Der europäische Binnenmarkt ist nach wie vor der wichtigste Exportkanal für den Mittelstand. Das zeigen Erhebungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM). Umso wichtiger wird im Zeichen der Europawahl die wirtschaftliche Stabilität im Euro-Raum.
Deutschland ist insbesondere im starken Mittelstand exportfreudig: Von den rund 345.000 kleinen und mittleren Exportunternehmen verkauften 68,7 Prozent im Jahr 2017 sowohl Waren innerhalb der Europäischen Union als auch in Drittländer. 34,5 Prozent von ihnen exportierten ausschließlich in den EU-Raum. Insgesamt entfielen über die Hälfte der Exportumsätze von KMU auf den europäischen Binnenmarkt, wie das IfM in Bonn analysiert hat. Der Exportanteil in die europäischen Nachbarstaaten in Bezug auf den Gesamtumsatz lag bei 11,6 Prozent. Gut jeden fünften Euro ihres Gesamtumsatzes setzten zudem die größten Familienunternehmen in Deutschland 2015 nach eigenen Angaben im europäischen Binnenmarkt um. Die hohe Exportrate bedeutet jedoch auch, dass Unsicherheiten im Staatenverbund sich unmittelbar nachteilig auf den wirtschaftlichen Erfolg der KMU auswirken können, etwa der drohende Brexit. "Für die mittelständischen Unternehmen ist die Stabilität des Staatenverbunds daher von großer Bedeutung", mahnt auch Prof. Dr. Friederike Welter vom IfM/Universität Siegen. Dabei profitiere der Mittelstand in Deutschland insgesamt stark von den Rahmenbedingungen des europäischen Binnenmarktes, beispielsweise vom freien Handel.
Weniger Unternehmen im Verhältnis zu Einwohnern
Die KMU-Unternehmensdichte ist laut IfM in Deutschland jedoch geringer als in den europäischen Nachbarstaaten: Während hierzulande knapp 3.000 KMU auf 100.000 Einwohner vertreten sind, beträgt der EU-Durchschnitt fast 4.800. Spitzenreiter sind die
- Tscheschische Republik (9.700 KMU)
- Portugal (8.400 KMU) und die
- Slowakei (8.000 KMU)
Dabei sind Mittelständler nicht nur export- sondern auch innovationsfreudig. Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die ihre technologischen Prozesse durch Innovationen verbessert haben, ist in den vergangenen Jahren gestiegen: Optimierten in 2014 rund 22 Prozent der KMU ihre unternehmensinternen technologischen Abläufe, so waren es 2016 bereits knapp 26 Prozent. Gleichzeitig sank jedoch der Anteil der KMU, die ihre Innovationen und Produkte und Dienstleistungen auf den Markt brachten. Hatto Brenner und Werner Dörfler betrachten in ihrem Buch "Exportpreise richtig kalkulieren und erfolgreich verhandeln" die andere Seite des Exportgeschäfts, nämlich die Kalkulation der Angebotspreise mit ausländischen Vertriebspartnern. Sie geben zu bedenken, dass vor dem Hintergrund Andersartigkeit des Auslandsgeschäftes (Mentalität, Sprache, Recht u. a.) bei auslandsbezogenen Marketing- und Vertriebsaktivitäten Kosten anfallen, "die deutlich höher sein können, als beim reinen Inlandsgeschäft", schreiben sie im Kapitel "Marketing und Sales" (Seite 81). Export aktive KMU sollten diese Kosten nicht aus den Augen verlieren. Zu den Kostenposten gehören etwa die Akquisition und Zusammenarbeit mit ausländischen Vertriebspartnern (Vertreter, Händler) sowie die Lieferlogistik, um die Verfügbarkeit des Produkt- und Leistungsangebotes beim Kunden sicher zu stellen.