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16.01.2024 | Produktstrategie | Gastbeitrag | Online-Artikel

Digitale Produkte erfolgreich kommerzialisieren

verfasst von: Prof. Dr. Oliver Roll, Dr. Michael Marquardt

3:30 Min. Lesedauer

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Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau versuchen vermehrt, ihr klassisches Geschäftsmodell durch digitale Produkte und Services anzureichern. Die Markteinführung ist für viele jedoch Neuland. Was bei der Kommerzialisierung digitaler Produkte und Services wichtig ist.

Auf diese Schritte kommt es bei der erfolgreichen Kommerzialisierung digitaler Produkte und Services an:

1. Auswahl von Produktkonzepten entlang von Markt- & Kundenbedarfen

Die erfolgreiche Platzierung eines digitalen Produkts beginnt mit der genauen Kenntnis der Zielgruppe. Hersteller müssen verstehen, welche spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen die Kunden haben. Der Kundenaustausch ist in dieser Phase wichtig, um ein Produkt zu schaffen, das echten Mehrwert bietet (siehe Sander, M., 2011). Maschinenhersteller können einfach mittels Kundeninterviews die dringlichsten Bedarfe und Herausforderungen identifizieren, um anschließend in den Markt eingepasste Lösungen zu entwickeln.

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2. Definition des Produktangebots – Erstellung attraktiver Bundles

Sind die Produktkonzepte ausgewählt, gilt es die richtigen Pakete (Bundles) zu schnüren, die auf die Bedürfnisse der Zielkunden zugeschnitten sind. Verschiedene Bundle-Konfigurationen sollten möglichst die Anforderungen verschiedener Zielsegmente adressieren, um so die Zahlungsbereitschaften jedes Segments optimal abzugreifen. Für Maschinenbauer bieten sich oft unterschiedlich umfangreiche Bundles an. Das Prinzip: Je verfügbarer, schneller und umfangreicher der Service, desto teurer. Je höher die Kosten eines Kunden für den Maschinenstillstand sind, umso höher ist die Zahlungsbereitschaft für schnelleren und umfangreichere Services.

3. Ausarbeitung Business Modell – Identifizierung Preismodell und Metrik

Als nächsten Schritt sollten Unternehmen definieren, wie das digitale Produkt oder die Dienstleistung abgerechnet werden soll – beispielsweise als Einmalzahlung, Abonnement oder nutzungsbasiert. Hierbei geht es nicht nur um die Auswahl des passenden Preismodells, sondern auch der optimalen Abrechnungsmetrik (siehe Bruhn & Hadwich, 2022). Für die Auswahl eines passenden Preismodells spielen 

  • Charakteristika des Produkts (zum Beispiel Art der Integration mit dem Primärprodukt),
  • Anforderungen der Kunden (zum Beispiel Zahlungsbereitschaft, bestimmt durch Art und Umfang der Produktnutzung) eine wichtige Rolle sowie  
  • die technische Umsetzbarkeit sowohl intern als auch beim Kunden. Sie sollte bei neuartigen Preismodellen vor der Einführung überprüft werden. 

Die Metrik sollte die Nutzenstiftung des Produkts nachvollziehbar abbilden. Bietet ein Anlagenhersteller eine App zur Qualitätsoptimierung für seine Anlagen an, ergibt eine Abrechnung pro Nutzer wenig Sinn – die Abrechnung pro erkanntem Produktionsfehler eher. Es bietet sich dann an, ein Pay-per-Use-Preismodell zu wählen und pro erkanntem Produktionsfehler als Metrik abzurechnen.

4. Wettbewerbsfähige und wertorientierte Preisgestaltung

Für digitale Produkte ist es nicht möglich, variable Herstellungs- und Einkaufskosten wie bei den Maschinen als Grundlage heranzuziehen. Für Software fällt der Großteil der Kosten bei der Entwicklung an, weniger für die laufende Betreuung. Für die Preisfindung eines digitalen Produkts ist es so sinnvoll, den Wert aus Kundensicht zu berücksichtigen. Der monetäre Wert des Produkts für den Kunden lässt sich durch direkte Kundenbefragungen und Marktforschung (Analysemethoden: siehe van Westendorp, Gabor Granger) oder eine quantitative Analyse der Kosten alternativer Produkte ermitteln (siehe Roll et. al., 2018). Bei erstmaliger Markteinführung gilt es, einen attraktiven Einstiegspreis zu setzen, um Kunden für die neuartigen Produkte zu gewinnen. Ein Maschinenbauer mit Software zur Ausschussverringerung kann beispielsweise die Kosteneinsparungen der Kunden durch den Einsatz der Software schätzen und so ableiten, welcher Mehrwert entsteht. Daumenregel ist, dass der Anbieter der Software 20 bis 50 Prozent dieses Mehrwerts in Rechnung stellen kann. Dies sollte natürlich mit Kunden validiert werden.

5. Ausarbeitung einer zielgerichteten Marketing- & Vertriebsstrategie

Je nach Art der digitalen Produkte müssen Unternehmen entscheiden, ob weiterhin nur an Kunden der Maschinen und Anlagen vertrieben wird oder ob die digitalen Produkte getrennt vom Maschinen- und Anlagengeschäft an eine komplett neue Zielgruppe verkauft werden können (siehe Pastuch et al., 2021). Der Verkauf digitaler Produkte und Dienstleistungen erfordert außerdem bei den Vertriebsmitarbeitern neue Skills. Für die Vermittlung der Funktionsweise und Qualität digitaler Produkte ist eine deutliche Anpassung des Vertriebsvorgehens notwendig (siehe Homburg et al., 2016). So hat ein Hersteller von Anlagen für Baumaterialen zusätzliche Vertriebsmitarbeiter speziell für den Software-Vertrieb eingestellt und ausgebildet. Alle Schritte im Überblick zeigt das nachfolgende Schaubild:

Literaturverzeichnis des Beitrags zum Download

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