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08.02.2024 | Personalentwicklung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Zukunftsfähige Firmen bauen auf Weiterbildung

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

5:30 Min. Lesedauer

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Weiterbildung und lebenslanges Lernen sind die Codes gegen Fachkräftemangel und für zukunftsfähige Organisationen. Doch wie ist es um die betriebliche Weiterbildung in Deutschland bestellt? Eine Bestandsaufnahme.

Die moderne Arbeitswelt befindet sich in einem ständigen Wandel, geprägt von aufstrebenden Trends, fortschreitenden technologischen Entwicklungen und sich rasch verändernden Anforderungen. Arbeit ist im Zuge von Transformationsprozessen hochdynamisch geworden und wird sich auch so schnell nicht verlangsamen. Unter diesen Vorzeichen gehört qualifiziertes Wissen zu den wichtigsten Überlebensfaktoren von Unternehmen. 

Um sich dieses Wissen zu sichern und Fachkräfte von heute strategisch mit Kompetenzen für morgen auszustatten, braucht es eine Lern- und Weiterbildungskultur, die sich kontinuierlich an neue Entwicklungen und individuelle Bedarfe anpasst. "Dynamisches Lernen" und "lebenslanges Lernen" gehören deshalb als übergeordnete Kategorien in jedes Weiterbildungs-Mindmap von Organisationen. Doch zwischen Plan und Umsetzung steckt bekanntlich der Alltag. 

Deutsche bilden sich eher träge weiter

In Deutschland werden Bildungs- und Weiterbildungsangebote seltener genutzt als in den meisten anderen europäischen Ländern, das meldete das Statistische Bundesamt Wiesbaden (Destatis) im Herbst 2023. Rund acht Prozent der deutschen Beschäftigten zwischen 25 und 64 Jahren haben sich im vergangenen Jahr an Weiterbildungsmaßnahmen beteiligt. Damit liegt die deutsche Weiterbildungsquote um vier Prozent unter dem EU-Durchschnitt (12 Prozent) und 28 Prozent unter dem Spitzenreiter Schweden (36 Prozent). 

Am bereitwilligsten lassen sich in Deutschland die jüngsten Befragten zwischen 25 und 34 Jahren für Bildungsangebote begeistern (18 Prozent). Mit steigendem Alter nimmt das Interesse an Fortbildung allerdings ab. Bei den 55- bis 64-Jährigen fällt die Beteiligung auf drei Prozent. Den größten Anteil machte wie in den Befragungsrunden der Vorjahre jeweils die berufliche Weiterbildung aus (60 Prozent% für 2020, 82,8 Prozent für 2022). 

Nationale Strategie fördert Weiterbildung

Geht es nach den Bundesministerien für Bildung und Forschung (BMBF) sowie Arbeit und Soziales (BMAS) soll Deutschland bald Weiterbildungsrepublik sein. Wichtiger Baustein der gemeinsamen Anstrengungen ist die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS). Sie bündelt Maßnahmen, mit denen angesichts des demografischen Wandels und der digitalen Transformation Future Skills von Beschäftigten ausgebaut, die betriebliche Qualifizierung gestärkt sowie Fachkräfte gesichert werden sollen.

Zu dem Strategiepapier der NWS verankerten zehn Handlungszielen gehören:  

  • Förderlücken schließen, neue Anreize setzen, bestehende Fördersysteme anpassen.
  • Lebensbegleitende Weiterbildungsberatung flächendeckend vernetzen und Qualifizierungsberatung stärken.
  • Die Qualität und Qualitätsbewertung von Weiterbildungsangeboten prüfen und stärken.
  • Erworbene Kompetenzen von Beschäftigten in der beruflichen Bildung sichtbar machen.
  • Das Personal in der Weiterbildung stärken und für den digitalen Wandel qualifizieren.
  • Die strategische Vorausschau stärken und die Weiterbildungsstatistik optimieren.

In Zeiten anhaltender Krisen tragen Weiterbildung und Qualifizierung entscheidend dazu bei, den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland zu stärken, den Zusammenhalt der Gesellschaft nachhaltig zu sichern und die Demokratie zu fördern. (BMBF und BMAS zur Ersten Nationalen Weiterbildungskonferenz, November 2023)

Beschäftigte vermissen strategische Weiterbildung

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag, lernunwillig, das bestätigt ein Blick in aktuelle Studien, sind Beschäftigte in Deutschland ganz und gar nicht. Sie würden sich gerne weiterbilden, wenn die Angebote stimmten und auf den Bedarf zugeschnitten wären. So ist es 84 Prozent der für die vierte Weiterbildungsstudie von HR Pepper und Bitkom befragten 1.100 Fach- und Führungskräfte wichtig, digitale Kompetenzen zu verbessern. Dafür würde sich etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) lieber in Präsenz als online schulen lassen. Allerdings sind sich 58 Prozent der Befragten nicht einmal sicher, ob ihr Arbeitgeber eine Weiterbildungsstrategie hat. In fünf Jahren, damit rechnet knapp die Hälfte (49 Prozent) könnte sich die Weiterbildung ins Metaversum verlagert haben.

Auch in der branchenübergreifenden Studie "Zukunft der Weiterbildung" der Staufen Akademie bemängelten die 1.045 befragten Beschäftigten die Steuerung der Lernprozesse durch Führungskräfte oder Personalverantwortliche. Hauptkritikpunkt: Betriebliche Weiterbildung geht am Bedarf vorbei.

  • 55 Prozent haben eine Weiterbildungsmaßnahme erhalten.
  • 53 Prozent kritisieren, dass Management und Personaler sich bei Konzeption der Weiterbildungsmaßnahmen zu wenig abstimmen.
  • 49 Prozent glauben, dass die Führungskraft keinen Überblick über den Trainingsbedarf im Team hat.
  • 46 Prozent erwarten für ihre berufliche Weiterentwicklung mehr Engagement der direkten Führungskraft.
  • 30 Prozent bevorzugen Live-Online-Trainings, die sich in den Alltag integrieren lassen.
  • 37 Prozent halten einen halben Weiterbildungstag für ausreichend.
  • 17 Prozent sind mit der individuellen Förderung (Coaching, Gespräche) durch ihre Vorgesetzten wirklich zufrieden.

Wie digitales Lernen und digitalisierte Weiterbildung gelingen

Voll digitalisierte Lernformate oder Blended Learning, Lernen in der virtuellen Wirklichkeit oder während onlinebasierter Veranstaltungsformate: Mitarbeitende haben beim Wissenserwerb immer größere Freiheitsgrade. Sie können nach individuellem Bedarf entscheiden, welche Weiterbildung sie belegen und welche Kompetenzen sie ausbilden möchten. Für die Schaffung von personalisierten Lernpfaden innerhalb einer innovationsfördernden Lernkultur stehen Organisationen eine Reihe von Trends und Technologien, unterstützt durch Künstliche Intelligenz, zur Verfügung. Virtual Reality (VR) und Gamification eröffnen der Wissensvermittlung neue Wege. New Learning bedeutet auch, Lernen wird von Beschäftigten je nach eigenen Stärken selbst in die Hand genommen und zunehmend durch abwesende Lehrende ersetzt. 

Unternehmen, die sich an strategische ausgerichtete digitale Weiterbildungsangebot erst einmal herantasten müssen, ermutigen die Springer-Autoren Markus Jüster und Andreas Müller. "Zunächst ist erkennbar, dass es keine disruptive Veränderung in digitale Lernszenarien geben muss, sondern unterschiedliche 'Grade an Digitalisierung' möglich sind“, schreiben sie über die digitale Transformation des Corporate Learnings (Seite 125). Gelingt es Unternehmen, aus den Möglichkeiten digitaler Lernformate zu schöpfen und Beschäftigten eine Auswahl an Learning-Szenarien zur Verfügung zu stellen, können diese sich Weiterbildung nach Maß zusammenstellen. 

Je weiter eine Lernsituation offen ist, desto stärker ist sie individualisiert und desto stärker wird sie auch von Individuen gebucht. Corporate Learning ist dann nicht mehr eine Veranstaltung von Unternehmen, es begleitet Mitarbeitende auf ihrem selbst gestalteten Berufsweg. (Jüster & Müller, Seite 126)

Weiterbildung nach vorne gedacht

An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Unternehmenspraxis agiert das Projekt Global Upskill des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO). Ziel der holistischen Forschung ist, Schaufenster der beruflichen Weiterbildung und Plattform für die Vernetzung von Trends, Technologien, Lernformaten und Menschen zu sein. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeit liegt auf der Identifizierung zukünftiger Fähigkeiten, den Future Skills. Damit fungiert Global Upskill gleichzeitig als Radar und Unterstützer von Weiterbildungsanbietern: beim Ermitteln von Bildungsbedarfen und Entwickeln von Lernformaten. 

Die Kernmerkmale von Future Skills fasst Springer-Autorin Anna Maria Karl so zusammen (Seite 336):

  • Werden stark beeinflusst und maßgeblich geprägt von der digitalen Transformation,
  • Entwickeln sich extrem dynamisch.
  • Haben verschiedene Kompetenzdimensionen, die – vereinfacht dargestellt – technologische, digitale, industriespezifische und überfachliche Merkmale aufweisen,
  • Werden von den Unternehmen als neue Herausforderung angesehen und nach den individuellen Bedürfnissen der Unternehmen anhand verschiedener Frameworks mit unterschiedlicher Gewichtung definiert.

Fazit: Organisationen, die eine dynamische Lernkultur fördern und sich an aktiv an die Anforderungen der digitalen Ära anpassen, werden nicht nur ihre Mitarbeitenden befähigen, sondern auch langfristig erfolgreicher und innovativer agieren. 

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