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03.02.2022 | Bankstrategie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Finanzplatz Frankfurt büßt Jobs ein

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4 Min. Lesedauer

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Wie ist es um die Zukunft des Finanzplatzes Frankfurt bestellt? Der aktuelle Helaba-Report wirft einen Blick auf die Lage und prognostiziert einen Stellenrückgang bis Ende 2023 um vier Prozent. Dennoch sieht die Studie die Mainmetropole gut gerüstet.

"Finanzplatzpolitik ist in Deutschland und Europa zwar keine Aufgabe der Zentralbank. Dennoch hat die Notenbank ein ureigenes Interesse an einem leistungsfähigen Finanzplatz", schreibt Joachim Wuermeling, im Vorstand der Deutschen Bundesbank verantwortlich für Bankenaufsicht, Risiko-Controlling und Informationstechnologie, im Bankmagazin (Ausgabe 12 | 2021). "Denn nur ein dynamisches Finanzsystem bleibt dauerhaft stabil." Zugleich betont der Bundesbankvorstand, dass Herausforderungen wie die Digitalisierung und die Dekarbonisierung der Wirtschaft, zunehmend globalisierte Märkte und der Brexit die Stärke und Attraktivität eines deutschen und europäischen Finanzplatzes beeinflussen.

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Vier Prozent weniger Bankenjobs bis Ende 2023

Infolge der Corona-Pandemie, einer sich verändernden Arbeitskultur im Bankensektor sowie der digitalen wie grünen Transformation rechnet die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) mit einem Stellenrückgang in den Banktürmen Frankfurts. "Allerdings in geringerem Ausmaß als bislang angenommen", betont Helaba-Chefvolkswirtin Gertrud Traud im Hinblick auf die Ergebnisse des aktuellen "Finanzplatz Frankfurt"-Reports. 

Für Ende 2023 geht Helaba Research & Advisory von rund 63.500 Beschäftigten in den Frankfurter Finanzhäusern aus. Das sind vier Prozent oder rund 2.600 Jobs weniger im Vergleich zum "letzten verfügbaren Datenstand zur Jahresmitte 2021". Dabei sei zu berücksichtigen, dass es 2021 trotz Konsolidierungstrend weiterhin zu einem Anstieg der Bankbeschäftigung in der hessischen Metropole gekommen war.

Etabliertes Finanz-Cluster als Vorteil nutzen

"Der Finanzplatz Frankfurt hat sich als anpassungsfähig erwiesen, wodurch er beständig bedeutend geblieben ist", urteilt Helaba-Finanzplatzexpertin und Studienautorin Ulrike Bischoff. Zahlreiche Standortqualitäten sorgten in der Mainmetropole seit langem für "die innerdeutsche und kontinentaleuropäische Führungsrolle". Frankfurt profitiere davon, dass sich die Stadt in der Vergangheit zu einem Finanz-Cluster entwickelt habe, in dem Finanzspezialisten verschiedener Tätigkeitsfelder sowie entsprechende Medien regelmäßig im Dialog stehen. 

Im November 2021 hatte zum Beispiel die IFRS Foundation entschieden, den Hauptsitz des neuen International Sustainability Standards Boards (ISSB) in Frankfurt anzusiedeln. Ziel des Gremiums ist die Entwicklung von globalen Mindeststandards im Bereich der finanziellen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Mit ihrer Aufgabe als unabhängige Notenbank des Eurosystems sowie seit 2014 als Hüterin der europäischen Bankenaufsicht übt zudem die Europäische Zentralbank (EZB) eine große Anziehungskraft aus. "Seitdem ist der hiesige Finanzplatz zunehmend durch Geldpolitik sowie Aufsicht und Regulierung geprägt", konstatiert Bischoff. 

Gemessen an der Bilanzsumme der größten Banken Deutschlands bestätige Frankfurt seine Vormachtstellung innerhalb der Bundesrepublik: Zehn der Top-25-Banken und sieben der Top-Ten-Institute hatten hier 2020 ihren Hauptsitz. München, Düsseldorf, Stuttgart, Hamburg und Kiel folgen mit einigem Abstand. Die auf Frankfurt fokussierte Standortwahl spiegele sich auch in der aggregierten Bilanzsumme wider: 70 Prozent der 25 Top-Institute und 80 Prozent der Top-Zehn sammeln sich dem Report zufolge in der Mainmetropole.

New Work verändert Bankstrukturen

Zwar wandele der Megatrend Digitalisierung die Ausgestaltung von Finanzplätzen. Doch sei Frankfurt im Hinblick auf die IT-Infrastruktur "als Datenhauptstadt Deutschlands" gut aufgestellt, heißt es in der Analyse. Allerdings befinden sich aktuell viele Banken in Bezug auf hybride Arbeitsmodelle im strukturellen Wandel. Bestandteil der New-Work-Ansätze sei ein zunehmendes Desk Sharing, wofür auch eigene Apps zum tageweise Buchen von Arbeitsplätzen entwickelt werden.

Einige Arbeitgeber am hiesigen Finanzstandort gewähren ihren Mitarbeitern sogar vollkommene Flexibilität und viel Eigenverantwortung, indem sie in Abstimmung mit ihren Führungskräften selber entscheiden können, wo und wann sie arbeiten möchten. Diese doppelte Freiwilligkeit beinhaltet zuweilen sogar die Möglichkeit zum Arbeiten im Ausland", heißt es in der Helaba-Analyse.

Obgleich in der Folge in Frankfurt künftig wohl weniger Arbeitsfläche gebraucht wird, können digitale Meetings "den unmittelbaren Austausch in der Community" nicht gänzlich ersetzen. "Vor Ort gemeinsam abgehaltene Meetings und Konferenzen sowie spontane Treffen im Finanzdistrikt wirken sich oftmals positiv auf die Geschäftsaktivitäten aus", stellt der Report klar. 

Frankfurt muss sein Profil als Finanzplatz schärfen

Nun müsse Frankfurt seine Stellung als wichtiger Bankenplatz in Europa ausbauen und "sein Profil als Standort wichtiger Institutionen für Geldpolitik, Bankenaufsicht und Nachhaltigkeit schärfen", meint die Studienautorin. 

Zwar hat Frankfurt das Potenzial, ein Ankerfinanzplatz in der EU zu werden, aber dafür müsste eine Reihe von weiteren Weichenstellungen vorgenommen werden. Dabei geht es laut den Marktteilnehmern unter anderem um Rechtsfragen bei Allgemeinen Geschäfsbedingungen, um steuerliche Sachverhalte und um eine gute Infrastruktur für die Menschen, die von auswärts nach Deutschland kommen. Wenn Frankfurt seine komparativen Stärken vertiefen kann, kann es sich als wichtiger Teil eines europäischen Finanz-Clusters etablieren", betont Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling.


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