatisiertes Fahren basieren, der erstmals 2021 mit dem BMW iX eingeführt wurde. Mit der neuen Kooperation soll dieser Baukasten weiter ausgebaut werden. 

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