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16.05.2019 | Compliance | Best Practice | Online-Artikel

So spüren Banken Cyber-Betrüger auf

verfasst von: Tim Ayling

5:30 Min. Lesedauer

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Geldwäsche steht nicht nur im Zusammenhang mit Steuerhinterziehungs- und Korruptionsdelikten, sondern auch mit Verbrechen wie Menschen-, Waffen- und Drogenhandel. Wie Banken den Tätern auf die Spur kommen, erklärt Tim Ayling anhand echter Fälle. 
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Geldwäsche ist ein weit verbreitetes Phänomen, das die Weltwirtschaft lähmt: Solche Transaktionen belaufen sich jährlich auf zwischen 2 und 5 Prozent des Welt-Bruttoinlandsproduktes – das sind ein bis zwei Billionen US-Dollar, schätzt das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC). Auch in Deutschland werden jedes Jahr Milliarden an Schwarzgeld gewaschen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 stand Geldwäsche mit einem Anteil von 39 Prozent auf der Liste der häufigsten betrügerischen Handlungen, die von der Kaspersky-Fraud-Prevention-Plattform entdeckt wurden, ganz oben.

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Geldwäschern auf die Spur kommen

Weltweit nimmt die Zahl strafbarer Finanztransaktionen zu. In den Compliance-Abteilungen deutscher Kreditinstitute kommen häufiger Fälle von Geldwäsche auf den Tisch. Welche Verdachtsmomente es gibt und wie sich die Delikte verhindern lassen.


Um die Regelungen des Geldwäschegesetzes einzuhalten, müssen Banken und andere Finanzinstitute verdächtige Aktivitäten erkennen und melden, wollen sie nicht selbst zur Rechenschaft gezogen werden. Wird ein solcher Vorfall öffentlich, droht darüber hinaus ein Reputationsverlust. In besonders schweren Fällen kann die Aufsichtsbehörde der Bank sogar die Lizenz entziehen. Doch lassen sich betrügerische Transaktionen nur schwer aufdecken, da Kriminelle sich als gewöhnliche Bankkunden tarnen.

Kriminelle nutzen neueste Technologien

Um Gelder aus illegalen Quellen so aussehen zu lassen, als seien sie auf legalem Wege verdient worden, suchen Kriminelle im Zuge der Digitalisierung nach neuen Wegen und technologischen Möglichkeiten. Hierzu gehört die etwa die Umwandlung von Geld in Krypto- oder In-Game-Währung zur Verschleierung dessen Herkunft – werden illegale Einkünfte immer noch größtenteils durch das Einschleusen in Finanzinstitute gewaschen.

Beim Geldwäsche-Prozess unternehmen die Täter in der Regel mehrere Schritte, die sich grob in drei Phasen unterteilen lassen:

  1. Zunächst deponieren Kriminelle schmutziges Geld bei einem Kreditinstitut. Meist durch die Einzahlung auf neu eingerichtete oder von legitimen Eigentümern gestohlenen Konten. Eine andere Möglichkeit ist, ein sogenanntes Geld-Maultier oder Money Mule zu engagieren. Dabei handelt es sich um eine Person, die Dritten die Erlaubnis erteilt, Geld auf ihr Konto einzuzahlen, um es von dort weiter zu überweisen. Im Gegenzug erhalten diese einen kleinen Prozentsatz des überwiesenen Betrages.  
  2. Um die Nachverfolgung unrechtmäßig erworbenen Geldes noch schwieriger zu machen, senden Betrüger es in der zweiten Phase von einem Konto an andere Konten bei verschiedenen Banken. Digitale Transaktionen und Remote Banking vereinfachen diesen Prozess, da Kriminelle mehrere Konten von einem Gerät aus verwalten können. Normalerweise beginnen sie in einem Land und waschen es dann Offshore, um Eigentum und Quelle zu verbergen.
  3. In der letzten Phase wird Geld in die legitime Wirtschaft gepumpt, indem legale Vermögenswerte wie Immobilien oder Wertpapiere erworben werden.

Die richtigen Verdachtsmomente erkennen 

Banken halten sich bedeckt, wenn es darum geht, die genauen Anzeichen, die sie auf zweifelhafte Transaktionen Krimineller zur Verschleierung ihres illegal erworbenen Kapitals aufmerksam machen, preis zugeben. Jedoch gibt es Verhaltensweisen, bei denen definitiv die Alarmglocken läuten sollten, um Verdachtsmomenten nachzugehen. 

Die zunächst offensichtliche Taktik, darauf zu achten, wo ein Transfer erheblicher Geldbeträge auf andere Konten festzustellen ist, reicht allein nicht aus. Banken sind verpflichtet, ungewöhnliche große Bargeldtransaktionen an staatliche Institutionen zu melden. Deshalb teilen Kriminelle große Geldbeträge häufig in kleine Transaktionen auf und zahlen diese auf mehrere Konten bei verschiedenen Banken ein. Zudem sind einige große Transaktionen auch völlig legitim. Die bloße Konzentration auf ungewöhnlich hohe Transfersummen birgt daher das Risiko, die Transaktionen echter Geldwäscher zu verpassen.

Änderungen im Verhalten lösen Alarm aus

Da Kriminelle die Erkennung von Transaktionsüberwachungen leicht umgehen können, muss sich der Fokus der Banken auf Aktivitäten verlagern, die schwerer nachzuahmen sind. Hier kommt der Einsatz von Verhaltens- und Geräteanalysen ins Spiel, die typisches Verhalten und die Identifizierung von Abweichungen überwacht. 

Im Allgemeinen gibt es zwei Möglichkeiten, Anomalien festzustellen: Erkennungstechnologien können vergleichen, wie sich ein Nutzer während einer laufenden Sitzung im Hinblick auf sein bislang normales Nutzerverhalten oder dem allgemein typischen Handeln durchschnittlicher Anwender verhält. Ändert sich dieses, erfolgt ein Warnhinweis. Dass ist der Fall, wenn ein User, der typischerweise sein persönliches Bankkonto mit einem bestimmten Browser verwaltet, plötzlich über einen anderen darauf zugreift. Verdächtig kann auch sein, wenn eine Person mehrere Konten von demselben Gerät aus steuert. 

Geräte- und Umfeldanalysen zeigen Betrugsmuster 

Im vergangenen entdeckten wir eine kriminelle Gruppe, die auf diese Weise versuchte, Geld mittels einer bestimmten Bank zu waschen. Ihr System sah die gemeinsame Nutzung mehrerer Geräte zur Verwaltung von 50 Einzelkonten vor. Die Gruppe nutzte darüber hinaus zusätzlich verschiedene VPNs (Virtual Private Networks) und Proxies, um ihre tatsächliche IP-Adresse zu anonymisieren und zu verschleiern. 

Der Einsatz von Geräte- und Umfeldanalysen lenkte schließlich den Verdacht auf die Gruppe. Anhand dieser Methode kann analysiert werden, ob sich Benutzer von ungewöhnlichen Geräten oder Orten aus anmelden. So wird beispielsweise eine Warnung ausgegeben, wenn sich ein Kunde vom gleichen Gerät aus an verschiedenen Standorten in verschiedenen Ländern in einem Abstand von nur wenigen Minuten einloggt.

Mit Entity-Linking und Mapping Täter aufspüren

Geldwäscher beschränken sich jedoch in der Regel nicht auf eine einzige Bank oder ein Land. Um die Geldwäsche auf globaler Ebene zu bekämpfen, sollten Banken deshalb Entity-Linking und Mapping-Techniken zur Verknüpfung und Zuordnung von Einheiten einsetzen. Mit diesen können Identitäten, Endgeräte und Konten über eine ganze Reihe von Kreditinstituten hinweg miteinander gekoppelt werden. Dies erleichtert Banken die Verfolgung von Kriminellen, die ein einziges Gerät zur Verwaltung zahlreicher Konten verwenden. Greift eine andere Person auch von anderen Geräten aus auf eines dieser Konten zu, deutet dies darauf hin, dass die Personen hinter diesem Konto miteinander vernetzt sind. 

Entity-Linking und Mapping ermöglicht es Banken, Zusammenhänge zwischen Kriminellen und ihren Aktivitäten zu überwachen und zu verfolgen und dadurch auch komplexe Geldwäscheschemata zu entwirren. Mit dieser Methode konnten wir eine Bande identifizieren, die 294 Konten bei verschiedenen Banken nutzte und verwaltete, um ihr Geld zu waschen. Zunächst wurden 131 Personen als Nutzer der Konten für den Zahlungsverkehr identifiziert. Durch die globale Verknüpfung von Geräten fanden unsere Experten weitere 181 Konten bei drei anderen Banken, die mit diesen Geräten verbunden waren.

Banken müssen Methoden und Techniken kombinieren

Kriminelle sind stets auf der Suche nach immer ausgefeilteren Wegen, um traditionelle Anti-Fraud-Maßnahmen zu umgehen, die auf der Erkennung großer Finanztransaktionen basieren. Deshalb sollten sich Finanzinstitute nicht auf eine einzige Erkennungsmethode verlassen oder sich auf die Überwachung ungewöhnlicher Transaktionen beschränken. Die Kombination mehrerer Methoden, Ansätze und Technologien funktioniert bei der Bekämpfung komplexer Geldwäsche-Systeme langfristig am besten.

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